Rücktritt vom Fahrzeugkaufvertrag und Schadensersatz bei unzulässiger Abschaltvorrichtung

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Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 18.07.2019 – 17 U 160/18; 17 U 204/18) hat wieder zugunsten der Käufer eines Neufahrzeugs mit Abschaltvorrichtung zugeschlagen! Ergebnis: Rücktritt vom Kaufvertrag zulässig, Kaufpreis zurück und Schadensersatz für den Käufer.

Das Fahrzeug der dortigen Klägerin war eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs. Das OLG Karlsruhe legt zugrunde, dass der Schaden bereits im Abschluss des Kaufvertrages an sich liege. Das OLG Karlsruhe kommt zu dem Ergebnis, dass kaufvertragliche Ansprüche gegen das Autohaus verjährt sind, nicht jedoch gegen den Hersteller.

In diesem Fall hat es sich um einen am 16.09.2011 gekauften Skoda Octavia Combi, 2,0 l TDI (verbauter Motor EA189) gehandelt. Die untere Instanz, das Landgericht Baden-Baden, hat die Klage gegen das Autohaus wegen Verjährung abgewiesen, jedoch der gegen Volkswagen gerichteten Feststellungsklage nach §§ 826, 831 BGB stattgegeben.

Das OLG Karlsruhe führt in seiner Begründung aus, VW hafte wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB. Klägerseits wurde behauptet, die Leitungsebene von VW habe zum Zwecke der Kostensenkung und Gewinnmaximierung die strategische Entscheidung getroffen, die EG-Typengenehmigung für alle mit der Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Kfz ihrer Konzerngesellschaften von den dafür zuständigen Erteilungsbehörden zu erschleichen. 

Diese Behauptung sei der Entscheidung zugrunde zu legen, dass sie von VW lediglich mit der Einschränkung bestritten wurde, dass nach dem aktuellen Ermittlungsstand der nicht näher erläuterten internen Ermittlungen keine Erkenntnisse über eine Beteiligung oder Kenntnis von Vorstandsmitgliedern vorliegen würden. Ein derart eingeschränktes Bestreiten sei prozessual aber nicht zulässig, nachdem seit Bekanntwerden des Abgasskandals mittlerweile mehr als dreieinhalb Jahre vergangen wären.

Nach Ansicht des OLG Karlsruhe sei zwar ein Handeln mit Gewinnstreben durch den VW-Konzern alleine nicht als verwerflich anzusehen. Allerdings würde die Tragweite der Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motorentyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut werde. Die Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den Volkswagenkonzern und den ordnungsgemäßen Ablauf des Genehmigungsverfahrens sowie die in Kauf genommenen erheblichen Folgen für den Käufer in Form der drohenden Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge zur Sittenwidrigkeit der Entscheidung von VW im Sinne des § 826 BGB führen. 

Durch dieses vorsätzliche und sittenwidrige Vorgehen sei der Käuferin des Fahrzeugs ein Schaden entstanden, der im Abschluss des Kaufvertrags an sich liege.

Die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 I S.3, 218 BGB, welche mit Übergabe des Fahrzeugs begonnen habe (§ 438 II BGB) und damit zwei Jahre nach Übergabe bereits geendet hat, schließt zwar Ansprüche gegen den Fahrzeughändler aus. Dessen Einrede der Verjährung war in diesem Falle auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die Fahrzeugmanipulation sei dem Händler nicht bekannt gewesen, eine Täuschung durch den Hersteller könne ihm nicht zugerechnet werden.

Ergebnis

Der Käuferin war der volle Kaufpreis rück zu erstatten, wie auch notwendige Verwendungen auf das Fahrzeug, abgezogen hiervon werden die sog. Gebrauchsvorteile (Nutzung des Fahrzeugs). Diese berechnen sich zu 0,5 Prozent je gefahrene 1000 km. In diesem Falle ist die Käuferin in der Tat noch nie so günstig ein Auto gefahren.

Bei Fragen zum Rücktritt vom Kaufvertrag wegen unzulässiger Abschaltautomatik im gekauften Fahrzeug, wenden Sie sich an den spezialisierten Fachanwalt für Verkehrsrecht oder an uns: Tilo Neuner-Jehle – FA f. Verkehrsrecht.


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