Photovoltaik auf der Fläche – rechtliche Stolperfallen für Landwirte

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Landwirtschaftliche Flächen sind bei Betreibern von Solarparks heiß begehrt. Sie versprechen hohe Pachtzinsen. Landwirte sollten sich von den Pachterträgen nicht blenden lassen, sondern sich auch mit den Nachteilen, die z.B. mit der Flächenumwidmung einhergehen, vertraut machen. Auf keinen Fall sollten Landwirte vorschnell ihre Unterschrift unter einen vorgelegten Vertrag setzen. Die Betreiber sind in der Regel zu Vertragsänderungen bereit, so dass sich auf jeden Fall eine Vertragsprüfung durch einen Fachmann empfiehlt. Auf diese Weise lassen sich zahlreiche Nachteile für den Landwirt vermeiden.

Welche Risiken bei PV-Anlagen mit Freiflächen für die Landwirte bestehen, zeigt der nachfolgende Artikel auf.


1. Umnutzung von Agrarflächen.

Die Umnutzung von Agrarflächen zu einem PV-Park hat zahlreiche Auswirkungen in den unterschiedlichen Rechtsgebieten.

Ein klassischer Solarpark führt dazu, dass die landwirtschaftliche Fläche, auf der die Photovoltaikanlage errichtet wird, nicht mehr für staatliche Ausgleichszahlungen zur Verfügung steht.

Nach Beendigung der Pachtverträge nach in der Regel 20-30 Jahre (häufig werden die Verträge auf 20 Jahre mit 2xiger Verlängerungsoption von jeweils 5 Jahren geschlossen) kann es Probleme geben, wenn die Flächen wieder in Ackerland umgewandelt werden sollen.


2. Die Umnutzung der Flächen wirkt sich auf das Erb- Familienrecht und Steuerrecht aus.

Landwirtschaftliche Betriebe sind erbrechtlich und steuerlich begünstigt. Z.B. errechnen sich Pflichtteilsansprüche der weichenden Erben nach dem Ertragswert und nicht aus dem Verkehrswert. Der Ertragswert fällt in der Regel deutlich niedriger aus als der Verkehrswert. Wenn auf einer landwirtschaftlichen Fläche ein Solarpark errichtet wird, werden diese Flächen nicht mehr landwirtschaftlich genutzt und diese Begünstigung entfällt. Die Pflichtteilsansprüche der weichenden Erben können entsprechend hoch ausfallen.

Auch im Rahmen der Erbschafts- und Schenkungssteuer kann es teuer werden, wenn die mit der PV-Anlage bebauten Flächen nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden.
 
Lässt sich ein Landwirt scheiden, hat die Errichtung eines PV-Parks oder die Verpachtung der Flächen an einen Betreiber der Photovoltaikanlagen in der Regel auch Auswirkungen auf den Zugewinnausgleich, da die nicht mehr landwirtschaftlich genutzten Flächen wertmäßig nicht mehr begünstigt sind. Diese sind dann statt mit dem Ertragswert mit dem Verkehrswert anzusetzen.

Geringer werden diese Nachteile durch die Umnutzung bei Agri-PV-Anlagen ausfallen. Denn bei diesen werden die Flächen weiterhin landwirtschaftlich und zugleich für die Stromproduktion genutzt. Die landwirtschaftliche Nutzung ist die Hauptnutzung, das Betreiben der PV-Anlage ist nachrangig. Wichtig hierbei ist aber, dass das Bearbeiten der Fläche unter der PV-Anlage weiter möglich ist. Außerdem gibt es weitere Anforderungen an Agri-PV-Anlagen, bei denen sich die Beratung vom Fachmann empfiehlt.  

