Rechtswege in Deutschland (Übersicht zu den Zuständigkeiten)
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1. Ordentliche Gerichtsbarkeit
Zu der ordentlichen Gerichtsbarkeit gehören die Amtsgerichte (kurz: AG), die Landgerichte (kurz: LG), die Oberlandesgerichte (kurz: OLG) und der Bundesgerichtshof (kurz: BGH). Diese Gerichte sind zuständig für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und für Strafsachen.
Bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten können zwischen Privatpersonen oder auch sogenannten "juristischen" Personen stattfinden. Häufig vorkommende Streitgegenstände bei den ordentlichen Gerichten sind Ansprüche aus Kauf-, Miet-, Werk- oder Dienstverträgen, Unterlassungsansprüche, Schadensersatzforderungen, Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Erbschaftsangelegenheiten.
Die ordentlichen Gerichte sind zusätzlich zuständig, wenn Ansprüche im Rahmen der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden sollen.
Außerdem werden vor den ordentlichen Gerichten Familiensachen und Angelegenheiten der sogenannten "freiwilligen Gerichtsbarkeit" behandelt. Letzteres sind z.B. Betreuungs-, Grundbuch-, Nachlass- und Registersachen.
Von den genannten bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten sind die Verfahren zu unterscheiden, welche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten betreffen, welche ebenfalls vor den ordentlichen Gerichten verhandelt werden.
2. Arbeitsgerichtsbarkeit
Der Arbeitsgerichtsbarkeit gehören die Arbeitsgerichte, das Landesarbeitsgericht und das Bundesarbeitsgericht (kurz: BAG) an.
Die Gerichte sind zuständig für alle Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis sowie für Streitigkeiten der Tarifpartner untereinander und Rechtsstreitigkeiten rund um das Betriebsverfassungsrecht.
Streitsachen aus dem Arbeitsverhältnis können Klagen auf Lohn, die Ausstellung eines Zeugnisses oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sein.
Das Kollektivarbeitsrecht ist dann betroffen, wenn es um den generellen Inhalt und die Gültigkeit von Tarifverträgen geht oder beispielsweise um die Rechtmäßigkeit von Streik.
3. Verwaltungsgerichtsbarkeit
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird repräsentiert durch die Verwaltungsgerichte, den Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht (kurz: BVerwG).
Vor den Verwaltungsgerichten werden öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art ausgetragen. Dieses sind in der Regel Klagen von Bürgern gegen belastende Entscheidungen der Verwaltungsbehörden (= Verwaltungsakte).
Vor den Verwaltungsgerichten wird demnach überprüft, ob ein Hoheitsträger (Staat, Stadt oder Gemeinde) rechtmäßig gehandelt hat.
4. Sozialgerichtsbarkeit
Der Sozialgerichtsbarkeit gehören die Sozialgerichte, das Landessozialgericht und das Bundessozialgericht (kurz: BSG) an.
Diese Gerichte entscheiden vor allem über Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, u.a. Kranken-, Pflege,- Unfall-, Rentenversicherung -, der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitsförderung, der Grundsicherung für erwerbsfähige Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II, Sozialgeld) und der Sozialhilfe sowie des sozialen Entschädigungsrechts - u.a. Kriegsopfer-, Soldatenversorgung, Opferentschädigung, Impfschadensrecht und des Schwerbehindertenrechts.
Die Sozialgerichte sind besondere Verwaltungsgerichte (§ 1 SGG). Sie haben die Aufgabe über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zu entscheiden (§ 51 Abs. 1 SGG). Ihre Zuständigkeit erfasst jedoch bestimmte Bereiche öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten, die aus der generellen Kompetenz der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgegliedert sind.
Die Sozialgerichtsbarkeit ist insbesondere zuständig für Streitigkeiten aus folgenden Rechtsgebieten
gesetzliche Krankenversicherung einschließlich öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten aus dem Lohnfortzahlungsgesetz
gesetzliche Rentenversicherung
gesetzliche Unfallversicherung
Altershilfe für Landwirte
gesetzliche und private Pflegeversicherung
Arbeitslosenversicherung einschließlich der Arbeitsförderung und weitere Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit
Kindergeldrecht
Kriegsopfer-, Soldaten- und Zivildienstversorgung
Elterngeld/Betreuungsgeld
Angelegenheiten des Opferentschädigungsgesetzes, des Seuchenrechtsneuordnungsgesetzes, und des Häftlingshilfegesetzes
Angelegenheiten nach dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes
Entschädigung für ehemalige DDR-Bürger infolge medizinischer Maßnahmen
Blindengeldangelegenheiten
Schwerbehindertenrecht
Vertragsarzt- und Vertragszahnarztangelegenheiten
Angelegenheiten nach dem SGB XII (Sozialhilfe)
Grundsicherung für Arbeitssuchende (Streitsachen aus dem SGB II) Hartz IV
Asylbewerberleistungsgesetz
5. Finanzgerichtsbarkeit
Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit sind das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof (kurz: BFH).
Der Weg zu diesen Gerichten ist insbesondere dann eröffnet, wenn es um Streitigkeiten mit Bundes- oder Landesfinanzbehörden über Abgabenfragen (z.B. Anfechtung eines Steuerbescheides) geht.
6. Verfassungsgerichtsbarkeit
Das Bundesverfassungsgericht (kurz: BVerfG) entscheidet dann, wenn eine Verletzung des Grundgesetzes gerügt wird (z.B. durch Verfassungsbeschwerden oder bei Zweifeln über die Vereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Grundgesetz).
Daneben entscheiden die Verfassungsgerichte der einzelnen Bundesländer, wenn deren Landesverfassungen betroffen sind.
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