Scheidung und Unterhalt im Alter

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Zu alt ist man nie. Auch nicht für Trennung und Scheidung. Trotzdem ist es wichtig, dass Sie sich im Klaren sind, mit welcher Perspektive Sie Ihr neues Leben beginnen. Schließlich müssen Sie die Scheidung emotional und wirtschaftlich verkraften sowie organisatorisch umsetzen können. Nicht umsonst heißt es, dass eine Scheidung im Alter oft dazu führt, dass die Partner „zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel haben“. Sprechen wir darüber, ob die Abwicklung Ihrer Ehe im Hinblick auf Ehegattenunterhalt, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich sowie sonstiger Aspekte eine ausreichende Lebensgrundlage schafft, auf der Sie Ihr neues Leben organisieren können.

Sind Scheidungen im Alter teurer als Scheidungen in jungen Jahren?

Scheidungen kosten Geld. Sie benötigen auch bei der einvernehmlichen Scheidung wenigstens 1 Rechtsanwalt und müssen die Gebühren für die Durchführung des Scheidungsverfahrens beim Familiengericht bezahlen. Sofern Sie Ihre Scheidung streitig führen, benötigt auch der Partner einen eigenen Rechtsanwalt. Diese Aspekte gelten jedoch für jede Scheidung. Auch wenn Sie sich im Alter scheiden lassen, fallen die gleichen Gebühren an, als wenn Sie sich in jungen Jahren scheiden lassen.

Ein Unterschied ergibt sich aber daraus, dass Scheidungskosten im Alter oft allein deshalb stärker zu Buche fallen, weil die Ehepartner über höhere Vermögenswerte verfügen und die Abwicklung der Ehe, vor allem wenn diese lange Jahre gedauert hat, deutlich aufwändiger und damit gebührenintensiver ausfällt.

Höhere Gebühren für Zugewinn nach langer Ehe

Zum Beispiel dann, wenn Sie den Zugewinnausgleich durchführen. Beträgt der Zugewinn eines jungen Paares 20.000 EUR, fallen bei der Beteiligung von zwei Rechtsanwälten für jeden beteiligten Rechtsanwalt Gebühren von insgesamt ca. 3.128 EUR an. Hinzu kommen die Gerichtskosten. Haben Sie in den langen Jahren Ihrer Ehe 50.000 EUR Zugewinn erzielt, betragen die Rechtsanwaltsgebühren für jeden Rechtsanwalt bereits 4.148 EUR zuzüglich der Gerichtsgebühren.

Gesteigerter Lebensstandard kann höheren Ehegattenunterhalt begründen

Ähnlich ist es, wenn Sie sich wegen des Ehegattenunterhalts nach der Scheidung streiten. Dessen Höhe richtet sich nicht danach, ob ein Ehepartner allein ein gewisses Alter erreicht hat. Er bestimmt sich vielmehr nach Ihren ehelichen Lebensverhältnissen, und je länger Sie verheiratet waren, dürfte sich auch Ihr gemeinsamer Lebensstandard fortlaufend gesteigert haben. Die Gebühren für Anwalt und Gerichtskasse richten sich nach der Höhe Ihrer Forderung. Fordern Sie beispielsweise 500 EUR Ehegattenunterhalt, ergibt sich ein Verfahrenswert von 12 x 500 EUR = 6.000 EUR. Nach diesem Verfahrenswert berechnen sich die Gebühren für Ihr Scheidungsverfahren.

Tipp: Scheidungsfolgesachen außergerichtlich klären

Sie können einen Teil dieser Gebühren problemlos einsparen. Dazu brauchen Sie sich „nur“ auf eine einvernehmliche Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen zu verständigen. Dann genügt es, wenn Sie lediglich die Scheidung beim Familiengericht beantragen. Den Zugewinnausgleich oder den Ehegattenunterhalt hingegen regeln Sie in einer Scheidungsfolgenvereinbarung, die Sie unter anwaltlicher Begleitung im Hinblick auf die finanzielle Tragweite der Vereinbarung notariell beurkunden sollten. Es empfiehlt sich, den Streit wegen aller anderen Scheidungsfolgen gleichfalls im gegenseitigen Einvernehmen in einer solchen Scheidungsfolgenvereinbarung zu entschärfen.

Was, wenn es gar keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt gibt?

Das Scheidungsrecht bestimmt, dass jeder Partner nach der Scheidung für den eigenen Unterhalt selber sorgen muss. Geschiedenenunterhalt gibt es auch für jene Frauen nicht mehr, die sich während der Ehe um Haushalt und Kinder kümmerten. Vor allem ältere Frauen, die nach langer Ehe geschieden wurden, erhalten wegen der langen Familienphase oft nur schlecht bezahlte aus Aushilfsjobs und können nur noch wenige Rentenansprüche sammeln.

