Rechtsanwalt – TIP / Arbeitsrecht: Schadensersatz wegen Benachteiligung und Diskriminierung

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in drei aktuellen Urteilen im August 2010 mehrere Fragen hinsichtlich der Schadensersatzpflicht von Arbeitgebern wegen Benachteilungen / Diskriminierung bei Bewerbungen und Einstellungen entgegen des Benachteiligungsverbotes gemäß AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) beantwortet.

I. Ausgangslage

Seit Einführung des AGG streiten sich immer wieder Parteien darüber, ob und wann ein Arbeitnehmer, der sich auf ein Stellenangebot hin bewirbt, entgegen dem gesetzlichen normierten Gleichbehandlungsgrundsatz bei Bewerbungen und Einstellungsverfahren unzulässig abgelehnt bzw. diskriminiert worden ist.

Ziel des AGG ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Beschäftigte dürfen daher nicht wegen einer der genannten Gründe benachteiligt werden. Diese Benachteilung kann sich eben aber auch bereits schon bei der Einstellung und Bewerbung ergeben: Ein Arbeitsplatz darf daher bereits nicht unter Verstoß gegen das genanntes Benachteilungsverbot überhaupt ausgeschrieben werden. Die Beweislast, also der Zwang, die Ablehnung eben aus einem der genannten Gründe notfalls beweisen zu müssen, ist hierbei günstig zugunsten von Arbeitnehmers verteilt: bereits bei Darlegung von bloßen Indizien ist es am Arbeitgeber, zu beweisen, dass er eben aus ganz anderen – sachlichen - Gründen einem Mitbewerber den Vorrang eingeräumt hat.

II. Die Fälle:

1. Benachteiligung / Diskriminierung wegen Schwerbehinderung bei bereits besetzter Stelle

Im Fall BAG  - 8 AZR 370/09 - hatte ein Arbeitgeber einen Stelle ausgeschrieben und dann  anschließend die Stelle besetzt, die Stellenausschreibung aber im Internet noch nicht gelöscht.  Nach Besetzung der Stelle hatte sich nun ein Schwerbehinderter beworben und nach der Ablehnung geltend gemacht, er sei wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden.

Das Urteil: Das BAG hat hier ganz klar gestellt, dass eine auch immer geartete Benachteilung nicht in Betracht komme bei Bewerbungen, die erst nach Besetzung der Stelle erfolgen.

2. Benachteilung / Diskriminierung wegen Alters

Im zweiten Fall (BAG 8 AZR 530/09) hatte ein Arbeitgeber in der Stellenausschreibung  einen „jungen dynamischen“ Mitarbeiter gesucht und daraufhin einen 50-Jährigen abgelehnt und statt dessen  eine 33-Jährige eingestellt. Der Abgelehnte begehrte nun Schadensersatz wegen Diskriminierung aus Altersgründen, obgleich der Arbeitgeber versicherte, seine Entscheidung habe mit dem Alter der Bewerber nichts zu tun gehabt.

Das Urteil: Das BAG gab hier dem Kläger Recht. Die Stellenausschreibung sei nicht altersneutral und daher diskriminierend. Daher bestünde das Indiz der Ungleichbehandlung, welches der Arbeitgeber nicht widerlegen konnte (Allerdings wurde der Schadensersatz auf lediglich ein Monatsgehalt begrenzt, der Kläger hatte ein ganzes Jahresgehalt (!) Entschädigung beantragt).

3. Benachteiligung / Diskriminierung wegen Religion

Im dritten Fall (BAG 8 AZR 466/09) hatte schließlich eine Muslimin eine Diskriminierung wegen Nichtberücksichtigung bei Einstellung geltend gemacht, da der Arbeitgeber – welcher der christlichen Landeskirche angehört – Wert auf Angehörigkeit in einer christlichen Glaubensgemeinschaft gelegt hat und zudem einen Hochschulabschluss verlangt hatte, welchen die muslimische Bewerberin nicht hatte.

Das Urteil war eindeutig: Das BAG sah schon bereits das Eingehen auf eine mögliche Diskriminierung aus religiösen Gründen als überflüssig an: Das Abstellen auf eine bestimmte Qualifikation sei jedenfalls nicht sachfremd und damit zulässig.

III. Fazit:

Seit Einführung des AGG gibt es Herrschaaren von Klagen, bei denen angebliche Diskriminierungen ins Felde geführt werden, die wenigstens sind begründet. Es hat sich auch nachweisbar bereits eine beachtlicher „Klage-Tourismus“ entwickelt, bei dem es sich Personen quasi zum Sport gemacht haben, sich ohne ernsthafte Absichten auf Stellenausschreibungen hin zu bewerben, um lediglich anschließend wegen angeblicher Diskriminierung Schadensersatz einzufordern; dies oftmals sogar zu Lasten der Staatskasse und damit der Allgemeinheit, weil unter Prozesskostenhilfe klagend.

Die aufgezeigten Fälle 1) und 3) zeigen beispielhaft, welche Blüten dieses Vorgehen mitunter hervorbringt: beide Fälle widersprechen bereits vom Ansatz her dem gesunden Menschenverstand und waren sodenn auch schon bereits in erster Instanz und Berufungsinstanz eindeutig erfolglos geblieben, bis es in die Revision vor das BAG ging.

Gleichwohl ist das Gesetz ein wichtiger Baustein der Antidiskriminierung, welcher Arbeitgeber zwingt, bereits bei Stelleausschreibungen präzise und ohne Benachteiligungstendenz zu formulieren, andernfalls – wie Fall 2) zeigt - das Indiz der Benachteilung schwer zu widerlegen ist.

Rechtsanwalt M. Henke - Dortmund -


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