Private Krankenversicherung im Ruhestand: Ein Kostenfaktor, den Sie nicht ignorieren sollten
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Einleitung
In Deutschland steht jeder vor der Wahl: gesetzliche Krankenversicherung (GKV) oder private Krankenversicherung (PKV)? Für viele Angestellte und Selbstständige scheint die private Krankenversicherung während des Erwerbslebens eine attraktive Option zu sein – oftmals aufgrund besserer Leistungen oder anfänglich niedrigerer Beiträge. Doch spätestens mit dem Eintritt in die Rente können die monatlichen Kosten zur Belastung werden, bis hin zur Existenzbedrohung oder Insolvenz. Denn die PKV-Beiträge bleiben in der Rentenphase (fast) statisch, während die GKV-Beiträge als prozentualer Anteil am Einkommen berechnet werden und oft erheblich sinken.
In diesem Artikel betrachten wir detailliert, wie sich die Situation für privat krankenversicherte Rentner entwickelt, wie sich die Beitragsberechnung unterscheidet und welche finanziellen Herausforderungen im Ruhestand auf Versicherte zukommen. Zudem erklären wir, warum ein Wechsel von der PKV zurück in die GKV oft schwierig oder gar unmöglich ist und welche Lösungen sich dennoch anbieten.
Abgrenzung: Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vs. Private Krankenversicherung (PKV)
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
Die GKV funktioniert nach dem Solidarprinzip, was bedeutet, dass die Beitragshöhe abhängig vom Einkommen ist, unabhängig von Alter oder Gesundheitszustand. In der GKV zahlen Mitglieder einen prozentualen Anteil ihres Einkommens – bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Der allgemeine Beitragssatz liegt bei 14,6 %, hinzu kommt ein kassenindividueller Zusatzbeitrag, der im Durchschnitt 1,3 % beträgt (§ 241 SGB V).
Der große Vorteil der GKV besteht darin, dass das Krankheitsrisiko des Einzelnen keine Rolle spielt. Menschen mit höherem Einkommen zahlen mehr, profitieren aber nicht zwingend von besseren Leistungen. Im Alter bleibt der Beitrag in der Regel stabil, da er weiterhin auf dem Einkommen basiert. Das bedeutet, dass Menschen mit einer niedrigen Rente auch niedrige Krankenversicherungsbeiträge zahlen.
Private Krankenversicherung (PKV)
Die PKV dagegen basiert auf dem Äquivalenzprinzip. Das bedeutet: Wer jung und gesund ist, zahlt zunächst niedrigere Beiträge, die sich jedoch im Laufe des Lebens anpassen können. Der Beitrag wird individuell nach Gesundheitszustand, Alter und den gewählten Leistungen berechnet (§ 146 VAG). Anders als in der GKV profitieren PKV-Versicherte von Leistungen, die oft über die Grundversorgung der GKV hinausgehen.
Ein Problem der PKV besteht jedoch darin, dass die Beiträge mit dem Alter stark ansteigen können. Während der Versicherte im Erwerbsleben noch von einem Arbeitgeberzuschuss profitieren kann, zahlt der Rentner die Beiträge im Alter vollständig selbst, was zu einer erheblichen finanziellen Belastung führen kann.
Berechnung der Beiträge in der GKV und PKV: Erwerbsleben vs. Rentenphase:
GKV: Beitragsberechnung im Erwerbsleben
Während des Erwerbslebens zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils die Hälfte der Krankenversicherungsbeiträge. Grundlage der Berechnung ist das Bruttoeinkommen des Versicherten, wobei die Beitragsbemessungsgrenze die Obergrenze bildet. 2024 liegt diese Grenze bei 59.850 € pro Jahr, bzw. 4.987,50 € im Monat.
Die Belastung bleibt somit verhältnismäßig stabil, da der Arbeitgeber einen Großteil der Kosten übernimmt. Zusätzlich fallen Beiträge zur Pflegeversicherung an, die ebenfalls auf dem Bruttoeinkommen basieren.
GKV: Beitragsberechnung in der Rentenphase
Im Rentenalter verändert sich die Berechnungsgrundlage in der GKV. Die Beiträge werden nicht mehr auf das frühere Arbeitseinkommen, sondern auf die gesetzliche Rente sowie weitere Einnahmen (wie Betriebsrenten, Mieteinnahmen) berechnet. Der Rentenversicherungsträger übernimmt einen Anteil der Beiträge, sodass der Rentner nur die Hälfte tragen muss. Weitere Einkommen werden gesondert berechnet und müssen in voller Höhe von den Rentnern allein getragen werden.
Der GKV-Rentner zahlt somit einen relativ geringen Anteil seiner monatlichen Rente für die Krankenversicherung, insbesondere im Vergleich zu privat versicherten Rentnern.
