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Schulrecht: § 51 Thüringer Schulgesetz (ThürSchulG) – Ordnungsmaßnahmen in Thüringen:

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Abgrenzung zwischen pädagogischen Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen in § 51 Schulgesetz Thüringen

Wie alle anderen Bundesländer hat auch Thüringen die Zweiteilung zwischen pädagogischen Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen:

  • Pädagogische Maßnahmen sind die niederschwelligen Ahndungen der täglichen pädagogischen Arbeit.
  • Ordnungsmaßnahmen sind die gravierenderen pädagogischen Ahndungen.

Pädagogische Maßnahmen in Thüringen – § 51 Abs. 1 ThürSchulG

Thüringen zählt Beispiele pädagogische Maßnahmen in § 51 Abs. 1 Schulgesetz Thüringen auf:

  • das Gespräch mit dem Schüler,
  • das Lob und die Ermahnung,
  • gemeinsame Gespräche mit Eltern und Lehrern,
  • die formlose Missbilligung des Fehlverhaltens,
  • die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, den Schüler sein Fehlverhalten erkennen zu lassen,
  • sowie das Nachholen schuldhaft versäumten Unterrichts nach Benachrichtigung der Eltern.

Darüber hinaus sind im niederschwelligen Grundrechtsbereich weitere pädagogische Maßnahmen denkbar.

Zeigen diese pädagogischen Maßnahmen keinen Erfolg, soll gegenüber den Eltern eine schriftliche Mitteilung erfolgen (Hinweis); bei schweren oder häufigen Pflichtverletzungen muss ein Hinweis erfolgen. Dies ist quasi die letzte Warnung vor Ordnungsmaßnahmen.

Ordnungsmaßnahmen in Thüringen – § 51 Abs. 2 ThürSchulG

Ordnungsmaßnahmen sind gravierendere Ahndungen, die den Grundrechtsbereich des Schülers massiv tangieren. In § 51 Abs. 2 Thüringer Schulgesetz heißt es:

Zur Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrages oder zum Schutz von Personen und Sachen können nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Ordnungsmaßnahmen gegenüber Schülern getroffen werden, soweit pädagogische Maßnahmen nach Absatz 1 nicht ausreichen.

Hierbei ist zu beachten, dass neuerdings recht schnell Ordnungsmaßnahmen verhängt werden. 

Nachfolgend die einzelnen Ordnungsmaßnahmen in Thüringen:

Der Verweis in Thüringen

Der schriftliche Verweis gem. Art. 51 Abs. 3 Nr. 1 ThürSchulG

Der schriftliche Verweis kann durch die einzelnen Lehrer ausgesprochen werden. Sie sind nach der schriftlichen Mitteilung die nächste Stufe einer verschärften Ermahnung, erreichen aber bereits das Stadium von Ordnungsmaßnahmen.

Man sollte demnach aufpassen, dass man nicht häufiger oder auch bei anderen Lehrern auffällt.

Der strenge Verweis durch den Schulleiter (Schulleiterverweis) gem. Art. 51 Abs. 3 Nr. 3 ThürSchulG

Der Schulleiterverweis ist in Thüringen bereits eine weitaus gravierendere Größenordnung. Hierdurch wird der Schüler bei der Schulleitung quasi aktenkundig, sodass die Gefahr weitergehender Ordnungsmaßnahmen deutlich wächst.

Der Ausschluss von besonderen Klassen- oder Schulveranstaltungen sowie vom Unterricht in Wahlfächern und freiwilligen Unterrichtsveranstaltungen gem. § 51 Abs. 3 Nr. 2 ThürSchulG

Hierbei wird es vor allem um Klassenfahrten gehen, wobei der Schwerpunkt in Thüringen darauf liegt, ob aufgrund des Verhaltens des Schülers eine Gefahr hinsichtlich der Durchführung der Klassenfahrt besteht …

Die Versetzung in eine Parallelklasse der gleichen Schule gem. § 51 Abs. 3 Nr. 4 Thüringer Schulgesetz

Für die Überweisung in eine Parallelklasse ist ein qualifizierter pädagogischer Verstoß innerhalb der Klasse erforderlich, der nur durch die Versetzung in die Parallelklasse zu lösen ist.

