P&R: Haftung des Finanzvermittlers – Tipps für betroffene Anleger

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Wie bekannt, haben die P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH, die P&R Container Leasing GmbH und die P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH beim Amtsgericht München Insolvenz angemeldet. Zu prüfen ist, ob Anlagevermittler mit Aussicht auf Erfolg in die Haftung genommen werden können.

1. Direct Investing 

Direktinvestments werden seit vielen Jahren beworben. Der Anleger erwirbt vom Anbieter Schiffscontainer, Güterwaggons, Wechselkoffer, Edelmetalle, Kunst u. Ä., und hat einen Anspruch auf Zinsen und Rückzahlung. Außerdem gibt es Investments in Holzplantagen, Edelmetalle, Kinofilme und dergleichen (insoweit hat der Anleger einen Anspruch auf Barausgleich).

Die Anleger nehmen bei dieser Anlageform also nicht den Umweg über ein Wertpapier oder einen Fonds, sondern kaufen direkt (Mit-)Eigentum oder wirtschaftliches Eigentum an den angebotenen Gegenständen.

Direktinvestitionen in Container bestehen in der Regel aus verbundenen Kauf-, Miet- und Rückkaufverträgen. Das P&R-Modell sieht vor, dass die Anleger die Seecontainer erwerben, diese an P&R vermieten und sie nach einigen Jahren zurückkauft. P&R wiederum vermietet die Boxen an internationale Container-Leasinggesellschaften.

2. Risikodarstellung

Es ist sehr wichtig, bei Direktinvestments das Kleingedruckte aufmerksam zu lesen, insbesondere, wenn ein Rückfluss des ursprünglichen Kaufpreises versprochen wird. Nur erfahrene (!) Anleger, die die Chancen und Risiken einer solchen Anlage auch einschätzen können, sollten sich mit einem Direct Investment befassen; sie sollten sich vor allem bei den zum Kauf angebotenen Gegenständen und der entsprechenden Branche auskennen.

Allgemein ist zu beachten: Wenn das Angebot in einem Prospekt beschrieben wird, dann ist dies kein Qualitätsmerkmal an sich. Die Prospektierung erfolgt vielmehr hauptsächlich aufgrund regulatorischer Anforderungen und fallweise erhöhter formaler Anforderungen bestimmter Vertriebswege.

Tatsächlich und juristisch von enormer Bedeutung sind die Äußerungen und die Produktvorstellung des vom Kunden als Experte wahrgenommenen Finanzvermittlers. Dieser tritt häufig als „unabhängiger Vermögensoptimierer und Ruhestandsplaner“ auf. Der Vermittler ist die Anlaufstelle für den um Rat nachsuchenden Nichtfachmann, der darauf vertraut, sich in guten Händen zu befinden und seriös, fundiert und kompetent über alle Vor- und Nachteile der Anlage beraten zu werden. 

Insbesondere muss das Investitions- und Wechselkursrisiko zur Sprache kommen: Niemand kann garantieren, dass die beim Kauf erwarteten Erträge aus den erworbenen Containern am Ende auch mit Sicherheit erzielt werden können, sei es während der Laufzeit durch Vermietung oder am Ende der Anlagedauer durch Verkauf der Container. Auch kann die Entwicklung des Dollarkurses nicht verlässlich beurteilt werden. Dazu gesellen sich praktische Probleme: Werden die Anleger (Mit-) Eigentümer eines weit entfernten Schiffscontainers, kann es für den Fall der P&R-Pleite aufwendig werden, die Angaben des Insolvenzverwalters zu überprüfen. Hinzu kommt, dass der Anleger im Falle eines Streits seine Ansprüche nach ausländischem Recht und vor ausländischen Gerichten und eventuell in einer fremden Sprache (teuer) durchsetzen muss.

3. Vermittlerhaftung

Finanzanlagenvermittler treffen spezielle Pflichten, wie etwa dem Interessenten verständliche und vollständige Informationen bzgl. der Risiken der angebotenen Finanzanlage zur Verfügung zu stellen.

