Rücktrittsrecht bei Diebstahlsverdacht eines Fahrzeugs mit veränderter Fahrzeugidentifikationsnummer

  • 2 Minuten Lesezeit

Das OLG Hamm hat mit rechtskräftigem Urteil vom 09.04.2015 (28 U 207/13) festgestellt, dass der Käufer eines Pkw vom Kaufvertrag zurücktreten kann, wenn eine veränderte Fahrzeugidentifikationsnummer einen Diebstahlverdacht begründet und die behördliche Beschlagnahme des Fahrzeugs zum Zwecke der Rückgabe an einen früheren Eigentümer rechtfertigt.

Der Kläger hatte in dem entschiedenen Fall ein Fahrzeug zum Kaufpreis von 27.000 Euro erworben. Als er mit dem Fahrzeug nach Polen einreiste, fiel auf, dass die sichtbare Kodierung der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) nicht gestanzt, sondern kopiert und aufgeklebt war. Daher vermuteten die polnischen Behörden einen Diebstahl, beschlagnahmten den Pkw und beabsichtigen, ihn einem früheren Eigentümer auszuhändigen. Das Fahrzeug soll zuvor im Eigentum einer spanischen Autovermietung gestanden haben, der er im Juli 2007 gestohlen worden sei. Das Fahrzeug sei dann nach den Feststellungen im Urteil nach Polen verbracht, über eine polnische Firma in den Besitz einer polnischen Familie gelangt, innerhalb der Familie vererbt und von einem Familienmitglied dann im April 2011 an die beklagte Firma aus Augustdorf veräußert worden. Der Kläger verfolgte die Rückabwicklung des Kaufvertrags, da er nicht Eigentümer geworden sei und daher ein zum Rücktritt berechtigender Rechtsmangel am Fahrzeug vorliege.

Der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Kläger Recht gegeben. Die vom Kläger behauptete Fahrzeughistorie und der von der Beklagten vorgetragene Eigentumsübergang bräuchten nach Ansicht des Senats nicht im Einzelnen aufgeklärt zu werden. Der Rechtsmangel werde dabei durch die polnische Beschlagnahme des Fahrzeugs begründet. Die Richter gingen nicht davon aus, dass der Kläger das beschlagnahmte Fahrzeug habe auslösen können. Die am Fahrzeug veränderte FIN begründe außerdem einen Sachmangel des Fahrzeugs, der den Rücktritt des Klägers ebenfalls rechtfertige.

Der Verfasser des Rechtstipps, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Steffgen ist seit 2001 mit Schwerpunkt im Verkehrsrecht tätig. Er war auch bereits als Dozent des VdA für Fachanwaltsfortbildungen tätig.

Aus der Praxis seiner Kanzlei ist ihm ein ähnlicher Fall bekannt. Der Käufer sollte sich daher nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass die übergebenen Fahrzeugpapiere wie Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil I), Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil II) oder Kennzeichen keine Fälschungen sind. Er empfiehlt, bei Zweifeln die Fahrzeugidentifikationsnummer vor Abwicklung des Kaufs zu überprüfen. Dies ist beispielsweise über die Polizei möglich, welche die Fahrzeug-Identifikationsnummer und das letzte Kennzeichen überprüfen kann. Auch Werkstätten können bei der Überprüfung, z. B. über Inspektionsabfragen, entsprechende Informationen erteilen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Steffgen

Beiträge zum Thema