Sicherheit durch lebenslanges Wohnrecht im Grundbuch?

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Was ist das Wohnrecht?

Das Wohnrecht – oder auch Wohnungsnutzungsrecht – ist für den Begünstigten die Befugnis eine Immobilie oder einen Teil davon zu bewohnen. Es kann aber auch ein Werkzeug sein, um die Immobilie vor einer Zwangsversteigerung zu schützen oder diese zumindest zu erschweren.

Der Inhaber des Wohnrechts zahlt für die Bewohnung in der Regel keine Miete, wobei dies aber vertraglich auch anderes vereinbart werden kann. Der Wohnrechtsinhaber hat hingegen aber die laufenden Nebenkosten und die Instandhaltungskosten zu tragen. Grundlegende Umbaumaßnahmen muss hingegen der Eigentümer veranlassen und bezahlen.

Die Berechtigung in der Immobilie zu wohnen ist dabei entweder auf die eingetragene Person sowie deren Familie und Pfleger beschränkt oder erlaubt sogar noch weitere Personen. Der Umfang der gegenseitigen Rechte und Pflichten sollte zur Sicherheit zwischen dem Eigentümer und Wohnrechtsinhaber vertraglich vereinbart werden.

Häufige Fälle in der Praxis

In der Praxis wird ein Wohnungsrecht oft genutzt, wenn der bisherige Eigentümer das Grundstück an jemanden weitergeben/verkaufen will, selbst aber noch in der Immobilie wohnen will.

Es kommt daher oft vor, dass Eltern ihr Haus bereits an ihre Kinder weitergeben und für die Eltern ein lebenslanges Wohnrecht eingetragen wird. Dies kann die spätere Erbfolge erleichtern und sogar Erbschafts-/Schenkungssteuern sparen.

Ein anderer häufiger Fall ist, dass der Lebenspartner mit einem Wohnrecht eingetragen wird, damit im Todesfall der Lebenspartner in der Immobilie weiter wohnen bleiben kann und die Erben ihn nicht aus der Immobilie werfen können.

Verlust des eingetragenen Wohnrechts

Doch die Frage, die sich häufig stellt ist: „Wie sicher ist das lebenslange Wohnrecht denn, wenn es im Grundbuch eingetragen ist?“

Im Grundsatz ist das im Grundbuch eingetragene Wohnrecht sehr sicher. Das Wohnrecht kann zwar gelöscht werden, der Wohnrechtsinhaber muss dem jedoch vorher zustimmen. Ohne Ihre Zustimmung kann das Wohnrecht also nicht einfach gelöscht werden!

Das Wohnrecht erlischt jedoch automatisch beim Tod des Berechtigten, wenn ein vereinbarter Fristablauf eintritt oder wenn eine im Vorhinein vereinbarte Bedingung eintritt.

Das Wohnrecht erlischt hingegen nicht, wenn die Immobilie an einen neuen Eigentümer weiterverkauft oder vererbt wird! Genau das ist ja auch Sinn und Zweck eines Wohnrechts: Unabhängig davon, was mit dem Haus geschieht: Ihnen soll das Recht, in dem Haus zu wohnen, erhalten bleiben.

Doch beim Verkauf an einen neuen Eigentümer hat der Käufer bei einem eingetragenen Wohnrecht ein Problem: Der Käufer finanziert den Hauskauf meist über ein Darlehen. Die Bank hingegen gewährt dem Käufer das Darlehen nur, wenn sie für das Darlehen eine Sicherheit – meist in Form einer Grundschuld oder Hypothek erhält.

Für die Bank ist die Sicherheit jedoch nicht viel Wert, wenn auf dem Grundstück noch ein Wohnrecht eingetragen ist. Denn die Bank kann dann nicht ohne Weiteres die Zwangsvollstreckung betreiben und darauf hoffen ihre Forderungen voll bezahlt zu bekommen. Zum anderen ist auch der Kaufpreis deshalb niedriger, weil in der gekauften Immobilie jemand anderes bis zu seinem Tod leben kann.

Die Banken verlangen daher, dass der Käufer mit dem Wohnrechtsinhaber einen sogenannten „Rangrücktritt“ vereinbart. Geschieht dies nicht, gewährt die Bank meist nur noch ein geringes Darlehen, weil zum einen die Sicherheit weniger wert ist. Ein Rangrücktritt hat für den Inhaber des Wohnrechts zur Folge, dass sein lebenslanges Wohnrecht gefährdet ist. Kann der Käufer das Darlehen nicht mehr zurückzahlen, wird die Bank das Grundstück zwangsversteigern. Der Berechtigte des Wohnrechts muss dann aus der Immobilie ausziehen. Sein Wohnrecht ist dann also nichts mehr wert, er verliert seine Wohnung.

