Reiserecht - Rücktritt wegen Corona: Stornogebühren, insb. bei Kreuzfahrten (Update)

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Reiserecht - Rücktritt wegen Corona Update: Stornogebühren, insb. bei Kreuzfahrten

Wir haben hier bereits mehrfach in diesem Jahr über die pandemiebedingten Auswirkungen auf Urlaubsreisen berichtet. Zwischenzeitlich sind einige Urteile ergangen, deren Inhalte und Folgen wir Ihnen zusammenfassend darstellen möchten.

1. Rücktritt nicht zu früh erklären (MSC Kreuzfahrt Urteil)

Das Amtsgericht München urteilte am 17.11.2020, dass ein drei Monate vor Reiseantritt erklärter Rücktritt des Reisenden bzgl. der gebuchten Kreuzfahrt zu früh und damit Stornokosten auf Basis der vertraglichen Vereinbarungen vom Reisenden zu entrichten seien (vgl. Urteil AG München vom 17.11.2020 zu Az.: 159 C 13380/20).

Wir haben diese Einschätzung bereits im Frühjahr abgegeben und lagen damit zumindest auf einer Stufe mit dem AG München. Drei Monate im Voraus könne noch nicht abgesehen werden, ob die Durchführung einer für den Sommer geplanten Kreuzfahrt trotz der Pandemie möglich gewesen wäre, weshalb die Reisenden die Stornokosten nun zu tragen haben. Dies auch dann, wenn die Kreuzfahrt später tatsächlich nicht durchgeführt werde. Es komme stets auf eine ex-ante-Betrachtung an, also vorausschauend und nicht hinterher. Ein solch früher Stornierungszeitpunkt deute eher darauf hin, dass der Reisende aus persönlichen Motiven wie Angst und Unwohlsein heraus bereits für sich entschied, auf keinen Fall reisen zu wollen. Dies dürfe dann aber nicht zu Lasten der – im vorliegenden Fall – betroffenen Reederei MSC Kreuzfahrten gehen.


2. Keine strengen Anforderungen an Nachweis der außergewöhnlichen Umstände am Urlaubsort

 Das Amtsgericht Köln bestätigte mit seinem Urteil vom 14.09.2020 ein vorangegangenes Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 11.08.2020 (wir haben bereits hier darüber berichtet), wonach ein kostenfreier Rücktritt von einer Pauschalreise wegen der Coronapandemie auch ohne konkrete Reisewarnung für den Zeitpunkt des geplanten Reisebeginns möglich sei (vgl. Urteil des AG Köln vom 14.09.2020 zu Az.: 133 C 213/20).

Auch die Kölner Richter erklärten, dass es stets auf eine ex-ante-Betrachtung ankomme und ein Rücktritt nicht zu früh und nicht sozusagen auf Vorrat erklärt werden könne. Hier erklärte die Klägerin den Rücktritt nur rund vier Wochen vor Reiseantritt und nachdem sie bereits vom auswärtigen Amt entsprechende Warnungen für das Reiseziel gelesen hatte. Das Risiko eines übereilten Rücktritts bleibe stets beim Reisenden. Vorliegend handelte es sich jedoch um keinen solchen. Ein kostenlosen Rücktrittsrecht infolge außergewöhnlicher Umstände bestehe, wenn mit dem Eintritt eines schädigenden Ereignisses mit erheblicher, und nicht erst mit überwiegender, Wahrscheinlichkeit zu rechnen sei. Der Bundegerichtshof habe bereits im Jahre 2002 eine meteorologische Prognose von 25% für den Eintritt eines Hurrikans ausreichen lassen. Es reiche mithin für einen kostenfreien Rücktritt aus, wenn es zwar überwiegend wahrscheinlich sei, dass die Gefährdung nicht eintrete, aber gewisse, nicht fernliegende, objektive und gerade nicht nur auf Ängsten des Reisenden beruhende Umstände für den gegenteiligen Geschehensablauf sprechen. Die Hurrikanentscheidung des BGH sei auf die CoronaFälle anwendbar.

Diese Entscheidung überzeugt und führt die Entscheidung der Frankfurter Richter weiter, wonach grundsätzlich keine allzu hohen und strengen Anforderungen an den Nachweis der konkreten Umstände im Reisegebiet zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung zu stellen seien.

 

3. Pflicht zur schnellen Erstattung bestätigt AG Frankfurt am Main

Am 15.10.2020 bestätigte das Amtsgericht Frankfurt letztlich das, was der Gesetzgeber vor langer Zeit bereits geregelt hat. Nämlich, dass bei einer stornierten Pauschalreise, der Verbraucher das Recht auf schnelle Reisepreiserstattung innerhalb von 14 Tagen gemäß § 651h V BGB hat und der Reiseveranstalter sich dieser Frist auch nicht durch Liquiditäts- oder Organisationsprobleme während der Coronakrise entziehen kann.

Es gelte neben der kurzen Rückzahlungsfrist des § 651h V BGB, welche dafür sorgt, dass der Reiseveranstalter 14 Tage ab erklärtem Rücktritt des Reisenden in Verzug mit der Rückzahlung ist, auch der Grundsatz des Gesetzes, wonach man Geld zu haben hat. Hieran ändere weder die Coronapandemie und die damit einhergehenden finanziellen Engpässe sowie Mehrbelastungen der Reiseveranstalter etwas, noch das Angebot eines Gutscheins, den der Reisende gar nicht wollte und selbst wählte.

(vgl. Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 15.10.2020 zu Az.: 32 C 2620/20)

Ergebnis:

Die vorbenannten Urteile bestätigen letztlich die von uns bereits hier kommunizierten Rechtsauffassungen und werden auch durch die von uns unzählig dies Jahr bearbeiteten Sachverhalte untermauert, zeigen zugleich, dass die deutschen Gerichte meist auf Seite der Reisenden stehen.

Insbesondere hat der Reisende bei einer eigenständigen Stornierung auf den Zeitpunkt zu achten, um das Risiko von Stornokosten zu minimieren. Zudem ist eine Stornierung aber dann auch ohne konkrete Reisewarnung im Zielgebiet möglich, es werden keine zu hohen Anforderungen an den Nachweis außergewöhnlicher Umstände gestellt. Und zu guter Letzt ist noch einmal bestätigt worden, dass der zur Rückerstattung berechtigte Reisende keine monatelangen Wartezeiten hinnehmen muss, sondern sich die Reiseveranstalter bereits von Gesetzes wegen 14 Tagen nach erklärtem Rücktritt in Verzug befinden. Letzteres sorgt zumeist dafür, dass die Kosten eines sodann beauftragten Rechtsanwalts vom Reiseveranstalter ebenso zu tragen sind und zudem der Reisende unmittelbar auf Rückzahlung klagen darf ohne weitere Wochen fruchtlos verstreichen zu lassen.

Besonders bei Kreuzfahrten muss darauf geachtet werden, dass diese – sofern sie stattfanden oder noch stattfinden sollen – unter Umständen auch unabhängig von einer coronakonformen Durchführung gratis storniert werden können, sofern die Kreuzfahrt zwar stattfindet, aber nicht wie gebucht, also einzelne Leistungen wegfallen oder auch Landgänge ausfallen.

Sprechen Sie uns gerne an. Wir konnten bereits sehr vielen Reisenden erfolgreich helfen, tun dies auch gerne für Sie.

Andreas Biernath


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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