Schadensersatz bei fehlerhaften Testberichten: Was Imker jetzt vom Rauchmelder-Urteil lernen können

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Eben erst wurde die Stiftung Warentest zu Schadensersatz verurteilt – jetzt droht neuer Ärger wegen Honigtest

Ein „mangelhaft“ von Stiftung Warentest hat Signalwirkung – für Verbraucher, aber auch für Unternehmen. Dass ein solcher Test aber nicht nur verkaufshemmend, sondern auch rechtswidrig sein kann, zeigt das aktuelle Urteil des Landgerichts Frankfurt: Die Stiftung wurde zum Schadensersatz verurteilt, weil ein fehlerhafter Rauchmelder-Test den Ruf und Umsatz eines Herstellers massiv geschädigt hat. Nun steht ein neuer Testbericht der Stiftung in der Kritik – diesmal geht es um Honig. Und die Frage liegt nahe: Drohen auch hier Schadensersatzforderungen?

Das Urteil im Rauchmelder-Fall – ein Meilenstein im Presserecht

Im März 2025 entschied das Landgericht Frankfurt (Az. 2-03 O 430/21), dass die Stiftung Warentest für die Folgen eines unzutreffenden Testberichts über Rauchwarnmelder haftet. Die Kernaussage des Tests: Ein bestimmtes Modell habe bei Testbränden zu spät ausgelöst – „mangelhaft“. Später stellte sich heraus: Die zugrunde gelegten Testbedingungen entsprachen nicht der einschlägigen DIN-Norm. Die Stiftung hatte sich auf Prüfungen eines belgischen Instituts verlassen – und diese nicht ausreichend kontrolliert.

Die Konsequenz: Die Pressekammer bewertete das Testergebnis als „schlicht unvertretbar“ und „rechtswidrig“. Die Stiftung müsse sich das Fehlverhalten des Prüfinstituts nach § 31 BGB zurechnen lassen. Das Vertrauen der Verbraucher in die Testberichte begründe eine besondere Verantwortung. Der wirtschaftliche Schaden – laut Kläger Pyrexx über 7,7 Millionen Euro – sei deshalb ersatzfähig.

Der Honigtest 04/2025 – droht ein Déjà-vu?

Nur wenige Wochen nach dem Urteil sorgt ein neuer Testbericht der Stiftung Warentest für Aufregung: In der April-Ausgabe 2025 wurden verschiedene Honige getestet – darunter auch Produkte mit dem bekannten Siegel „Echter Deutscher Honig“. Die Bewertung war teils vernichtend: Abwertungen wegen des Etiketts „Spitzenqualität“, vermeintlich sensorischer Mängel und pauschaler Vergleiche mit Importware.

Der Deutsche Imkerbund kritisiert: Die Bewertungskriterien seien fachlich zweifelhaft, die Messmethoden uneinheitlich. Vor allem der Vergleich mit Importhonigen sei irreführend, da bei diesen zentrale Qualitätsmerkmale – wie die Invertase-Aktivität – gar nicht gemessen wurden. Gleichzeitig wurden heimische Imker für gesetzlich zulässige Angaben oder typische Honigeigenschaften abgestraft.

Pressefreiheit vs. Unternehmensschutz – wo verläuft die Grenze?

Die Meinungs- und Pressefreiheit schützt auch kritische Produkttests – jedoch nicht grenzenlos. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) dürfen Testberichte nur dann veröffentlicht werden, wenn sie auf zutreffenden, nachvollziehbaren und objektiv überprüfbaren Tatsachen basieren. Fehlt diese Grundlage, wird das Allgemeininteresse an Verbraucherinformation von den Rechten der betroffenen Unternehmen überlagert.

Im Fall des Rauchmelders konnte der Hersteller detailliert belegen, dass die Testbedingungen falsch waren. Erst das Hauptsacheverfahren und die Vorlagepflichten nach der Zivilprozessordnung zwangen die Stiftung zur Herausgabe der Prüfprotokolle. Infolge dieser Offenlegung konnte das Gericht die Rechtswidrigkeit des Testergebnisses feststellen.

Parallelen zum Honigtest: Liegt eine rechtswidrige Testveröffentlichung vor?

Überträgt man die Argumentation des LG Frankfurt auf den Honigtest, stellt sich eine zentrale Frage: Wurden auch hier fehlerhafte Kriterien angewendet oder sogar gesetzliche Standards ignoriert? Die Kritikpunkte des Imkerbunds sind deutlich:

  • Abwertung aufgrund rechtlich zulässiger Etikettierung

  • Missachtung hochwertiger Qualitätsmerkmale (z. B. Invertase)

  • Ungleichbehandlung von Import- und Regionalhonigen

  • Unklare Sensorik-Kriterien

  • Ignorieren von Umweltaspekten

Sollten sich diese Punkte im Detail als fachlich unbegründet und sachlich unzutreffend erweisen, könnte dies ein erhebliches Haftungsrisiko für die Stiftung Warentest darstellen – insbesondere wenn ein wirtschaftlicher Schaden nachgewiesen werden kann, etwa durch Umsatzeinbußen oder beschädigte Markenreputation.

Schadensersatz nur bei Verschulden – aber wessen?

Für einen Anspruch auf Schadensersatz ist Verschulden erforderlich. Die Stiftung Warentest berief sich im Rauchmelder-Fall auf das belgische Institut. Doch das LG Frankfurt stellte klar: Die Stiftung haftet auch für fremdes Verschulden, wenn sie wesentliche Aufgaben – wie die Einhaltung von Prüfstandards – aus der Hand gibt (§ 31 BGB). Genau darin liegt der potenzielle Wendepunkt für künftige Fälle wie den Honigtest.

Denn: Die Stiftung definiert selbst die Bewertungskriterien, wählt die Prüfinstitute und veröffentlicht die Ergebnisse unter ihrem Namen. Damit trägt sie die Verantwortung für die methodische und rechtliche Korrektheit der Tests – und kann sich nicht hinter Drittgutachten verstecken.

Fazit: Auch beim Honigtest kann es teuer werden

Der Rauchmelder-Fall hat gezeigt: Die Stiftung Warentest ist nicht unantastbar. Wenn durch unzutreffende Testberichte erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen und die Testmethoden nicht den geltenden Standards entsprechen, besteht ein Schadensersatzanspruch – und zwar auch gegen eine Institution wie Stiftung Warentest.

Für betroffene Imker, Verbände oder Honiganbieter könnte es sich lohnen, eine rechtliche Überprüfung des aktuellen Honigtests vorzunehmen. Denn wie das LG Frankfurt klargestellt hat: Unternehmen müssen nicht schutzlos zusehen, wenn ihre Produkte durch unvertretbare Testergebnisse öffentlich diskreditiert werden. Der Fall Pyrexx könnte also Schule machen – diesmal mit dem süßen, aber haftungsrechtlich brisanten Thema Honig.

Foto(s): Alexander Meyer


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