Anspruch auf Ehegattenunterhalt nach der Scheidung haben Sie nur noch in Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn Sie infolge einer fortdauernden Erkrankung oder Gebrechlichkeit oder wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit kein eigenes Geld verdienen können.

Tipp: Fortbildung und Umschulung finanzieren lassen

Sie haben nach der Scheidung Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch den Ex-Partner, wenn Sie sich

  • ausbilden,
  • fortbilden
  • oder umschulen lassen und damit das Ziel verfolgen, danach auf eigenen Füßen stehen zu können.

Voraussetzung ist natürlich, dass der Ex-Partner wirtschaftlich in der Lage ist, Unterhalt zu zahlen.

Kostenfaktor Versorgungsausgleich im Alter

Muss wegen der Scheidung der Versorgungsausgleich berechnet und durchgeführt werden, riskieren Sie Ihre angemessene Altersversorgung. Würden Sie verheiratet bleiben, stünde die Rente in voller Höhe beiden Ehepartnern gemeinsam zu. Bestenfalls reicht die Rente aus, Ihr gemeinsames Leben zu gestalten. Wird jedoch der Versorgungsausgleich durchgeführt, werden Ihre Rentenanwartschaften oder Ihre bereits gezahlte Rente aufgeteilt. Derjenige Ehepartner, der weniger Rentenanwartschaften erworben hat oder weniger Rente bezieht, hat Anspruch, an der höheren Rente des Partners beteiligt zu werden. In der Konsequenz werden Sie nach der Scheidung beide Ihren Lebensstandard absenken müssen.

Tipp: Rentenansprüche binnen 36 Monaten zurückholen

Stirbt ein Partner, bevor er oder sie das Rentenalter erreicht hat, kann sich der überlebende Ehepartner seine reduzierten Rentenansprüche wieder zurückholen. Gleiches gilt, wenn der Ex-Partner die Rente nicht länger als 36 Monate bezogen hat. Sie können dann einen formlosen Antrag auf „Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person“ beim Rentenversicherungsträger stellen.

Neubegründung eines eigenen Haushalts im Alter

Trennen Sie sich und ziehen aus Ihrer ehelichen Wohnung aus, müssen Sie Ihren Hausstand neu organisieren. Im ungünstigsten Fall starten Sie bei null. Dazu müssen Sie Ihre Wohnung neu einrichten, Sie benötigen

  • Möbel,
  • Geschirr,
  • eine Küche,
  • Elektrogeräte

und möchten wahrscheinlich alles so gestalten, dass Sie sich genauso wohlfühlen wie in Ihrer früheren Wohnung. Der Umzug und der Aufwand dafür können emotional und vor allem finanziell sehr belastend sein.

Kranken- und Pflegeversicherung nach langer Ehe

War ein Ehepartner in der Ehe gesetzlich in der Krankenversicherung des Partners familienversichert, fällt dieser Schutz nach der Scheidung weg. Der familienversicherte Partner muss sich nach der Scheidung eigenständig kranken- und pflegeversichern. Schwierig wird es, wenn die Partner bislang privat krankenversichert waren. Ab 55 Jahren bleibt der Weg in die günstigere gesetzliche Krankenversicherung verschlossen, sodass der Ex-Partner auch nach der Scheidung den Kostenaufwand für die private Krankenversicherung aus eigener Tasche bezahlen muss.

Kein Erbrecht bei der Scheidung

Bereits Ihre Trennung kann dazu führen, dass Ihr Erbrecht entfällt. Solange Sie verheiratet sind, haben Sie als überlebender Ehepartner ein gesetzliches Erbrecht. Dieses gesetzliche Erbrecht entfällt, wenn der verstorbene Ehepartner die Scheidung beantragt oder der Ex-Partner Ihrem Scheidungsantrag zugestimmt hatte.

Soweit Sie testamentarisch zum Erben bestimmt wurden, wird im Regelfall mit der Scheidung auch das Testament hinfällig, sofern nicht anzunehmen ist, dass der verstorbene Ex-Partner Sie auch nach seinem Ableben als Erbe bedenken wollte.

Alles in allem

Die Scheidung im Alter kann eine erhebliche finanzielle Belastung mit sich bringen. Sie sollten also genau kalkulieren. Sehen Sie keine andere Option, empfiehlt sich, zumindest Kurzschlusshandlungen zu vermeiden und sich strategisch auf die Abwicklung Ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft vorzubereiten. Eine gute Empfehlung ist jedenfalls, dass Sie Ihre Scheidung wenigstens als einvernehmliche Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen betreiben und eventuelle Scheidungsfolgen außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln. Gerne geben wir Ihnen dabei das notwendige anwaltliche Geleit. Richten Sie Ihre Fragen dazu auch über das untenstehende Kontaktformular.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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