Post vom Zoll - Ermittlungsverfahren wegen Betrug im Zusammenhang mit ALG - was tun?

  • 4 Minuten Lesezeit

Sie haben Post vom Zoll - z.B. vom Hauptzollamt Köln - wegen Betrug bzw. Leistungsbetrug bzw. Betrug erhalten? In diesem Artikel erhalten Sie einen ersten Überblick.

1. Einführung

Wenn Sie Arbeitslosengeld beziehen, sind Sie gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet, der Agentur für Arbeit alle Veränderungen, die nach der Antragstellung für einen Anspruch auf laufende Leistung relevant sein könnten, unverzüglich mitzuteilen. Dies könnte beispielsweise eine neue Arbeitsstelle, ein Umzug oder eine Veränderung Ihrer finanziellen Verhältnisse sein. Die Agentur für Arbeit benötigt diese Informationen, um sicherzustellen, dass Sie weiterhin anspruchsberechtigt sind und die Höhe des Arbeitslosengeldes korrekt berechnet wird.


2. Was ist Betrug? Wann liegt Betrug vor?

Betrug nach § 263 StGB ist definiert als das vorsätzliche Erwirken eines Irrtums bei einer anderen Person, um sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dies kann beispielsweise durch das Vortäuschen falscher Tatsachen oder das Verschweigen von relevanten Informationen geschehen. Im Kontext des Arbeitslosengeldes liegt ein Betrug vor, wenn Sie bewusst falsche oder unvollständige Angaben machen, um höhere Leistungen zu erhalten oder die Zahlung von Arbeitslosengeld zu bewirken, auf das kein Anspruch besteht.


3. Wodurch kann ein Betrug zu Lasten der Agentur für Arbeit verursacht werden?

Ein Betrug zu Lasten der Agentur für Arbeit kann durch verschiedene Handlungen verursacht werden, beispielsweise:

  • Nichtmitteilung einer neuen Arbeitsstelle
  • Verschweigen von Einkommen oder Vermögen
  • Falschangaben über die persönlichen Verhältnisse

Typischerweise wird die Agentur für Arbeit durch sozialversicherungsrechtliche Meldung ihres neuen Arbeitgebers davon erfahren, dass Sie eine neue Tätigkeit angetreten haben. Sie erhalten dann Post von der zuständigen Ermittlungsbehörde - in NRW handelt es sich dabei um das Hauptzollamt in Köln.


4. Wann verjährt Betrug?

Die Verjährungsfrist für Betrug beträgt in der Regel fünf Jahre, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Betrug begangen wurde. Es gibt jedoch Situationen, in denen diese Frist unterbrochen oder gehemmt wird, was eine Verlängerung der Verjährungsfrist zur Folge haben kann.


5. Welche Konsequenzen drohen?

  1. Eröffnung eines Strafverfahrens:
    Sollte der Verdacht eines Betruges bestehen, kann ein Strafverfahren eingeleitet werden. Dies kann zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen.
  2. Eröffnung eines Bußgeldverfahrens: Neben oder statt eines Strafverfahrens kann auch ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden, sofern der Verdacht besteht, dass Ordnungswidrigkeiten nach § 404 Abs. 2 Nr. 27 SGB III begangen wurden.


6. Mögliche Verteidigungsstrategien

In meiner anwaltlichen Praxis haben sich verschiedene Strategien als tauglich erwiesen, um eine Verfahrenseinstellung oder zumindest eine Senkung des Strafmaßes zu erreichen:

  • Vorsatz bestreiten:
    Eine mögliche Verteidigungsstrategie ist es, glaubhaften Tatsachenvortrag zu liefern, der nahelegt, dass kein Vorsatz bestand, die Agentur für Arbeit zu täuschen. Es könnte sein, dass Sie schlichtweg vergessen haben, eine Veränderung Ihrer Verhältnisse zu melden. Dieser Vortrag sollte jedoch von Ihrem Verteidiger gebracht werden - sofern Sie selbst eine solche Aussage tätigen, ist es wahrscheinlich, dass diese als sog. "Schutzbehauptung" zurückgewiesen werden wird. 
  • Tatsächliche (möglicherweise untaugliche Meldung) nachweisen:
    Haben Sie tatsächlich die Bundesagentur für Arbeit informiert - die Korrespondenz ist jedoch auf dem Postweg verloren gegangen? U.U. haben Sie Zeugen im Familienkreis, die bestätigen können, dass Sie ein entsprechendes Schriftstück auf den Weg bringen wollten.

Abseits von diesen Konstellationen sind die Besonderheiten des Einzelfalles zu würdigen. In der Regel ist es unumgänglich, über einen Verteidiger Akteneinsicht zu erhalten, um den genauen Kenntnisstand der Strafverfolgungsbehörden zu ermitteln und eine zielgerichtete, strategische Einlassung vorzubereiten, die allen wesentlichen Aspekten des Falles Rechnung trägt.

Oft kann durch eine solche Einlassung ein Gerichtsverfahren verhindert werden und beispielsweise (insb. bei bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Personen) eine Einstellung gegen Auflage (zumeist die Zahlung eines geringen Geldbetrages) nach § 153a StPO erreicht werden. In manchen Konstellationen kommt auch eine Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO oder gar eine Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichendem Tatverdacht in Betracht.


7. Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Anhörungsbogen wegen Betruges im Zusammenhang mit Sozialleistungen bzw. Arbeitslosengeld erhalten habe?

Sofern Sie einen Anhörungsbogen, eine Ladung zur Vernehmung beim Zoll oder der Polizei oder eine Anklageschrift erhalten haben, sollten Sie folgende Ratschläge beherzigen:

  1. Schweigen Sie! Machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch! Äußern Sie sich nicht zur Sache - Sie sollten die Tat auch nicht abstreiten.
  2. Bleiben Sie ruhig und halten Sie den Personenkreis, dem Sie davon erzählen, möglichst klein. 
  3. Nehmen Sie Kontakt mit einem Strafverteidiger auf. Nach Akteneinsicht sollte eine gemeinsame Verteidigungsstrategie erarbeitet werden um das Verfahren schnellstmöglich zum Ende zu bringen.



Gerne berate ich Sie in allen Fragen rund um das Strafrecht und vertrete Sie als erfahrener Strafverteidiger insb. in der Region Köln und Bonn - aber auch bundesweit - sowohl als Pflichtverteidiger als auch als Wahlverteidiger.


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Rechtlicher Hinweis:   

Die vorliegende Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und soll lediglich einen ersten Überblick über die Gesetzeslage schaffen. Sie kann eine auf den Einzelfall bezogene Beratung nicht ersetzen.

 

Philip Bafteh
Rechtsanwalt

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