Schuldner ist weg, was passiert mit meiner Forderung?

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In Zeiten, in denen die Zahlungsbereitschaft abnimmt, finden Schuldner immer wieder kreative Wege, sich der Geltendmachung offener Ansprüche zu entziehen – und dies betrifft noch nicht einmal die Phase der tatsächlichen Vollstreckung, sondern bereits die der Titulierung der Forderungen. Die Bandbreite der Methoden reicht von einem „nicht vorhandenen“ bis hin zu einem „variablen Briefkasten“. Beeinflusst der Umzug des Schuldners eigentlich unbekannterweise den Beginn der Verjährungsfrist der Forderung?

Was ist eigentlich eine Verjährungsfrist?

Die Verjährungsfrist ist der Zeitraum, in dem ein Gläubiger seine Ansprüche durchsetzen kann. Nach Ablauf dieser Frist verliert der Anspruch seine Durchsetzbarkeit, und der Schuldner hat das Recht, die Leistung zu verweigern. Die Länge der Verjährungsfristen variiert je nach Art des Anspruchs und ist in den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen festgelegt. In Deutschland beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist beispielsweise drei Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste

Urteil stärkt die Position der Gläubiger

Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 14.06.2023 (Aktenzeichen 4 U 93/22) wichtige Feststellungen zum Thema Verjährungsfristen und deren Beginn getroffen. Auch für das OLG startet die Verjährungsfrist eines Anspruchs erst nach dem Ende des Jahres, in dem sowohl der Anspruch entstanden ist als auch der Gläubiger Kenntnis von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat. Entscheidend sei dabei, dass unter der „Person des Schuldners“ nicht nur der Name, sondern explizit auch die aktuelle, für Zustellungen geeignete Adresse verstanden wird.

Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil wirkt sich direkt auf die häufige Praxis aus, in der Schuldner durch Umzug und Nichtmitteilung ihrer neuen Adresse versuchen, sich der Forderungsdurchsetzung zu entziehen. Gerade in Fällen, in denen eine öffentliche Zustellung aufgrund hoher Hürden nicht möglich ist und andere Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung nicht zur Verfügung stehen, bietet die Entscheidung eine willkommene Stärkung der Gläubigerposition.

Offene Fragen und Gläubigerpflichten

Unbeantwortet bleibt jedoch, inwiefern Gläubiger verpflichtet sind, aktiv nach einer neuen Adresse des Schuldners zu suchen, falls die Post mit dem Vermerk „unbekannt verzogen“ zurückkommt. Welcher Ermittlungsaufwand ist nötig, um nicht der grob fahrlässigen Unkenntnis beschuldigt zu werden, und wer trägt die Beweislast bei Nichtzustellung? Diese Fragen bedeuten, dass Gläubiger sich nicht zurücklehnen dürfen, sondern gefordert sind, aktiv zu bleiben und ihre Bemühungen sorgfältig zu dokumentieren.

Maßnahmen für Gläubiger

Als Gläubiger sind Sie gut beraten, proaktiv zu handeln, um Ihre Ansprüche zu schützen und die Risiken, die mit der Verjährung verbunden sind, zu minimieren. Hier einige empfohlene Schritte:

Überwachung und Dokumentation: Halten Sie alle Informationen über Ihre Schuldner und deren Aufenthaltsorte sorgfältig fest. Dokumentieren Sie jeden Kommunikationsversuch und alle relevanten Ereignisse.

Forderungsmanagement: Nutzen Sie effektive Forderungsmanagement-Praktiken, um frühzeitig auf ausbleibende Zahlungen zu reagieren und bei Bedarf Mahnverfahren einzuleiten.

Rechtzeitige Rechtsberatung: Ziehen Sie frühzeitig juristischen Rat hinzu, insbesondere wenn Sie Schwierigkeiten haben, den Aufenthaltsort des Schuldners zu ermitteln. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, die Möglichkeiten der Anspruchsverfolgung auszuloten und die Verjährung gegebenenfalls zu hemmen.

Verjährungshemmung und -unterbrechung: Informieren Sie sich über die Möglichkeiten, die Verjährung zu hemmen oder zu unterbrechen. Zum Beispiel kann die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren oder die Erhebung einer Klage die Verjährung unterbrechen.

Rechtstipp:

Der unbekannte Wegzug eines Schuldners stellt Gläubiger vor besondere Herausforderungen im Forderungsmanagement. Während der Umzug an sich nicht automatisch den Beginn der Verjährungsfrist hinauszögert, kann die Unkenntnis des Aufenthaltsortes des Schuldners praktische Hindernisse bei der Durchsetzung von Ansprüchen schaffen. Es ist entscheidend, dass Gläubiger proaktive Schritte unternehmen, um ihre Ansprüche zu wahren und sich gegen das Risiko der Verjährung zu schützen. Dazu gehört eine sorgfältige Überwachung und Dokumentation der Schuldnerdaten, ein effizientes Forderungsmanagement, die frühzeitige Einholung juristischen Rats und die Kenntnis der rechtlichen Mittel zur Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung.

Wie können wir helfen?

Die Kanzlei Mutschke ist in Deutschland als eine der führenden Kanzleien im Bereich des Forderungsmanagement tätig. Kontaktieren Sie uns, gerne helfen auch wir Ihnen!

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Foto(s): pixabay


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