Prozesskostenhilfe - Verfahrenskostenhilfe - Weg zum Recht

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Sowohl das Verfolgen als auch die Abwehr eines Anspruchs kosten Geld. Der Zivilprozess verursacht außerdem Gerichtskosten, die mit dem Verfahrenswert steigen. Kann eine Partei die Gebühren für den Rechtsanwalt und/oder das Gericht nicht aufbringen, besteht aber kein Ausschluss vom Justizsystem.

In diesem Beitrag sollen die Grundsätze der Prozesskostenhilfe dargestellt werden. Dies beinhaltet eine kurze Bezugnahme auf Verfahrenskostenhilfe und Beratungshilfe.

Beratungshilfe

Die Beratungshilfe sichert, wie der Name es andeutet, die rechtliche Beratung außerhalb eines Gerichtsverfahrens. Aber auch die außergerichtliche Vertretung durch einen Rechtsanwalt kann hier abgedeckt werden.

Hat ein Rechtssuchender wenig Einkommen und wenig Vermögen, kann er sich an das für ihn zuständige Amtsgericht wenden. Die Zuständigkeit folgt aus dem Wohnsitz des Rechtssuchenden. Es gibt ein Antragsformular, das ausgefüllt und mit Nachweisen untermauert werden muss.

Ist man bedürftig und die rechtliche Unterstützung im Fall notwendig, erhält man einen Beratungshilfeschein. Mit diesem berät und vertritt Sie ein Rechtsanwalt gegen einen eigenen Kostenanteil von 15,-€. Die restliche Vergütung wickelt der Anwalt mit dem bewilligenden Amtsgericht ab.

Ist Ihre Sache also noch nicht beim Gericht, können eine Beratung und auch die außergerichtliche Vertretung über die Beratungshilfe kostengünstig erlangt werden.

Verfahrenskostenhilfe (VKH)

Das Konzept der Erreichbarkeit von Justiz und Gerechtigkeit für alle, ohne Einschränkungen durch fehlende finanzielle Mittel, greift grds. in allen Zivilverfahren. Während man in den klassischen Klageverfahren von Prozesskostenhilfe spricht, gibt es andere Verfahren. Vor allem in den Bereichen des Familienrechts und der freiwilligen Gerichtsbarkeit spricht man stattdessen von Verfahrenskostenhilfe.

 In den §§ 76 ff. FamFG gibt es zwar kleinere Detailregelungen, im Wesentlichen wird aber auf die Prozesskostenhilfevorschriften aus der Zivilprozessordnung (ZPO) verwiesen. Dies wird auch daraus ersichtlich, dass das Formular zur "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" sowohl für Prozess- als auch für Verfahrenskostenhilfe verwendet wird.

Die folgenden Ausführungen können also weitestgehend auf die Verfahrenskostenhilfe übertragen werden, auch wenn, zur besseren Lesbarkeit, nur Prozesskostenhilfe aufgeführt ist.

Prozesskostenhilfe (PKH)

VKH und PKH greifen bei gerichtlichen Verfahren.

Die Unterstützung kann allen Parteien, unabhängig von der Rolle im Prozess, gewährt werden. Dies heißt, ob Sie Kläger oder Beklagter sind, spielt keine Rolle für die Einschätzung, ob PKH bewilligt werden kann.

§ 114 ZPO führt aus, dass auf Antrag PKH bewilligt wird, wenn die Partei nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht mutwillig ist und ausreichende Erfolgsaussichten hat.

Es gibt keine fixen Einkommensobergrenzen, an denen man sich orientieren kann. Einnahmen und Ausgaben müssen gegenübergestellt werden. Wer beispielsweise hohe berücksichtigungsfähige Kosten hat, kann auch mit höherem Einkommen noch PKH bewilligt bekommen.