Der Ausschluss vom Unterricht in Thüringen

Der Unterrichtsausschluss bis maximal 6 Tage gem. § 51 Abs. 3 Nr. 5 ThürSchulG

Der Unterrichtsausschluss bis zu maximal 6 Tagen ist die häufigste Ordnungsmaßnahme in Thüringen. Durch den Unterrichtsausschluss darf man in dem Zeitraum nicht am regulären Unterricht seiner Klasse teilnehmen.

Der Unterrichtsausschluss lässt das Recht auf Bildung unberührt, d. h. der Schüler muss während des Unterrichtsausschlusses mit Unterrichtsmaterialien versorgt werden.

Unterrichtsausschlüsse sollte man immer sehr ernst nehmen, da diese meist eine Eigendynamik für weitergehende Ordnungsmaßnahmen beinhalten.

Der Unterrichtsausschluss bis zu 4 Wochen gem. § 51 Abs. 3 Nr. 6 ThürSchulG

Unterrichtsausschlüsse von mehr als einer Woche sind wegen des Rechts auf Bildung eher selten und bedürfen auch besonderer Angemessenheit. Dies gilt unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten umso mehr, wenn Schüler versetzungsgefährdet sind oder sich in einem Abschlussjahr befinden.

Zuweisung zu einer anderen Schule (§ 51 Abs. 3 Nr. 6 ThürSchulG)

Durch die Zuweisung zu einer anderen Schule wird das Schulverhältnis in der bisherigen Schule beendet. Das Schulamt bestimmt hierbei die neue Schule.

Der Ausschluss von der Schule auf Zeit oder auf Dauer gem. § 52 ThürSchulG

Diese Ordnungsmaßnahme unterliegt sehr hohen Anforderungen (Gefahr für die öffentliche Sicherheit).

Eine wesentliche Gefahr für die Unterrichtung der anderen Schüler ist insbesondere dann gegeben, wenn der Verbleib des Schülers den Schulfrieden so beeinträchtigen würde, dass die Aufrechterhaltung eines geordneten Schulbetriebs nicht mehr gewährleistet werden kann. 

Ein Anwendungsbereich ist allenfalls bei massiven Drogendelikten oder massiven Gewaltandrohungen denkbar und kommt in der Praxis selten vor, sodass ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehe.

Die Androhung von Ordnungsmaßnahmen in Thüringen

In § 51 Abs. 4 ThürSchulG heißt es:

Vor dem Ergreifen der Ordnungsmaßnahmen sind diese zunächst anzudrohen (…). Der Androhung bedarf es nicht, wenn eine sofortige Reaktion zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebs geboten erscheint.

In der Praxis ist es so, dass Unterrichtsausschlüsse, Ausschlüsse von Klassenfahrten oder Überweisungen in eine andere Klasse selten angedroht werden. Trotz des engen Wortlauts verhängen Schule regelmäßig gleich die endgültige Ordnungsmaßnahme.

Die Zuweisung zu einer anderen Schule wird indes meist vorher angedroht und wird auch meist erforderlich sein.

Die Anordnung der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen in Thüringen

Die Anordnung der Ordnungsmaßnahmen erfolgt gestaffelt nach Schweregrad:

  • Der schriftliche Verweis durch die Klassenlehrer.
  • Der strenge Verweis durch den Schulleiter.
  • Der Ausschluss von besonderen Klassen- oder Schulveranstaltungen durch den Schulleiter auf Beschluss der Klassenkonferenz.
  • Die Versetzung in eine Parallelklasse durch den Schulleiter auf Beschluss der Klassenkonferenz.
  • Der Ausschluss vom Unterricht für die Dauer von bis zu sechs Tagen durch den Schulleiter auf Beschluss der Klassenkonferenz.
  • Der Ausschluss vom Unterricht für die Dauer von bis zu vier Wochen durch den Schulleiter auf Beschluss der Lehrerkonferenz und mit Zustimmung des zuständigen Schulamts.
  • Die Zuweisung an eine andere Schule der gleichen Schulart durch das zuständige Schulamt; den Antrag stellt der Schulleiter auf Beschluss der Lehrerkonferenz.

