Scheinselbständigkeit – Vorsicht Falle!

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Selbständige, die ihre Aufträge überwiegend von einem Auftraggeber erhalten, sollten sich unbedingt mit dem Thema Scheinselbständigkeit befassen.

Scheinselbständigkeit bezeichnet einen Zustand, in dem die betreffende Person nur zum Schein selbständig tätig ist. Das heißt, diese Person:

  • bezieht den Großteil ihrer Aufträge und der resultierenden Einnahmen dauerhaft von einem Auftraggeber,
  • erfüllt eine Aufgabe, die auch andere Arbeitnehmer des Auftraggebers erfüllen können,
  • ist zeitlich an die Weisungen des Auftraggebers gebunden und
  • trägt kein Unternehmerrisiko.

Als Faustregel gilt: Wer wie ein Arbeitnehmer behandelt wird und vielleicht sogar im Krankheitsfall Lohnfortzahlungen bezieht, ist kein Freiberufler mehr, sondern ein Arbeitnehmer. Ihr Auftraggeber wird zu Ihrem Arbeitgeber.

Scheinselbstständigkeit lässt sich nicht vermeiden, indem eine Tätigkeit im Vertrag als freiberuflich oder selbstständig bezeichnet wird. Das Einzige was zählt, ist die reale Ausgestaltung des Auftragsverhältnisses. Es sollte also ein geschäftliches Konzept gewählt werden, bei dem tatsächlich selbstständig und eigenverantwortlich für mehrere Kunden gearbeitet wird. Rechtssicherheit lässt sich über ein am Anfang der Zusammenarbeit beantragtes Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung erreichen.

Insbesondere der Auftraggeber sollte sicherstellen, dass keine Scheinselbständigkeit vorliegt. Denn: Stellt der Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung nachträglich Scheinselbstständigkeit bei freien Mitarbeitern im Betrieb fest, müssen:

  • für mehrere Jahre Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden; Säumniszuschläge kommen unter Umständen noch dazu.
  • Darüber hinaus kann vom Finanzamt für mehrere Jahre Nachzahlung der Lohnsteuer verlangt werden, allerdings unter Anrechnung der vom Mitarbeiter gezahlten Einkommenssteuer.
  • Unter Umständen kommt sogar ein strafbares Verhalten in Betracht (u. a. nach § 266a StGB – Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt; es drohen eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe). Weitere Straf- und Bußgeldvorschriften sieht das Steuerrecht vor, z.B. für Steuerhinterziehung (§ 370 AO), Steuerverkürzung (§ 378 AO) oder Steuergefährdung (§ 379 AO). Hiervon wäre gegebenenfalls auch der Mitarbeiter betroffen.
  • Bei festgestellter Scheinselbständigkeit könnte der freie Mitarbeiter außerdem versuchen, seinen Status als Arbeitnehmer einzuklagen, so dass er in jeder Hinsicht wie ein Arbeitnehmer zu behandeln wäre.

Gegen entsprechende Beitragsbescheide der Deutschen Rentenversicherung besteht innerhalb eines Monats die Möglichkeit des Widerspruchs. Im Widerspruchsverfahren wäre dann darzulegen, dass der Auftragnehmer in Wahrheit selbständig tätig ist.

Falls Scheinselbständigkeit festgestellt werden sollte, ergeben sich darüber hinaus für den Mitarbeiter zusätzlich folgende Konsequenzen:

  • Vom Auftraggeber kann er rückwirkend für maximal drei Monate auf die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Anspruch genommen werden.
  • Es kann sich die Notwendigkeit einer Umsatzsteuerberichtigung ergeben, wenn Umsatzsteuer auf den Rechnungen ausgewiesen und bei Rechnungen von anderen Unternehmern Vorsteuer abgezogen wurde.
  • Grundsätzlich ändert sich die steuerliche Situation.
  • Hauptfolge ist, dass das Geschäftskonzept des Mitarbeiters endet, er muss sein Gewerbe abmelden. Die Einnahmen bleiben aus; seine finanzielle Existenz ist gefährdet.
  • Da nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wurde und sich die Klärung von Nachzahlungsansprüchen gegen den Auftraggeber länger hinziehen kann, wird das Jobcenter nicht sofort Arbeitslosengeld zahlen.
  • Ob eine Weiterbeschäftigung als Arbeitnehmer erzwungen werden kann, richtet sich gegebenenfalls nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Dieses ist wiederum nicht an die Entscheidungen der Rentenversicherung gebunden und wird unter Umständen in erster Linie prüfen, ob man irgendwelche alten Vereinbarungen als Arbeitsvertrag auslegen kann.

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