Diese Angaben fasst man im dafür vorgesehenen Erklärungsformular zusammen. Dieses kann man auch über den Anwalt einreichen, wenn man diesen zuvor kontaktiert hat. Wichtig ist, dass der Antrag während des laufenden Verfahrens beim zuständigen Gericht, im Idealfall mit dem ersten Schriftsatz, gestellt wird. Beigefügt werden müssen auf jeden Fall Nachweise für Ausgaben, wie Miete, Kredite, KiTa-Gebühren, etc., aber auch Einnahmen, vor allem Gehaltsnachweise, und in der Regel die Kontoauszüge der vergangenen drei Monate. 

PKH wird nur bewilligt, wenn hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Dies beinhaltet keine Vorentscheidung in der Sache. Betrachtet wird lediglich, ob ein vertretbares Argument für die Sichtweise desjenigen spricht, der PKH beantragt. die PKH wird aus diesem Grund nur verwehrt, wenn von vornherein unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt ein Obsiegen im Prozess zu erwarten ist. Solch aussichtslosen Prozesse sollen vermieden werden.

Außerdem darf die Rechtsverfolgung/ -verteidigung nicht mutwillig sein. Hierzu führt Absatz 2 aus, wann Mutwilligkeit vorliegt. Nämlich dann, wenn eine Partei ohne PKH in sonst gleicher Situation davon absehen würde, auch wenn Erfolgsaussichten bestehen. Dies schließt vor allem Fälle ein, bei denen die entstehenden Kosten zum Erfolg unverhältnismäßig wären und sich kein Selbstzahler diese Kosten auferlegen würde. Ausschlaggebend ist dabei aber nicht allein die Höhe des Streitgegenstands.

PKH kann mit oder ohne Zahlung von Raten bewilligt werden. Wenn nach den Verhältnissen eine Rate festgesetzt werden kann, muss diese monatlich entrichtet werden. Die Kosten sind dann an die Staatskasse zurückzuzahlen, soweit möglich.

Rechtsfolge der Bewilligung ist die Übernahme der Gerichtskosten und der Kosten des eigenen Anwalts im Falle des Prozessverlustes. Die PKH fängt also das Kostenrisiko eines Prozessverlustes zu weiten Teilen ein.

Man muss sich dabei den Grundsatz vor Augen führen, dass derjenige die Kosten des Rechtsstreits trägt, der verliert. Gewinnt eine Partei also vollumfänglich, trägt diese ohnehin formal keine Kosten. Die PKH wirkt also nur bei einem, zumindest teilweisen, Unterliegen im Verfahren.

Die Kosten des gegnerischen Anwalts werden von der PKH nicht übernommen. Dieses Risiko der Prozessführung verbleibt.

Häufige Fragen und Probleme im Zusammenhang mit VKH & PKH

- Die Angabe unrichtiger Angaben kann zur Ablehnung der PKH führen. Dies auch, wenn die wahren Angaben zu keiner anderen Sachbeurteilung führen würden.

- Die absichtliche Angabe unwahrer Tatsachen, um PKH zu erlangen, die einem eigentlich nicht zusteht, ist als Prozessbetrug zu werten. Dabei handelt es sich um strafrechtlich relevantes Verhalten.

- Auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren besteht die Möglichkeit der PKH.

- Veränderungen der finanziellen Situation sind grds. bis vier Jahre nach Gewährung beachtlich. Ein Berufswechsel oder eine Gehaltserhöhung müssen ebenso angegeben werden wie reduzierte Ausgaben, wenn ein Unterschied von 100€ monatlich überschritten wird. Auch der Wohnortwechsel muss unaufgefordert mitgeteilt werden.

- Übernimmt die Rechtsschutzversicherung alle Kosten, ist keine PKH möglich. Übersteigen die Prozesskosten die Deckungssumme der Versicherung, kann die PKH für den überschießenden Teil bewilligt werden.

- Gegen die Ablehnung bestehen Rechtsmittel. Hier sind aber Fristen zu beachten.

PKH ist ein sinnvolles Mittel, um allen Bürgern gleichermaßen Zugang zu Gerichtsverfahren, und damit zu Gerechtigkeit, zu gewähren. Sprechen Sie diese Möglichkeit proaktiv selbst an, wenn Sie einen Rechtsanwalt aufsuchen, der Sie im Verfahren vertreten soll.



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