Scheidung nach 5 Jahren

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Im Jahr 2018 wurden in Deutschland fast 450.000 Ehen geschlossen. Das sind so viele wie seit 30 Jahren nicht mehr. So schön es ist, dass Liebende sich finden, so hart ist auch die Realität, dass sich angesichts vieler Ehen im Mittel auch etwas häufiger Scheidungen auftun werden. 2023 ist also ein rein rechnerisch geeigneter Zeitpunkt, um einmal darauf zu schauen, ob eine Scheidung nach fünf Jahren Ehe - oder auch eine Scheidung nach fünf Jahren Trennung - Fragen aufwerfen, die sich bei anderen Scheidungen oder Trennungen nicht stellen.

Gibt es ein „verflixtes fünftes Ehejahr“?

Es dürfte wenig überzeugende Gründe dafür geben, dass ein Paar fünf Jahre verheiratet war und dann die Scheidung ausgerechnet nach fünf Jahren Ehe in die Wege leitet. Hier lässt sich nur spekulieren. Im Vordergrund dürften die Lebensumstände stehen, die ein Paar veranlassen, eigene Wege zu gehen. Vielleicht dauert es auch eine gewisse Zeit, bis sich ein Partner zu der Erkenntnis durchringt, dass man nicht zueinander passt und es besser ist, auch nach fünf Jahren Ehe die Scheidung einzureichen. Hier könnte man die Weisheit „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Ende ohne Schrecken“ vermuten.

Genauso ist das „verflixte siebte Ehejahr“ ein echter Mythos. Die durchschnittliche Ehedauer liegt nämlich statistisch bei 14,5 Jahren. Daran ändert auch nichts die Statistik, dass im Jahr 2021 nach einer Ehedauer von sieben Jahren immerhin 7.286 Ehen geschieden wurden. Anzunehmen ist eher, dass der Mythos mit der magischen Kraft der Zahl „7“ zusammenhängt. Die Zahl begegnet einem in vielen Märchen oder auch beispielsweise auch darin, dass sich der menschliche Organismus im Abstand von etwa sieben Jahren runderneuert.

Was kostet eine Scheidung nach 5 Jahren Ehe?

Ehepartner scheuen oft die Kosten einer Scheidung und schieben die Scheidung vor sich her. Die damit einhergehenden Nachteile, die sich unter anderem im Hinblick auf Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich oder Erbrecht ergeben, werden unterschätzt.

Dabei sind die Kosten einer Scheidung im Prinzip unabhängig davon, wie lange eine Ehe oder wie lange die Trennung gedauert hat. Unterschiede ergeben sich allenfalls daraus, dass es nach einer längeren Trennungsphase weniger regelungsbedürftige Scheidungsfolgen gibt, eben weil sich vieles von selbst irgendwie erledigt hat. So ist oft

  • der Hausrat aufgeteilt,
  • die Beziehung zu den gemeinsamen Kindern geregelt oder
  • die Frage des Unterhalts hat sich erledigt.

Genauso gut lässt es sich aber auch behaupten, dass eine Scheidung teurer wird, wenn die Ehe lange Jahre gedauert hat und es insoweit schwierig ist, die eheliche Lebensgemeinschaft auseinanderzudividieren.

Gibt es eine automatische Scheidung nach 5 Trennungsjahren?

Die Scheidung erfolgt frühestens nach Vollzug des Trennungsjahres. Voraussetzung ist, dass die Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt. Ist ein Ehepartner mit dem Scheidungsantrag des anderen nicht einverstanden, wird die Ehe spätestens nach Ablauf von drei Jahren auch gegen den Willen des Ehepartners geschieden. Eine Scheidung nach 5 Jahren Getrenntleben hat insoweit keine eigenständige Bedeutung. Eine automatische Scheidung gibt es jedoch nicht. Jede Scheidung erfordert immer den Antrag wenigstens eines Ehepartners.

Nachteile einer erst nach 5 Jahren durchgeführten Scheidung

Ein Ansatzpunkt besteht darin, ob es Vorteile oder Nachteile hat, wenn die Scheidung erst nach fünf Jahren Trennung erfolgt. Manche können es kaum erwarten, andere lassen sich Zeit. Insoweit ist die Frage berechtigt, ob eine Trennung ohne Scheidung Nachteile hat. Kein Ehepartner ist verpflichtet, nach der Trennung unbedingt die Scheidung einzuleiten. Sie könnten als Ex-Partner trotz Ihrer Trennung Ihr gesamtes Leben zubringen, ohne jemals geschieden zu werden.

Der Wunsch nach Scheidung ergibt sich meist daraus, dass ein Partner erneut heiraten oder endlich vollendete Tatsachen schaffen möchte. Aus rechtlicher Sicht kann es aber auch handfeste Gründe geben, die Scheidung nicht aufzuschieben. Ein entscheidender Grund für die Scheidung besteht darin, dass die Zustellung des Scheidungsantrags an den Ehepartner durch das Familiengericht konkrete Rechtsfolgen nach sich zieht. Mit der Zustellung wird der Scheidungsantrag „rechtshängig“. Der Tag der Rechtshängigkeit ist der Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs und des Versorgungsausgleichs.