Anhörung und Beteiligung von Schülern, Eltern und Dritten (§ 51 Abs. 4 ThürSchulG, § 51 Abs. 2 ThürSchulG)

Das Rechtsstaatsgebot gebietet (insbesondere auch unter Berücksichtigung des pädagogischen Inhalts von Ordnungsmaßnahmen), dass die betroffenen Schüler und deren Eltern vor Erlass einer Ordnungsmaßnahme beteiligt werden, man sie also anhört und deren Vorbringen auch berücksichtigt.

In § 51 Abs. 4 ThürSchulG heißt es:

Vor dem Ergreifen der Ordnungsmaßnahmen sind diese zunächst anzudrohen; die betroffenen Schüler sind anzuhören. Der Androhung bedarf es nicht, wenn eine sofortige Reaktion zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebs geboten erscheint. In den Fällen des Absatzes 3 Nr. 4 bis 7 sind die Eltern zu informieren, anzuhören und zu beraten.

Dies wird ergänzt durch § 51 Abs. 2 ThürSchulG:

Vor Verhängung der Ordnungsmaßnahmen gemäß Absatz 3 Nr. 3 bis 6 können die gewählten Schüler- und Elternvertretungen der Klasse auf Verlangen des Schülers oder seiner Eltern angehört werden.

Die Sinnhaftigkeit einer solchen Beteiligung muss natürlich in jedem Fall individuell beurteilt werden, da Elternbeiräte und Schülervertreter leider sehr häufig bedingungslos die Linie der Schule vertreten.

Voraussetzungen für Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen in Thüringen

Die Voraussetzungen für Ordnungsmaßnahmen sind in Thüringen nicht explizit geregelt. In § 51 Abs. 2 ThürSchulG heißt es lediglich:

Zur Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrages oder zum Schutz von Personen und Sachen können nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Ordnungsmaßnahmen gegenüber Schülern getroffen werden, soweit pädagogische Maßnahmen nach Absatz 1 nicht ausreichen.

Grundsätzlich setzt die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen demnach voraus, dass ein schulisches Fehlverhalten vorliegt. 

Die Zulässigkeit konkreter Ordnungsmaßnahmen wird in Thüringen demnach vor allem durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz reguliert. Allgemeine Aussagen können nicht getroffen werden, aus meiner jahrelangen Erfahrung als Anwalt für Schulrecht kann ich Ihnen indes für Ihren Fall gerne weiterhelfen, ob die Ordnungsmaßnahme überzogen ist.

Was tun bei Ordnungsmaßnahmen in Thüringen? Widerspruch gegen Ordnungsmaßnahmen in Thüringen

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Ordnungsmaßnahmen haben in Thüringen aufschiebende Wirkung, wobei dies in der Praxis keine große Rolle spielt, da Schulen dann meist den Sofortvollzug anordnen, was ohne weiteres möglich ist.

Auch in Thüringen werden Eltern demnach meist überrollt, da sie viel zu spät merken, dass Schulen die Ordnungsmaßnahmen trotz Widerspruchs vollziehen.

Aus diesem Grunde ist es besonders wichtig, dass Ordnungsmaßnahmen erst gar nicht verhängt werden, da nach Verhängung der Ordnungsmaßnahme meist kein Gespräch mehr mit der Schule möglich ist und man nur noch mit einem gerichtlichen Eilantrag die Ordnungsmaßnahme stoppen kann. 

Insofern ist es bei Ordnungsmaßnahmen meist sinnvoll, so früh als möglich anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, will man Schlimmeres verhindern.

Anfragen wegen schulische Ordnungsmaßnahmen behandle ich stets als Eilfälle, denn je schneller ich reagiere, desto mehr Optionen gibt es erfahrungsgemäß! Mehr Informationen erhalten Sie über meine Website www.ordnungsmaßnahmen-schule.de.

Rechtsanwalt Andreas Zoller

Anwaltskanzlei Zoller – Anwalt für Schulrecht


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