PKV: Beitragsberechnung im Erwerbsleben
Während des Erwerbslebens in der PKV hängt der Beitrag vom individuellen Tarif ab. Der Arbeitgeber zahlt auch hier einen Zuschuss zur Krankenversicherung, der maximal 50 % des Beitrags, jedoch nur bis zur Höhe des Höchstbeitrags der GKV beträgt. Dieser Zuschuss kann den Beitrag für den Arbeitnehmer erheblich entlasten, solange er noch im Berufsleben steht.
Die Beiträge können im Laufe der Zeit ansteigen, vor allem wenn Gesundheitszustände sich verschlechtern oder der Versicherte älter wird.
PKV: Beitragsberechnung in der Rentenphase
In der Rentenphase entfällt der Arbeitgeberzuschuss, was die private Krankenversicherung für viele Rentner zur Herausforderung macht. Die Beiträge können aufgrund von Anpassungen deutlich steigen, und es besteht kein Anspruch auf einen Beitrag, der sich an der Höhe der Rente orientiert. Da die PKV Alterungsrückstellungen bildet, soll dies theoretisch die Beiträge stabil halten. In der Praxis reichen diese Rückstellungen jedoch oft nicht aus, um die steigenden Gesundheitskosten im Alter vollständig abzufangen.
Diese Entwicklung kann zu einer erheblichen finanziellen Belastung führen, vor allem bei Rentnern, die kein großes zusätzliches Einkommen haben.
Beitragsentwicklung in der GKV und PKV in den letzten 5 Jahren
Beitragsentwicklung in der GKV
Die Beiträge in der GKV sind in den letzten Jahren relativ stabil geblieben. Der allgemeine Beitragssatz von 14,6 % wurde seit 2015 nicht erhöht. Der Zusatzbeitrag variiert je nach Krankenkasse und stieg in den letzten Jahren leicht an. Wichtig ist hier, dass der Zusatzbeitrag seit 2021 ebenfalls zur Hälfte vom Arbeitgeber (im Erwerbsleben) bzw. vom Rentenversicherungsträger (in der Rentenphase) übernommen wird.
Beitragsentwicklung in der PKV
Die PKV hingegen war in den letzten Jahren von kontinuierlichen Beitragsanpassungen betroffen. Dies liegt an der steigenden Lebenserwartung, höheren Gesundheitskosten und der Tatsache, dass ältere Versicherte vermehrt Leistungen in Anspruch nehmen. Je nach Tarif und Versicherung konnten die jährlichen Anpassungen mehrere Prozent betragen, was für viele Versicherte zu einer spürbaren Belastung führte. Die Beitragserhöhungen schwanken von Gesellschaft zu Gesellschaft, lagen aber nach unseren Erfahrungen im Schnitt bei +12,5% pro Jahr. Das summiert sich bis zum Renteneintrittsalter oft erheblich.
Wie sich das auswirkt, zeigt folgende Übersicht:
Wechsel von der PKV zurück in die GKV
Gibt es ein Leben nach der PKV? Ja, das gibt es. Sie können in vielen Fällen wechseln, auch im Alter.
Wechselmöglichkeiten vor dem 55. Lebensjahr
Für Versicherte unter 55 Jahren besteht die Möglichkeit, zurück in die GKV zu wechseln, wenn sie zum Beispiel versicherungspflichtig werden, z. B. durch eine Arbeitsstelle mit einem Gehalt unterhalb der Versicherungspflichtgrenze (2024: 66.600 € jährlich). Auch bei Arbeitslosigkeit kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückkehr in die GKV möglich sein.
Erschwerte Bedingungen nach dem 55. Lebensjahr
Nach dem 55. Lebensjahr wird ein Wechsel in die GKV stark erschwert, wie in § 6 Abs. 3a SGB V festgelegt. Diese Regelung dient dazu, zu verhindern, dass Versicherte kurz vor der Rente in die GKV wechseln, um von den günstigeren Beiträgen zu profitieren. In der Praxis bleibt Rentnern, die über 55 Jahre alt sind und privat versichert sind, nur wenige Wege, zurück in die GKV zu wechseln. Ich kenne die legalen Möglichkeiten, auch nach dem 55. Lebensjahr in die GKV zu wecheln und berate Sie gerne.
Fazit
Für privat krankenversicherte Rentner können die steigenden Beiträge im Alter eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Während GKV-Rentner auf eine einkommensabhängige Beitragsberechnung vertrauen können, zahlen PKV-Rentner unabhängig von ihrer Rente hohe monatliche Beiträge, die im Laufe der Zeit weiter steigen. Der Wechsel von der PKV zurück in die GKV ist nur in wenigen Fällen möglich und wird ab dem 55. Lebensjahr stark reglementiert. Daher ist es wichtig, frühzeitig finanzielle Vorkehrungen zu treffen und die individuelle Situation regelmäßig zu überprüfen.
Sie haben fragen zum Wechsel aus der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung? Sie sind über 55 und wollen zurück in die GKV?
Als Fachanwalt für Versicherungsrecht berate ich Sie gerne.
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