Pflichtverteidigung - das sollten Sie wissen!

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Wann bekommt man einen Pflichtverteidiger beigeordnet?

Der Irrglaube ist weit verbreitet, dass jeder automatisch einen Pflichtverteidiger bekommt, gegen den ein Strafverfahren eingeleitet wurde und er selbst nicht über die ausreichenden finanziellen Mittel verfügt, um einen Strafverteidiger zu mandatieren.

Dies ist jedoch nicht der Fall!

Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist nicht vom Einkommen des Angeklagten abhängig.

Voraussetzung ist vielmehr, dass ein Fall der sog. notwendigen Verteidigung vorliegt, die in § 140 StPO geregelt ist.

Dies ist immer dann der Fall, wenn mit einer besonders hohen Strafe (ab 1 Jahr aufwärts) zu rechnen oder das Strafverfahren besonders schwierig ist, zum Beispiel, weil der Angeklagte bereits unter einer offenen Bewährungsstrafe steht, die im Falle einer erneuten Verurteilung widerrufen werden könnte.


Darf ich mir meinen Pflichtverteidiger aussuchen?

Wenn die Voraussetzungen einer Pflichtverteidigung gegeben sind, erhalten Sie i.d.R. seitens des Gerichts die Aufforderung innerhalb einer gesetzten Frist einen Anwalt zu benennen, den Sie als Ihren Pflichtverteidiger bestellt haben möchten.

Hierbei müssen Sie zwingend die vom Gericht gesetzte Frist einhalten, die ab der Zustellung des Schreibens an Sie zu laufen beginnt.

Benennen Sie nämlich keinen Anwalt oder zu spät, sucht das Gericht einen Pflichtverteidiger für Sie aus.

Auch wenn dieser dann nicht Ihren Vorstellungen entspricht, können Sie diesen nicht mehr bzw. nur in seltenen Ausnahmefällen auswechseln lassen.

Kümmern Sie sich also rechtzeitig darum, einen Fachanwalt für Strafrecht, dem Sie vertrauen, als Ihren Pflichtverteidiger gegenüber dem Gericht zu benennen.


Woher weiß ich, ob ich einen Pflichtverteidiger bekomme?

Wie oben dargestellt, werden Sie vom Gericht i.d.R. aufgefordert, einen Pflichtverteidiger zu benennen.

Jedoch kommt es auch häufig vor, dass eine solche Aufforderung seitens des Gerichts nicht erfolgt. Dies kann verschiedene Gründe haben, z.B. dass dem zuständigen Richter nicht bekannt ist, dass Sie unter einer offenen Bewährungsstrafe oder eine rechtliche Betreuung angeordnet wurde oder Sie sich nicht selbst verteidigen können.

Sie sollten sich daher sofort mit einem Fachanwalt für Strafrecht in Verbindung setzen und mit diesem besprechen, ob für Sie eine Pflichtverteidigung in Betracht kommt. Dieser kann sodann auch bei Gericht für Sie beantragen, dass er Ihnen im Rahmen der Pflichtverteidigung beigeordnet wird.


Wer zahlt die Kosten des Pflichtverteidigers?

Hinsichtlich der Kosten herrscht ebenfalls oftmals Unklarheit, da viele Mandanten davon ausgehen, dass die Kosten automatisch die Staatskasse trägt, egal wie das Strafverfahren ausgeht.

Auch das stimmt nicht!

Zwar wird der Pflichtverteidiger zunächst aus der Staatskasse bezahlt, jedoch holt sich dies Staatskasse die verauslagte Vergütung wieder vom Angeklagten zurück, wenn es zu einer Verurteilung kommt und dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt werden.

Denn bei den Kosten des Verfahrens handelt es sich nicht nur um die Kosten des Gerichtsverfahrens, sondern auch um die Vergütung des Pflichtverteidigers.

Im Falle eines vollständigen Freispruchs, trägt die Staatskasse jedoch immer alle Kosten, also auch die Ihres Pflichtverteidigers. Ebenso verhält es sich, wenn ein Verfahren auf Staatskosten eingestellt wird.

Im Jugendstrafrecht (bei Jugendlichen im Alter von 14 bis einschließlich 17 Jahren) gibt es dabei eine Besonderheit. Hier wird oftmals von der Auferlegung der Verfahrenskosten auf den Angeklagten auch bei einer Verurteilung abgesehen, wenn der Jugendliche nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt.

Bei Heranwachsenden im Alter von 18 bis einschließlich 21 Jahren ist entscheidend, ob Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt, er über finanziellen Mittel verfügt und ob die Zahlung des eigenen Pflichtverteidigers aus erzieherischen Gründen dem Gericht als sinnvoll erscheint.


Sollte gegen Sie ein Strafverfahren eingeleitet worden sein, prüfen wir für Sie, ob eine Pflichtverteidigung in Betracht kommt, beantragen diese für Sie und vertreten Sie gerne! 

Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/polizei-handschellen-festnahme-2122373/

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