ProReal Deutschland 7, ProReal Europa 9/10 - Zinszahlungen sollen ausgesetzt werden?

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Weihnachten ist vorbei und das neue Jahr steht vor der Tür. Für Anleger der ProReal Deutschland 7 GmbH, der ProReal Deutschland 8 GmbH (Nachfolgeangebot), der ProReal Europa 9 GmbH und der ProReal Europa 10 GmbH beginnt das neue Jahr möglicherweise mit schlechten Nachrichten. Die Zinszahlungen für das 4. Quartal 2023 sollen "ausgesetzt" werden. Lesen Sie hier, was das bedeutet und was Anleger tun können. 

1. ProReal Deutschland / ProReal Europa - sollen Zinszahlungen ausgesetzt werden? 

Es klingt erst einmal nach Vorsichtsmaßnahme: In einer Mitteilung an die Vertriebspartner teilt die One Group GmbH mit, dass für 4 Namensschuldverschreibungen der ProReal-Serie die Zinszahlungen ausgesetzt werden sollen. Konkret soll das die Namensschuldverschreibungen der 

  • ProReal Deutschland 7, 
  • ProReal Deutschland 8 (Exclusives Folgeangebot)
  • ProReal Europa 9 und 
  • ProReal Europa 10

betreffen. Hier sollen die "Zinszahlungen des vierten Quartals 2023 bis zum Vorliegen der vollständigen Ergebnisse der Portfolioanalyse" ausgesetzt werden. 

Die betroffenen Kunden sollen in den nächsten Tagen durch die jeweilige Emittentin schriftlich darüber informiert werden.  

2. Warum werden die Zinsen ausgesetzt?  

Hintergrund der geplanten Zinsaussetzungen soll in erster Linie die angespannte Marktlage sein und die Tatsache, dass die Immobilienmärkte erheblich unter Druck geraten seien. Hierdurch und die damit verbundenen sinkenden Immobilienpreise sei die Transaktions- und Finanzierungsaktivität im Immobilienmarkt fast vollständig zum Erliegen gekommen. In Folge dessen müsse eine umfassende Risikoanalyse des gesamten Portfolios erfolgen. Bis zum Abschluss dieser Analyse sollen die Zinszahlungen für die benannten Namensschuldverschreibungen ausgesetzt werden. 

Grundsätzlich klingt das erst einmal nach Vorsichtsmaßnahme. Das der Immobilienmarkt erheblich unter Druck ist, ist bekannt. Liquidität im Unternehmen zu halten, ist dabei grundsätzlich erst einmal vernünftig. 

3. Ist die Zinsaussetzung rechtlich zulässig? 

Ob ein solcher Schritt zulässig ist oder nicht, hängt in erster Linie davon ab, wie er begründet wird. Alle 4 möglicherweise betroffenen Gesellschaften haben Namensschuldverschreibungen mit qualifiziertem Rangrücktritt herausgegeben. Durch diese haben sich die AnlegerInnen am Geschäftsmodell beteiligt. Des Weiteren sehen die Bedingungen zu den Namensschuldverschreibungen einen sog. Liquiditätsvorbehalt vor. 

Damit kann die jeweilige Gesellschaft die Zinszahlung bedingungsgemäß aussetzen, wenn die Zinszahlung vollständig oder teilweise nicht geleistet werden kann. In diesem Falle die nicht zu zahlenden bzw. die nicht gezahlten Beträge den Zahlungsanspruch des Folgequartals entsprechend („Nachzahlungspflicht“)

Demgegenüber besagt ein qualifizierter Rangrücktritt vereinfacht ausgedrückt, dass die jeweilige Gesellschaft (die Emittentin) die Rückzahlung des gezahlten Kapitals und der Zinsen verweigern darf, wenn es andere, genau definierte, vorrangige Zahlungsansprüche gibt, die dem Zahlungsanspruch vorgehen. 