  • Rentenanwartschaften, die ein Ehepartner im Monat nach diesem Stichtag erwirbt, fallen nicht mehr in den Versorgungsausgleich. Gleiches gilt für eventuelle Zugewinne oder Vermögensverluste. Treten diese nach dem Stichtag ein, spielen sie für die Durchführung des Zugewinnausgleichs keine Rolle. Schulbeispiel ist der Lottogewinn. Gewinnt ein Partner nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags im Lotto, profitiert der andere nicht vom Gewinn.
  • Nachteilig kann sich auswirken, wenn ein Ehepartner alleiniger Eigentümer der ehelichen Wohnung ist und die Wohnung nach der Trennung einen Wertzuwachs erfährt. Dies gilt insbesondere, wenn der Partner die Wohnung renoviert und deren Wert steigert. Kommt es erst dann zur Scheidung, schlägt sich der Wertzuwachs im Zugewinnausgleich nieder.
  • Ein weiterer Grund kann darin bestehen, dass das gesetzliche oder testamentarisch begründete Erbrecht des Ehepartners entfällt, wenn dieser verstirbt und die Scheidung beantragt oder der Ehepartner dem Scheidungsantrag des verstorbenen Ehepartners zugestimmt hatte. So kann auch das gemeinschaftlich mit dem Ehepartner errichtete Testament (meist ein „Berliner Testament“) nicht einfach einseitig durch die Errichtung eines neuen Testaments abgeändert werden.

Unter all diesen Aspekten kann es also sehr wohl ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft darstellen, die Scheidung nach dem Vollzug des Trennungsjahres nicht allzu lange aufzuschieben. Wer damit bis zu fünf Jahre zuwartet, riskiert unter Umständen erhebliche wirtschaftliche Nachteile.

Besteht bei Trennung nach 5 Jahren Anspruch auf Unterhalt?

Nach der Trennung haben Sie als wirtschaftlich schwächerer Ehepartner Anspruch auf Trennungsunterhalt. Je länger die Trennung dauert, desto mehr wachsen Sie in die Verpflichtung hinein, für Ihren eigenen Lebensunterhalt gerade zu stehen. Gehen Sie davon aus, dass sich der Anspruch auf Trennungsunterhalt mit Ablauf des Trennungsjahres immer schwieriger begründen lässt. Betreuen Sie Ihr minderjähriges Kind, haben Sie zwar Anspruch auf Betreuungsunterhalt, müssen aber wahrscheinlich eigenes Geld verdienen, sobald das Kind das dritte Lebensjahr vollendet und nicht mehr betreuungsbedürftig ist.

Beantragen Sie also nach fünf Jahren Trennung die Scheidung, dürfte es zudem auch ziemlich schwierig werden, nachehelichen Ehegattenunterhalt einzufordern. Mit der Scheidung tritt der Grundsatz der Eigenverantwortung in den Vordergrund. Sie müssen sich selbst unterhalten. Wenn Sie bis dahin noch keinen Unterhalt gefordert haben, dürfte es kaum zu begründen sein, warum Sie jetzt ausgerechnet nach der Scheidung Unterhalt beanspruchen könnten. Insoweit ist der Anspruch, Unterhalt zu bekommen, eine unmittelbare Folge Ihrer Trennung. Dieser Anspruch verwässert und gilt als „verwirkt“, wenn Sie Ihre Rechte längere Zeit nicht geltend machen. Im Übrigen richtet sich die Dauer des nachehelichen Unterhalts nach der Dauer der Ehe und nicht danach, wie lange Sie getrennt gelebt haben.

Warum manche Partner die Scheidung erst nach 5 Jahren Trennung beantragen (Vorteile)

Trotz aller rechtlicher Bedenken lassen sich viele Paare nach der Trennung nicht sofort scheiden und beantragen die Scheidung erst nach fünf Jahren Trennung. Die Statistik bestätigt diesen Umstand. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein.

Persönliche Gründe

Die Partner fühlen sich noch immer einander verbunden und scheuen davor zurück, ihre gemeinsame Lebensgeschichte mit der Scheidung infrage zu stellen. Der eine wartet auf den anderen und überlässt es ihm oder ihr, diesen entscheidenden Schritt zu tun. Oft ist es das fortgeschrittene Alter der Partner, die keinen Grund mehr darin sehen, ihre ohnehin nicht mehr bestehende Lebensgemeinschaft auch noch formal mit dem Scheidungsbeschluss aufheben zu lassen.

Rücksicht auf die Kinder

Sind aus der Ehe Kinder hervorgegangen, besteht oft der Wunsch, den Kindern die mehr oder weniger heile Welt der Familie zumindest solange zu bewahren, bis die Kinder älter sind und die Beziehung der Eltern zueinander besser einschätzen können und bereit sind, mit einer Scheidung zurechtzukommen.

Gemeinsame Immobilie

Grund kann auch sein, dass die Ehepartner die Trennung in der gemeinsamen Immobilie vollziehen, keiner ausziehen möchte oder keiner finanziell in der Lage ist, eine eigene Wohnung anzumieten. Irgendwann tritt dann aber doch die Einschätzung zu Tage, dass das nebeneinander herleben nicht ideal ist. Wird dann die gemeinsame Immobilie verwertet, geht damit oft die Scheidung einher.

Zu wenige Mittel für eine Scheidung?

Kein Grund sollte jedenfalls sein, dass ein Ehepartner glaubt, sich eine Scheidung nicht leisten zu können. Die Verfahrenskosten, die sich aus den Gebührenforderungen der Gerichtskasse und des beteiligten Rechtsanwalts ergeben, lassen sich nämlich über die staatliche Verfahrenskostenhilfe abdecken. Dann übernimmt weitgehend die Staatskasse die Verfahrensgebühren.

Scheidung nach 5 Jahren – ja oder nein?

Trennen Sie sich von Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin, sollten Sie nichts überstürzen. Gerade, wenn es um die Scheidung geht, empfiehlt sich, mit Bedacht und möglichst wirtschaftlicher Vernunft vorzugehen. Gerne gebe ich Ihnen bei der Abwicklung aller rechtlichen Geschicke das nötige Geleit, um die Vergangenheit nach fünf oder wie vielen Jahren auch immer hinter sich zu lassen. Gerne stellen Sie mir Ihre Fragen bezüglich dieses Artikels.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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