3. Zwischen Vertragsschluss und Inbetriebnahme der Anlage kann viel Zeit vergehen.

Die Photovoltaikanlagenbetreiber sehen in den Verträgen häufig Regelungen vor, wonach die Pacht erst mit Inbetriebnahme der Anlage erfolgt. Hier muss der Landwirt berücksichtigen, dass bereits viel Zeit vergehen kann bis mit dem Bau der Anlage begonnen wird. Zwischen Bau und Inbetriebnahme kann nochmals viel Zeit vergehen. Der Landwirt soll aber ab Unterzeichnung des Vertrages bis zur Inbetriebnahme die Flächen freihalten. Hierfür sollte er sich ab Vertragsunterzeichnung ein Entgelt für die „Reservierung“ der Flächen bezahlen lassen. Dies wird u.a. dafür sorgen, dass der Anlagenbetreiber bemüht sein wird bis zur Inbetriebnahme der Anlage nicht allzu viel Zeit vergehen zu lassen. Auch im Falle der Nichtrealisierung des Projekts geht der Landwirt auf diese Weise nicht leer aus.


4. Weitere kritische Regelungen in den Verträgen der Anlagenbetreiber.

Häufig enthält der Vertragsentwurf der Betreibergesellschaft Regelungen, wonach die Betreibergesellschaft ausgetauscht werden darf, d.h. der Landwirt erhält einen neuen Vertragspartner, den er sich nicht aussuchen kann. Dies kann insbesondere dann sehr kritisch werden, wenn die Betreibergesellschaft durch eine Gesellschaft ersetzt wird, die kurz vor der Insolvenz steht oder ihren Sitz im Ausland hat. Zahlt die Gesellschaft nicht, sind Forderungen in der Insolvenz in der Regel nicht mehr durchsetzbar. Der Landwirt erhält als Insolvenzgläubiger nur eine Quote. Im Ausland sind Forderungen auch gegen eine solvente Gesellschaft nur mit erheblichen Schwierigkeiten bis gar nicht durchsetzbar, je nachdem wo im Ausland die Gesellschaft ihren Sitz hat. In Österreich sind die Forderungen in der Regel mit einem gewissen finanziellen Aufwand durchsetzbar. Befindet sich der Sitz einer Gesellschaft allerdings in den Drittstaaten, wird eine Forderungsdurchsetzung nahezu unmöglich sein.

Wird die Betreibergesellschaft insolvent, besteht zudem das erhebliche Problem, dass neben dem Ausfall der Pachterträge niemand mehr vorhanden ist, der die PV Module von den Flächen entfernt. Das Entfernen eines Solarparks ist mit ähnlichen Kosten verbunden wie das Errichten einer solchen Anlage. Es kann daher sinnvoll sein, dass sich der Landwirt die Pachtzahlungen bereits für mehrere Jahre im Voraus auszahlen lässt. Bezügl. der steuerlichen Belastung, wenn die Pachtzahlungen z.B. für 10 oder 20 Jahre im Voraus geleistet werden, sollte sich der Landwirt steuerlich beraten lassen.

Teilweise sehen Verträge erleichterte Kündigungsmöglichkeiten für den Betreiber vor, für den Landwirt gilt dies jedoch nicht. Der Teufel steckt hier oft im Detail. Fachkundiger Rat kann helfen, vor langfristigen Nachteilen zu schützen.

Dies sind nur einige Beispiele für gefährliche und für den Landwirt nachteilige Regelungen. Dies soll aber nicht heißen, dass es nicht noch zahlreiche weitere nachteilige Regelungen gibt.
 
Welche Regelungen im Einzelfall nachteilig sind, hängt vom Inhalt des Vertrages und von den jeweiligen landwirtschaftlichen Flächen ab.
 
Die Anlagenbetreiber lassen in der Regel mit sich verhandeln, so dass Regelungen getroffen werden können, die für den Landwirt weniger nachteilig oder unkritisch sind und diesen im Ernstfall besser schützen.


Rechtliche Hinweise

Sämtliche Informationen in unseren Rechtstipps dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Bereits durch kleine Änderungen beim Sachverhalt kann sich die rechtliche Einschätzung vollständig ändern. Außerdem ändert sich ggf. die Rechtslage, so dass die Inhalte u.U. veraltet sein können.

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Rechtsanwaltskanzlei Dipl. Jur. Stefanie Lindner, Passau

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