Projektbefristungen häufig unwirksam!

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Befristungsrecht ist Arbeitnehmerschutzrecht. Gesetzliche Regelungen hierzu finden sich im Teilzeit- und Befristungsgesetz, kurz TzBfG. Neben allgemeinen Formerfordernissen, die zu Beginn dieses Beitrags kurz angeschnitten werden, sieht das TzBfG verschiedene Sachgründe vor, die eine Befristung rechtfertigen können. Nicht immer liegen diese Sachgründe tatsächlich auch vor. Der Reihe nach:

Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, § 14 Abs. 4 TzBfG.

In § 126 BGB ist zur Schriftform Folgendes geregelt:

„Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.“

D.h. beide Parteien müssen den Arbeitsvertrag unterschreiben oder die Vereinbarung vom Notar beglaubigen lassen, was bei befristeten Arbeitsverträgen in der Praxis selten bis gar nicht vorkommen dürfte. Der Regelfall bleibt daher die beidseitige Unterschrift. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG gilt nur für die Befristung des Arbeitsvertrags, nicht aber für den Arbeitsvertrag insgesamt. Weitere Einzelheiten dazu finden Sie dazu auf unser Beraterseite (https://www.betriebsratsberater-berlin.de/kndigung/a.-rechte-der-arbeitnehmerinnen/iv.-befristungsrecht.html#formerfordernisse).

Die Projektbefristung

Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht.

Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitsgebers entstehen als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht (vgl. etwa BAG 27. Juli 2016 - 7 AZR 545/14 - Rn. 17). Der Sachgrund setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des Sachgrunds für die Befristung.

Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung nicht. Eine solche Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf den Arbeitnehmer abwälzen darf (BAG 21. März 2017-7 AZR 222/15- Rn. 28; BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 35/11 -Rn. 30).

Wird die Befristung des Arbeitsvertrags auf die Mitwirkung des Arbeitnehmers an einem zeitlich begrenzten Projekt gestützt, erfordert dies, dass es sich bei dem Projekt um eine auf vorübergehende Zeit angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist. Wird ein Arbeitnehmer für die Mitwirkung an einem Projekt befristet eingestellt, muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erwarten sein, dass die im Rahmen des Projekts durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen. Für eine solche Prognose des Arbeitgebers bedarf es ausreichend konkreter Anhaltspunkte (BAG 27. Juli 2016 - 7 AZR 545/14 - Rn. 19; BAG 24. September 2014 - 7 AZR 987/12 - Rn. 18; BAG 7. Mai 2008 - 7 AZR 146/07 - Rn. 15; BAG 7. April 2004 ~7AZR 441/03-zu II. 2. a. aa. derGründe).

Häufig liegen die vorgenannten Voraussetzungen bereits nicht vor, da es sich in der Praxis meistens nicht um exakt zeitlich begrenzte Arbeitsaufgaben handelt. Die Arbeitgeber wären hierfür in der Beweislast, müssten also die exakte zeitliche Begrenzung darlegen und auch beweisen.

Projektbefristung aufgrund von Haushaltsmitteln

Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaftsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird.

Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG erfordert die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen sind. Die Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von vorübergehender Dauer vorgesehen sein. Erforderlich ist der überwiegende Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers entsprechend der Zwecksetzung der ausgebrachten Haushaltsmittel. Dabei sind die Umstände bei Vertragsschluss maßgeblich. Wird der Arbeitnehmer tatsächlich nicht entsprechend der Zwecksetzung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel beschäftigt, kann dies ein Indiz dafür sein, dass der Befristungsgrund nur vorgeschoben ist. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegen nicht vor, wenn die Haushaltsmittel lediglich allgemein für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen bereitgestellt werden oder dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer überwiegend Daueraufgaben des öffentlichen Arbeitgebers übertragen werden. Dies folgt aus der Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte sowie unter der gebotenen Beachtung der verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. nur BAG 18, Oktober 2006- 7 AZR 419/05-BAGE 120, 42ff.,Rn. 11).

