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Radtour mit Hund – wer haftet nach einem Unfall?

  • 3 Minuten Lesezeit
Radtour mit Hund – wer haftet nach einem Unfall?
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Um ihren Hund so richtig auszupowern, machen viele Tierhalter mit ihrem Vierbeiner nicht nur einen kurzen Spaziergang, sondern eine ausgedehnte Radtour durch z. B. einen Wald oder Park. Da zumeist Leinenzwang herrscht, müssen die Radler die Hundeleine entweder an eine spezielle Halterung am Bike anbringen oder in der Hand halten. Das Lenken eines Fahrrads mit nur einer Hand verringert jedoch die Reaktionsmöglichkeiten auf unvorhergesehene Vorfälle ungemein. Kommt es dann zum Unfall, stellt sich die Frage, ob der radelnde Hundehalter mithaften muss.

Hundehalter stürzt vom Rad

Ein Radler machte mit seinen beiden Schäferhunden eine kleine Spazierfahrt. Er führte die Tiere an zwei Leinen, die er in der rechten Hand festhielt – und musste sein Rad daher einhändig lenken. Er näherte sich auf der Straße einer Frau, die ebenfalls mit ihrem Hund unterwegs war. Der lief jedoch unangeleint herum und befand sich einige Meter hinter seinem Frauchen.

Als er den Radler und die beiden Schäferhunde entdeckte, stürmte er auf das Trio zu. Der Radler musste daraufhin eine Vollbremsung einleiten, stürzte dabei und verletzte sich. In der Folgezeit verlangte er von der Hundehalterin Schmerzensgeld in Höhe von 1500 Euro. Als diese sich weigerte, den Betrag zu zahlen, zog der Radler vor Gericht.

Gefährliches Fahrmanöver: Mithaftung des Radlers

Das Landgericht (LG) Münster sprach dem Radler gemäß § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) lediglich ein Schmerzensgeld von 200 Euro zu.

Haftung des Tierhalters

Nach § 833 BGB haftet ein Tierhalter, wenn durch sein Tier ein Mensch getötet bzw. verletzt oder eine Sache beschädigt wird. Vorliegend war es vor allem deshalb zum Sturz des Radlers gekommen, weil sich der fremde Hund auf ihn und seine Vierbeiner zubewegt hatte. Daher hielt das Gericht grundsätzlich ein Schmerzensgeld von 800 Euro für angemessen.

Einhändiges Radeln ist zulässig…

Allerdings traf den Radler ein erhebliches Mitverschulden von 75 Prozent an dem Sturz, weshalb der Schmerzensgeldanspruch auf 200 Euro gekürzt wurde. Grund dafür war das gefährliche Fahrmanöver des Radlers. Hierzu zählte jedoch weder das einhändige Lenken eines Fahrrads, denn nur das freihändige Fahren kann mit einem Bußgeld geahndet werden, noch das Führen eines Hundes von einem Rad aus, was gemäß § 28 I 4 Straßenverkehrsordnung (StVO) zulässig ist.

… aber riskant

Vielmehr bemängelte das Gericht, dass der Radler beide Leinen in der Hand gehalten hatte, weil er so das Rad nicht verkehrssicher beherrschen konnte. Hierzu gehören schließlich beide Hände an den Lenker. Kommt es nämlich zu einer Gefahrensituation, muss man schnell reagieren können. Das ist aber nicht möglich, wenn man eine Hand „voll“ hat. Ein Abbremsen etwa ist eigentlich gar nicht möglich, ohne dabei ins Schlingern zu geraten. Derartige Probleme sind aber grundsätzlich vermeidbar, wenn man eine spezielle Halterung für Leinen ans Fahrrad montiert. Radler haben dann beide Hände frei und können sich schnell auf eine besondere Verkehrslage einstellen.

Im Übrigen hätte der Radler vorliegend damit rechnen müssen, dass der fremde Hund – angeleint oder nicht – auf seine beiden Schäferhunde reagiert und eventuell auf sie zuspringt. Er hätte daher in jedem Fall die Geschwindigkeit verringern, wenn nicht sogar vom Rad absteigen müssen. Weil der Tierhalter letztlich auch keine schweren Verletzungen erlitten hatte, hielten die Richter das zugesprochene Schmerzensgeld für durchaus angemessen.

Fazit:

Wie Autofahrer auch, sollten Radler stets defensiv fahren. In einer gefährlichen Situation müssen sie vorsichtiger radeln und notfalls sogar bis zum Stillstand abbremsen. Dabei gehören beide Hände an den Lenker – ansonsten ist die Gefahr zu groß, dass ein Radler beim Ausweich- oder Abbremsmanöver die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert.

(LG Münster, Urteil v. 16.12.2015, Az.: 01 S 56/15)

(VOI)

Foto(s): ©Adobe Stock/Viacheslav Yakobchuk

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