In diesem Zusammenhang muss ein Kapitalanlagevermittler das Anlagekonzept, bezüglich dessen er die entsprechenden Auskünfte erteilt, auf seine wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. Zudem muss der Vermittler, wenn er die Anlage anhand eines Prospekts vertreibt, im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt darauf überprüfen, ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen sachlich richtig und vollständig sind. 

Diese Prüfung macht Sinn: Denn nicht selten finden sich im Prospekt Anhaltspunkte dafür, dass die dort dargestellten Risiken verharmlost werden oder aber Informationen und/oder Prognosen auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage erfolgt sein können. Unterlässt der Vermittler eine solche Prüfung, hat er den Interessenten darauf hinzuweisen (BGH 3. Zivilsenat, BKR 2017, 340-342).

Der Vermittler handelt also bereits schuldhaft, wenn er nicht offenlegt, dass seine positive Beurteilung einer Kapitalanlage ausschließlich auf nicht überprüften Informationen der betreffenden Anbieterfirma beruht. Erst recht darf der Anleger nicht in die Irre geführt werden. Der Vermittler darf Risiken nicht verschweigen oder relativieren. Gefährlich wird es für den Vermittler vor allem dann, wenn er erklärt, dass ein (teilweiser oder vollständiger) Verlust des eingesetzten Kapitals unter keinen Umständen passieren werde.

Selbst wenn also der Anlagevermittler seinem Kunden einen Verkaufsprospekt ausgehändigt hat, in dem konkrete Risiken des Direktinvestments genannt sind, haftet er dem Anleger auf Schadensersatz, wenn er dem Kunden gegenüber die reell bestehenden Risiken, schriftlich oder mündlich, kleingeredet bzw. abweichend von dem Prospekt geschildert hat.

4. Vorgehensweise

Bezüglich der Klärung der Verantwortlichkeit des P&R-Vermittlers, der Reichweite der Aufklärungspflichten und des Umfanges des Schadens ist im Einzelfall unter anderem zu prüfen,

  • ob die Verträge tatsächlich unter Einbindung des Vermittlers abgeschlossen worden sind,
  • ob es sich bei den Verträgen um Neuverträge oder Folgeverträge gehandelt hat,
  • welche Informationen der Vermittler unter den Teppich gekehrt hat (z. B. unternehmerisch geprägte Anlage mit Gefahr des Komplettausfalles und sogar der Nachschusspflicht, keine laufende Überwachung und Aufsicht durch die BaFin, keine inhaltliche Prüfung des Verkaufsprospekts durch BaFin; keine Einlagensicherung),
  • welche weiteren Personen bei den Beratungsgesprächen mit dem Vermittler anwesend waren und als Zeugen zur Verfügung stehen,
  • wie viele Auszahlungen auf die betroffenen Verträge festgestellt werden können,
  • welche Einwendungen und Einreden von Vermittleranwälten eventuell erhoben werden könnten.

Alle Informationen, E-Mails und SMS des Vermittlers, Notizen, Werbeschreiben, Korrespondenz, Broschüren, Finanzanalysen, Liquiditätsberechnungen, usw., die die laufenden Verträge und die vorangegangenen abgewickelten Verträge betreffen, sind zu sichten, zu ordnen und zu sichern.

Für Rückfragen und zur Einholung weiterer Handlungsempfehlungen steht Herr Rechtsanwalt Dr. Jürgen Klass gerne zur Verfügung. Für die rechtliche Beurteilung wird vorab ein chronologisch geordneter schriftlicher Bericht benötigt, der die Geschäftsanbahnung, den Geschäftsverlauf und die Gespräche in der Art eines Gedächtnisprotokolls möglichst umfassend wiedergibt. Dazu ist detailliert darzustellen, wie der Erstkontakt zustande kam, mit wem der Kunde wann und wo gesprochen hat, wie sich der Vermittler ihm gegenüber darstellte (Berufsbezeichnung, besondere Kenntnisse und Erfahrungen), welche Argumente für die P&R-Kapitalanlage genannt wurden, wie dabei wirtschaftliche Hintergründe, Risiken und Gewinnmöglichkeiten dargestellt wurden und welcher Eindruck dadurch erweckt wurde.



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