Eine Auslegung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG, wonach bereits die Ausbringung von Haushaltsmitteln ohne Anordnung einer besonderen Zweckbestimmung den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags rechtfertigen könnte, wäre mit dem sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Untermaßverbot nicht vereinbar. Art. 12 Abs. 1 GG gewährt zwar keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes auf Grund privater Disposition (BVerfG 27. Januar 1998-1 BvL 15/87 - BVerfGE 97, 169 ff., zu B. I. 1, der Gründe; BVerfG 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - BVerfGE 84, 133 ff., zu C. III. 1. der Gründe). Aus der Schutzpflichtfunktion des Grundrechts ergibt sich jedoch die Verpflichtung der staatlichen Grundrechtsadressaten, einzelne Grundrechtsträger vor einer unverhältnismäßigen Beschränkung ihrer Grundrechte durch privatautonome Regelungen zu bewahren (BAG 31. Juli 2002 - 7 AZR 140/01). Deshalb ist im Bereich des arbeitsvertraglichen Bestandsschutzes ein staatlicher Mindestschutz unverzichtbar. Dabei haben die Gerichte für Arbeitssachen als Grundrechtsadressaten bei der Auslegung und Anwendung der einfach-rechtlichen Bestimmungen des TzBfG den sich aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht ergebenden Anforderungen zu genügen. Eine ausschließlich am Wortlaut orientierte Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG würde zur Verletzung des verfassungsrechtlichen Untermaßverbots führen.

Läge ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses bereits dann vor, wenn der Arbeitnehmer bei entsprechender Beschäftigung aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die allgemein und ohne Anordnung einer besonderen Zweckbestimmung für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, würde ihm jeglicher Bestandsschutz entzogen. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses wäre unabhängig von seiner Dauer und dem Inhalt der übertragenen Aufgaben durch den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG stets gerechtfertigt. Eine solche Auslegung der Vorschrift wäre mit der Schutzpflichtfunktion des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar und würde überdies im Bereich des öffentlichen Dienstes zu einer Erosion des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als der vom Gesetzgeber sozialpolitisch erwünschten Beschäftigungsform (BT-Drucks. 14/4374 S. 12 zu II.) führen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine Auslegung des § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG a.F. als zu weitgehend angesehen, wonach eine pauschale Bestimmung von Mitteln für die befristete Beschäftigung von wissenschaftlichen Mitarbeitern ohne konkrete und nachvollziehbare Zweckbindung die Befristung sachlich rechtfertigt. Die Bestimmung bedürfe vielmehr einer verfassungskonformen Auslegung, wobei das Bundesverfassungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf die Erforderlichkert einer erkennbaren Widmung der Haushaltsmittel für eine bestimmte zeitlich begrenzte Aufgabe hingewiesen hat (BVerfG 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - BVerfGE 94, 268, zu C. //. 2. b. der Gründe; BAG 18. Oktober 2006 -7AIR 41'9/05- BAGE 120, 42 ff., Rn. 19).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt eine sachliche Rechtfertigung vieler Befristungen in der Praxis durch einen Zusammenhang zu Haushaltsmitteln nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG nicht in Betracht. Arbeitgeber haben die dafür allein in Betracht kommenden Haushaltsmittel substantiiert darzustellen, was nicht selten missglückt, weil der Sachgrund der vorübergehenden Beschäftigung aufgrund von Haushaltsmitteln häufig nur vorgeschoben ist.

Bei befristeten Arbeitsverträgen lohnt sich häufig ein geschulter Blick. Bitte achten Sie darauf, dass eine Klage gegen eine unwirksame Befristung innerhalb von drei Wochen, nach Ablauf der Befristung, beim Gericht anhängig sein muss. Zögern Sie also nicht, uns umgehend zu kontaktieren.

Foto(s): pixelio

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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