Schadensersatz für Betriebsschließungen wegen Corona – Schließungsverfügung rechtswidrig?

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Gibt es eine Entschädigung für eine Betriebsschließung „wegen Corona,“ auch dann, wenn die Grundlage „nur“ und wie fast immer eine sog. Allgemeinverfügung ist?

Es gibt Gründe, die dafür sprechen; vorsorglich sollte aber rechtzeitig ein Antrag gestellt werden.

Hintergrund 

Das inzwischen recht bekannte IFSG regelt in § 56, dass es eine Entschädigung gibt, wenn eine Person oder ein Betrieb einem Tätigkeitsverbot unterliegt oder abgesondert (Quarantäne) werden muss und deswegen einen Verdienstausfall erleidet. Tätigkeitsverbot und Quarantäne sind in den §§ 30 und 31 IFSG geregelt.

Das Problem: Derzeit ist kaum Jemand konkret davon betroffen. Die Betriebe müssen vielmehr aufgrund sog. Allgemeinverfügungen schließen. Diese wiederum beruhen auf § 28 IFSG. Dafür ist allerdings gerade keine Entschädigung vorgesehen. Die Betroffenen haben daher – legt man den Wortlaut der Norm zu Grunde – nur die Möglichkeit, die nun entwickelten Soforthilfen in Anspruch zu nehmen. Das deckt den Schaden aber wohl kaum ansatzweise.

Mögliche Lösung?

Wer daher mit dem Gedanken spielt, seinen Schaden geltend zu machen, kann folgende Erwägungen fruchtbar machen

1. Analoge Anwendung des § 56 IFSG?

Man könnte darüber nachdenken, ob das IFSG hier nicht eine planwidrige Regelungslücke aufweist und ob § 56 IFSG nicht daher analog angewendet werden muss. Ein spannender Gedanke, es spricht immerhin einiges dafür, dass die Verfasser des Gesetzes einen solchen Pandemie-Fall, wie wir ihn jetzt erleben, nicht bedacht haben.

2. Entschädigung aufgrund rechtswidriger Allgemeinverfügungen?

Man könnte auch darüber nachdenken, ob diese Allgemeinverfügungen im Grunde und auch dem Umfang nach gerechtfertigt sind – oder ob sie nicht vielleicht über das Ziel hinausschießen und daher rechtswidrig sind. Dann könnten den Betroffenen ein Ersatzansprüche zustehen. 

Man könnte aber auch einen Schritt vorher ansetzen und prüfen, ob das IFSG überhaupt eine taugliche Grundlage für die Schließungsverfügung sein kann. Das Bundesverfassungsgericht hat – grob gesagt – bereits lange entschieden, dass diejenigen, die durch staatliches Handeln einen Schaden erlitten haben, einen Ersatz verlangen können (müssen). 

Allerdings nur, wenn die Rechtsgrundlage, auf welcher der Staat gehandelt hat, auch einen solchen Anspruch vorsieht. Daraus wiederum folgt, dass die Rechtsgrundlage verfassungswidrig ist, wenn sie eine solche Entschädigung nicht vorsieht. Das IFSG sieht eine solche Entschädigung nicht vor. Das IFSG könnte daher insoweit verfassungswidrig sein. 

3. Entschädigung aufgrund eines Sonderopfers?

Sollte man das IFSG und die Allgemeinverfügung als rechtmäßig erachten, könnte erwogen werden, ob die Betroffenen nicht ein sog. Sonderopfer erbracht haben und daher einen Anspruch auf Entschädigung haben. 

4. Was zu tun ist – vorsorglich einen Antrag stellen!

Jedenfalls sollten die Betroffenen vorsorglich einen Antrag auf Entschädigung stellen. Der „normale“ Anspruch auf Entschädigung muss gem. § 56 Abs. 5 IFSG beantragt werden. Gem. Abs. 11 beträgt die Frist dazu 3 Monate und beginnt mit der Einstellung der „verbotenen Tätigkeit“ bzw. dem Ende der Quarantäne. Vorsorglich sollte der Antrag so schnell wie möglich gestellt werden.

Formulare für den Antrag finden Sie z. B. für Niedersachsen hier:

https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/hinweise-fur-berufstatige-185673.html

5. [Update:] Wie können die Risiken minimiert werden?

Da hier rechtliches Neuland betreten wird, gibt es keine belastbare Rechtsprechung dazu, so dass ein gewisses Prozessrisiko nicht leugnen ist.  Wer aber mit dem Rücken zur Wand steht, dürfte kaum eine Wahl haben. Zudem kann das (persönliche) Kostenrisiko gemindert werden, 

  • wenn eine Rechtsschutzversicherung eintritt, 
  • wenn ein Prozessfinanzierer hinzugezogen wird (entsprechende Gespräche führen wir bereits) oder
  • wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird.

Fazit – mutig Neuland betreten

Wir würden uns freuen, mit Ihnen gemeinsam mutig Neuland zu betreten. 

Sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen.

Daniel B. Jutzi

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsinformer Rechtsanwälte Osnabrück



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