Der Wohnrechtsinhaber geht also ein Risiko ein, wenn er einen Rangrücktritt unterschreibt. Sollte er sich dafür entscheiden, sollte er sich für die Unterschrift aber in Geld entschädigen lassen. Nur so hat er für den Fall der Zwangsversteigerung und des Wohnungsverlustes etwas Geld beiseitegelegt, auf das er dann zugreifen kann, wenn er seine Wohnung durch die Zwangsversteigerung verliert.

Dabei wird berechnet, wie viel Miete dem Eigentümer entgeht, weil er die Wohnung nicht vermieten kann, sondern jemand unentgeltlich drin wohnt. Die Berechnung des Wertes erfolgt anhand von Sterbetabellen.

Doch auch wenn ein Rangrücktritt unterschrieben werden soll, gibt es Möglichkeiten, das Grundstück mit der Immobilie dennoch zu sichern. Dazu muss aber bereits bei der Eintragung des Wohnrechts und der Übertragung des Grundstücks eine sogenannte „Rückfallklausel“ vereinbart werden.

Von einer Rückfallklausel spricht man, wenn das Grundstück beispielsweise an die Kinder geschenkt wird und sich die Eltern ein lebenslanges Wohnrecht eintragen lassen. Bei der Schenkung vereinbaren die Parteien jedoch, dass der Schenkungsvertrag rückwirkend aufgelöst wird, sollte eine bestimmte Bedingung eintreten, wie beispielsweise die Zwangsvollstreckung oder Insolvenz bei den Kindern. In dem Fall könnten die Eltern das Grundstück eventuell zurückbekommen.

Steuerliche Aspekte

Aber Vorsicht: Die Eintragung eines Wohnrechts wirkt sich auch steuerlich oder erbrechtlich aus! Für die Berechnung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer erfolgt wieder eine Berechnung anhand der Sterbetabelle. Wenn beispielsweise später nach dem Tod des Eigentümers, der das lebenslange Wohnrecht seiner Lebensgefährtin gewährt hat, diese auf das Wohnrecht verzichtet, z. B. weil diese in eine andere Stadt zieht, ist der Sohn als Erbe der Immobilie steuerpflichtig. Dies liegt daran, weil die Immobilie durch den Wegfall des belastenden Wohnrechts eine Wertsteigerung erfährt. Ein solches Wohnungsrecht bindet den Grundstückseigentümer und seinen Rechtsnachfolger. Somit bereichert ihn umgekehrt der Verzicht darauf. Schließlich werde der „von einer Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse befreit“ und erfahre sein Grundstückseigentum eine Wertsteigerung. So begründete es der Bundesfinanzhof (BFH) in einem höchstrichterlichen Urteil (Az. II B 32/10). 

Wenn Eltern das Wohneigentum an Ihre Kinder schenken, um die Erbfolge bereits vorab zu regeln, ist dies unter Umständen sehr vorteilhaft, weil sich die Schenkungsfreibeträge alle 10 Jahre erneuern.

Unterschied zum Nießbrauch

Das Wohnrecht und das Nießbrauchrecht sind tatsächlich sehr unterschiedlich.

Bei einem Wohnrecht darf der Begünstigte nur in der Wohnung wohnen. Bei einem Nießbrauchrecht stehen dem Berechtigten viel mehr Rechte zu. Er darf die „Nutzungen“ aus der Sache ziehen. Das heißt, dass er selbst in der Wohnung wohnen darf. Kann oder will er dies nicht, ist er berechtigte diese „Nutzungen“ zu ziehen. Er darf die Wohnung also auch Vermieten. Dies ist besonders praktisch, wenn der Berechtigte pflegebedürftig wird und in ein Pflegeheim muss.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Bereich des im Grundbuch eingetragenen lebenslangen Wohnrechts sehr komplex ist und es viele Fallstricke zu beachten gibt. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Kim Oliver Klevenhagen der Rechtsanwaltskanzlei AdvoAdvice aus Berlin rät deshalb: „Aufgrund der Komplexität dieses Themas sollte man nicht ohne eine gute Beratung beim Notar einfach einen Vertrag über das Wohnrecht oder sogar den Rangrücktritt unterschreiben. Nur mit einer guten anwaltlichen Beratung lässt sich womöglich der Verlust der Wohnung von vorneherein vermeiden. Dazu muss man jedoch frühzeitig ansetzen.“

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme und geben Ihnen gerne eine kostenfreie, verständliche und für Sie nachvollziehbare Ersteinschätzung damit Sie wissen, wo Sie rechtlich stehen. Dann können wir gemeinsam entscheiden, ob und wie eine anwaltliche Begleitung erfolgversprechend und vor allem für Sie wirtschaftlich sinnvoll wäre.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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