Schadensersatzanspruch nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für Arbeitnehmer

  • 3 Minuten Lesezeit

Der europäische Gesetzgeber hat dem Datenschutz mit der Schaffung der Datenschutz-grundverordnung (DSGVO) im Jahr 2018 einen hohen Stellenwert beigemessen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat nun in einem sehr klar strukturierten Urteil noch einmal die Voraussetzungen aufgezeigt, die vorliegen müssen, damit Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch gegen ihren Arbeitgeber geltend machen können, wenn dieser einen Auskunftsanspruch nicht erfüllt oder den Anspruch auf Löschung personen-bezogener Daten verletzt.


Im Einzelnen:


1. Sachverhalt:


Der Kläger war im Zeitraum vom 01.01.1997 bis zum 30.04.2021 bei der Beklagten, einem Pflege-betrieb, als Koch angestellt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.07.2019 forderte der Kläger die Beklagte zur Erteilung einer Auskunft nach Art. 15 DSGVO (personenbezogene Daten) bezüglich seiner Versetzung und einer ihm erteilten Abmahnung auf. Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 23.08.2019 in gewissem (aber nicht ausreichendem) Umfang Auskunft über die gespeicherten personenbezogenen Daten bezüglich der Versetzung und der Abmahnung des Arbeitnehmers.
Die daraufhin erhobene Klage des Arbeitnehmers wurde in der 1. Instanz vom Arbeitsgericht Ber-lin abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers verurteilte das Landesarbeitsgericht Berlin-Branden-burg den beklagten Arbeitgeber zur Zahlung eines Schadensersatzes von insgesamt € 2.000,00.


2. Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg:


Das LAG urteilte, dass der Kläger durch die nicht ausreichend erteilte Auskunft über die gespeicherten personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sei und ihm somit ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO zustehe. Die Voraussetzungen hierfür sind im Einzelnen:
(1) Ein Verstoß gegen Art. 15 DSGVO:
Dieser lag im vorliegenden Fall vor, da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht alle personen-bezogenen Daten, die im Zusammenhang mit der Versetzung und der Abmahnung standen, vorlegte.
(2) Der Arbeitgeber muss für einen etwaigen Verstoß verantwortlich sein:
Auch dies bejahte das Gericht vorliegend, da durch die ausdrückliche Bezugnahme des Klägers auf die Bestimmung des Art. 15 DSGVO in jedem Fall klar und eindeutig war, dass es dem Arbeitnehmer nicht nur um die unzureichenden Informationen des Arbeitgebers ging, sondern zugleich auch um die in der Vorschrift des Art. 15 DSGVO genannten weiteren Aspekte. So hatte es der Arbeitgeber im vorliegenden Fall z. B. versäumt, auf das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der den Arbeitnehmer betreffenden personenbezogenen Daten oder auf die Einschränkung der Verarbeitung durch den Arbeitgeber oder eines Widerspruch-rechts gegen diese Verarbeitung hinzuweisen.
Auch war es für den Arbeitgeber nach den Ausführungen des LAG Berlin-Brandenburg offensichtlich, dass diese Informationen fehlen. Denn durch einen einfachen Blick in den Text des Art. 15 Abs. 1 DSGVO hätte der Arbeitgeber feststellen können, was der Arbeitnehmer von ihm verlangt. Insofern ist der Arbeitgeber auch für die unzureichende Information und damit den Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 DSGVO verantwortlich.
(3) Dem klagenden Arbeitnehmer muss ein Schaden entstanden sein.
Hierzu führt das Gericht aus: Indem der beklagte Arbeitgeber seiner Auskunftsverpflichtung inhaltlich nicht hinreichend nachgekommen ist, hat der Kläger keine ausreichenden Kenntnisse über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten erlangt. Insofern ist bei dem Arbeit-nehmer ein Kontrollverlust eingetreten und ihm wurde die Möglichkeit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten unmöglich gemacht oder zumindest erschwert. Hierin liegt ein Schaden. Zudem sollen die betroffenen Personen nach „Erwägungsgrund 146 Satz 3“ einen vollständigen und wirksamen Schadensersatz für den erlittenen Schaden erhalten. Hierbei sollen die Schadensersatzansprüche generell eine Abschreckungswirkung haben, so dass die betroffene Person einen vollständigen und wirksamen Scha-densersatz für den erlittenen immateriellen Schaden erhält.
Hiernach kam das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im vorliegenden Fall zu einem Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers in Höhe von € 2.000,00; jeweils € 1.000,00 für jede der beiden unvollständigen Auskünfte (hinsichtlich Versetzung und Abmahnung).


3. Stellungnahme:


Das vorliegende Urteil zeigt klar und unmissverständlich auf, dass Arbeitgeber das Auskunftsver-langen über die gespeicherten personenbezogenen Daten ihrer Arbeitnehmer ernst zu nehmen haben und ausführlich beantworten müssen. Tun sie dies nicht oder nicht hinreichend, steht den Ar-beitnehmern ein immaterieller Schadensersatzanspruch zu. Dies gilt einerseits dann, wenn Arbeit-geber das Auskunftsverlangen ihrer Arbeitnehmer nicht in vollem Umfang beantworten, aber selbstverständlich auch dann, wenn Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die personenbezogenen Daten unrichtig bzw. unzulässig weiterverwenden.
Ein Beispiel hierfür kann das Verwenden von Daten oder Bildern eines ehemaligen Arbeitnehmers auf der Homepage des Arbeitgebers sein. In einem solchen Fall hat der betroffene Arbeitnehmer nicht nur einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO, sondern auch einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch.


Sie haben Fragen hierzu oder interessieren sich für eine andere Ausgabe der Mandanteninfo:
www.arbeitsrecht24.com | info@arbeitsrecht24.com


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechts- und Fachanwalt Max Gnann

Beiträge zum Thema