Bei einem wirksam vereinbarten qualifizierten Rangrücktritt dürfen z.B. generell keine Zahlungen geleistet werden, wenn hierdurch ein sog. Insolvenzgrund entstehen würde. In einem solchen Fall kann bei einem qualifizierten Rangrücktritt die Zahlung verweigert werden. 

Auf welche Begründung sich die die jeweiligen Gesellschaften berufen werden, ist noch unklar. Die entsprechende Post liegt den AnlegerInnen noch nicht vor. Erst wenn klar ist, mit welcher rechtlichen Begründung die Zinszahlungen ausgesetzt werden, kann beurteilt werden, ob dies rechtlich zulässig ist.

4. Qualifizierter Rangrücktritt muss wirksam vereinbart worden sein

Eine Aussetzung mit der Begründung eines vereinbarten qualifizierten Rangrücktritts ist aber nur möglich, wenn ein solcher auch wirksam vereinbart wurde. AnlegerInnen finden die Regelungen zum Rangrücktritt in den Bedingungen zur Namensschuldverschreibung im Prospekt. 

Erstmals im Jahre 2018 hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage der Wirksamkeit von sog. Nachrangklauseln in vorformulierten Vertragsbedingungen auseinandergesetzt (Urteil vom 06. Dezember 2018, IX ZR 143/17) und erste Anforderungen an die Transparenz (Verständlichkeit) von solchen Nachrangklauseln festgelegt. Seit dem ist die Transparenz und damit die Wirksamkeit solcher Klauseln immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. 

Warum ist das wichtig?   

Dieser Streit kann ganz erhebliche Auswirkungen für AnlegerInnen haben. Wenn nämlich die Nachrangklausel unwirksam ist, dann kann sich ein Emittent nicht darauf berufen. Die Folge ist, dass Rückzahlungen und Zinszahlungen den gleichen Rang haben, wie andere Forderungen und eine Aussetzung unter Berufung auf den Rangrücktritt nicht zulässig wäre. 

5. Wie geht es nun weiter? 

Bisher sollen nach den mir vorliegenden Informationen nur erst einmal die Zinszahlungen ausgesetzt werden. Bis wann die Zahlungen ausgesetzt werden sollen, ist im Moment noch nicht bekannt. Auswirkungen auf die generelle Rückzahlung der Beträge zu den jeweiligen, vertraglichen Fälligkeitszeitpunkten sind im Moment nicht ersichtlich. Daher sollten AnlegerInnen erst einmal die Informationen der jeweiligen Gesellschaft abwarten. Anhand dieser und den jeweiligen Bedingungen der Namensschuldverschreibung kann überprüft werden, ob 

  • eine mögliche Aussetzung der Zinszahlung rechtlich zulässig ist, 
  • der qualifizierte Rangrücktritt den Anforderungen an die Transparenz genügt und 
  • ob Auswirkungen auf die Rückzahlungen des im Rahmen der Namensschuldverschreibung investierten Betrages zu befürchten sind. 

Man sollte also jetzt nicht panisch werden, sondern erst einmal in Ruhe die Informationen der Emittentin abwarten und diese gegebenenfalls rechtlich prüfen lassen. Ferner sollte man sich die Frage stellen, ob einem die Frage eines Rangrücktritts bei Zeichnung der Namensschuldverschreibung überhaupt in ausreichendem Maße bekannt war. 

Wenn Sie wissen wollen, ob eine mögliche Aussetzung der Zinszahlung in Ihrem konkreten Fall zulässig ist und ob es Möglichkeiten gibt, Ihr investiertes Kapital möglicherweise bereits vorzeitig zurückzubekommen, dann können Sie mich gern für eine kostenlose Erstbewertung Ihrer konkreten Beteiligung ansprechen. Sie können mir über das unten stehende Formular eine Nachricht zukommen lassen, Sie können mich anrufen oder Sie schreiben mir eine mail an marc.gericke@gericke-recht.de

Foto(s): Bild von 3093594 auf Pixabay

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