Scheinselbstständigkeit: Keine Sozialversicherungspflicht für selbstständige Friseurin bei Stuhlmiete

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In einem Urteil des Sozialgerichtes Stuttgart vom 13.08.2015 (AZ: S 4 R 1398/13) hatte das Gericht über die sozialversicherungsrechtliche Bewertung einer sogenannten „Stuhlmiete“ zu befinden. Der beklagte Rentenversicherungsträger hatte die Klägerin zur Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum der durchgeführten Stuhlmiete der Beigeladenen im Friseursalon der Klägerin veranlagt.

Die beigeladene selbstständige Friseurmeisterin hatte ein Gewerbe als „Mobile Friseurin“ angemeldet. Regelmäßig einmal pro Woche frisierte sie ihre Kunden im Salon der Klägerin, wozu im Salon der Klägerin ein Stuhl angemietet wurde. Als Mietentgelt für die Nutzung des Stuhls und der Großgeräte der Klägerin waren 30 % des Umsatzes der Beigeladenen vereinbart.

Diese Verfahrensweise unter den Beteiligten wertete das Sozialgericht Stuttgart unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. hierzu Urteil vom 31.03.2015 – AZ: B 12 KR 17/13 R) nach dem Gesamtbild der Tätigkeit als selbstständig-unternehmerische Tätigkeit der Beigeladenen. Zwar spreche für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen der Umstand, dass diese in der Betriebsstätte der Klägerin tätig war und dort neben dem Stuhl auch die im Übrigen vorhandenen Großgeräte der Klägerin nutzte. Auch sei die Beigeladene an die Öffnungszeiten der Klägerin weitgehend gebunden gewesen. Entscheidend sei aber zu beachten gewesen, dass die Beigeladene über einen eigenen Kundenstamm verfügt und diesbezüglich keinerlei Weisungen der Klägerin unterlegen habe und bei der Kundenbedienung im Übrigen nicht in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Die Beigeladene habe ihre Zeit im Salon der Klägerin frei einteilen können und sei auch bei der Terminvergabe frei gewesen. Darüber hinaus seien die Termine hauptsächlich von der Beigeladenen selbst vergeben worden, auch habe sie über eine eigene Kasse verfügt und das Geld direkt von ihren Kunden entgegengenommen. Auch seien Umsatzmieten im gewerblichen Bereich keinesfalls unüblich, sodass sich die Rechtsbeziehungen zwischen den beiden Friseurmeisterinnen nach der gebotenen Gesamtbewertung als selbstständig-unternehmerisch darstellten.

Auch diese Entscheidung verdeutlicht, dass die im Einzelfall schwierige Abgrenzung abhängig beschäftigter Tätigkeiten von selbstständig unternehmerischen gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV regelmäßig von den Fallbesonderheiten des Einzelfalls abhängt. Bei der Gestaltung derartiger Rechtsbeziehungen sollte deshalb möglichst frühzeitig fachanwaltliche Unterstützung in Anspruch genommen werden.

Deshalb ersetzt dieser Beitrag, für den wir keine Haftung übernehmen, keine Beratung im Einzelfall.

Rechtsanwalt Andreas Klinger

Fachanwalt für Sozialrecht und Verwaltungsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel


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