Sind Rückzahlungsklauseln für Ausbildungskosten/Studienbeiträge/Fortbildungskosten zulässig?

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Rückzahlungsklauseln für Ausbildungskosten lassen sich in vielen Ausbildungsverträgen finden. Mithilfe dieser Vereinbarungen soll der Arbeitnehmer für den Fall seines vorzeitigen Ausscheidens aus einem Arbeitsverhältnis diejenigen Kosten zurückerstatten, die der Arbeitgeber zur Ausbildung aufwenden musste. An etwaige Rückzahlungsforderungen sind jedoch strenge Voraussetzungen geknüpft, weswegen sie oftmals unwirksam sind.

Ausbildungsverträge als Verbrauchervertrag

Grundlegend für die Beurteilung der Wirksamkeit von Rückzahlungsvereinbarungen sind die gesetzlichen Vorschriften über die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Die vertraglichen Regelungen unterliegen einer gesetzlichen Kontrolle, wenn die Bedingungen vom Arbeitgeber vorformuliert sind und damit nicht von den Parteien im Einzelnen ausgehandelt wurden. Arbeits- und Ausbildungsverträge stellen grundsätzlich einen Verbrauchervertrag dar, weshalb schon bei einmaliger Verwendung einer Klausel eine AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) erfolgt.

Generelle Anforderungen an Rückzahlungsklauseln

Generell lässt sich sagen, dass die Grenzen der Zulässigkeit von Rückzahlungsvereinbarungen enden, wenn damit beabsichtigt wird, dass die Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigt wird. Es gilt ein striktes Verbot einer unzulässigen Kündigungserschwerung (BAG, Urteil vom 31.05.1960, Az.: 5 AZR 505/58). Vielmehr soll mit einer solchen Klausel dem berechtigte Interesse des Arbeitgebers Rechnung getragen werden, dass eben dieser Zahlungen zurückverlangen kann, die im Vertrauen auf ein gedeihliches Beschäftigungsverhältnis leistet wurden.

Dabei sollte immer geprüft werden, ob das verfolgte Interesse gerechtfertigt ist, denn nur weil eine solche Klausel im Vertrag steht, bedeutet das nicht, dass diese wirksam ist. Es ist vielmehr zu überprüfen, ob die jeweilige Regelung einer Inhaltskontrolle standhält. Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders – entgegen Treu und Glauben – unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich unter anderem ergeben, wenn die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist zudem unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Belange des anderen hinreichend zu berücksichtigen oder in einen Ausgleich zu bringen.

Transparenz in der Vertragsgestaltung – Transparenzgebot

Die Rückerstattungsklausel muss für den Rückzahlungsverpflichteten verständlich sein. Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich bereits aus einer umständlichen Formulierung eine unangemessene Benachteiligung ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung verstößt die Klausel jedoch nicht schon dann gegen das Transparenzgebot, wenn der Arbeitnehmer keine Möglichkeit hat, die Regelung zu verstehen. Vielmehr liegt eine unangemessene Benachteiligung vor, wenn die Gefahr besteht, dass der Vertragspartner wegen unklar abgefasster Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.03.2008, Az.: 9 AZR 186/07).

Damit eine Rückzahlungsklausel dem Transparenzgebot genügt, muss sie die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen genau beschreiben. Für den Arbeitgeber – als Verwender – dürfen keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Deswegen muss eine Rückzahlungsklausel zumindest Art und Berechnungsgrundlagen der zu ersetzenden Kosten angeben, sonst kann der Arbeitnehmer sein Rückzahlungsrisiko nicht ausreichend abschätzen.

Anschlussarbeitsverhältnis muss in der Klausel skizziert sein

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass eine Vereinbarung unangemessen ist, wenn sie den Vertragspartner verpflichtet, vom Unternehmen übernommene Studiengebühren auch dann zu erstatten, wenn das Unternehmen nach Abschluss des Studiums keinen Arbeitsvertrag anbietet (BAG, Urteil vom 18.03.2104, Az.: 9 AZR 545/12).

Doch auch wenn ein Arbeitsvertrag angeboten wird, muss festgelegt sein, um was für eine Tätigkeit es sich handelt. So muss ausgeführt werden, welcher Art die Festanstellung nach Ende der Ausbildung/Studium sein soll. Werden weder Art der Tätigkeit noch Vergütung genannt und ist damit nicht erkennbar, welche Art der Tätigkeit der Auszubildende anzunehmen hätte, liegt Intransparenz vor.

Bindungsdauer darf nicht zu lang sein

Die meisten Rückzahlungsklauseln sehen vor, dass die geleisteten Kosten zurückzuzahlen sind, wenn der Arbeitnehmer nach Abschluss der Ausbildung nicht für eine bestimmte Zeit für das Unternehmen arbeitet. Grundsätzlich kann eine Bindungsdauer vereinbart werden. Allerdings darf diese Bindungsdauer nicht zu lang sein. Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung müssen ausgewogenen sein. Dies ist in erster Linie nach der Dauer der Aus- oder Fortbildungsmaßnahme, aber auch anhand der Qualität der erworbenen Qualifikation zu beurteilen. Bei der Beurteilung der angemessenen Bindungsdauer lassen sich keine pauschalen Aussagen treffen, denn hierbei geht es um richterrechtlich entwickelte Regelwerte, die einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind.

Klausel muss unterscheiden, wer kündigt und weswegen

In einer neueren Entscheidung stellt des BAG deutlich heraus, dass es eine Unterscheidung zwischen den Beweggründen einer Kündigung geben müsse. Unterscheidet eine Regelung in einem Ausbildungsvertrag nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers entstammt, und greift damit ohne Einschränkung auch dann ein, wenn die Kündigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber veranlasst wurde, wird ein Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt (BAG, Urteil vom 18.03.2104, Az.: 9 AZR 545/12).

Erstellt von: Rechtsanwalt Marc Sturm, Kanzlei Sturm, Dr. Körner & Partner in Aichach, in Zusammenarbeit mit stud. iur. Kevin Joder (Uni Konstanz).


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