Spanien führt einen nationalen Referenzindex für Mietverträge ein

  • 5 Minuten Lesezeit

Das sog. Ministerium für Wohnungswesen und städtische Agenda (Ministerio de Vivienda y Agenda Urbana) hat einen nationalen Referenzindex (im Folgenden Referenzindex) verabschiedet, um unverhältnismäßige Mieterhöhungen zu vermeiden. Die Einführung dieses Indexes war bereits im Gesetz 12/2023 vom 24. Mai über das Recht auf Wohnraum (Ley 12/2023, de 24 de mayo, por el derecho a la vivienda, im Folgenden "Gesetz über Recht auf Wohnraum") vorgesehen, wurde aber erst Mitte März 2024 verabschiedet.


Um was handelt es sich dabei?

Es handelt sich um eine öffentliche Datenbank über Wohnungsmietverträge, die auf der Grundlage von Informationen verschiedener staatlicher, regionaler und kommunaler Institutionen erstellt wurde. Diese Datenbank wird regelmäßig aktualisiert, um eine angemessene Mietpreiskontrolle zu gewährleisten.  

Der Referenzindex trat am 16. März 2024 in Kraft und gilt für Mietverträge, die nach seinem Inkrafttreten unterzeichnet werden. Dieser Index wird derzeit nur in Katalonien angewandt, da nur diese autonome Region bisher die notwendigen Voraussetzungen für dessen Anwendung geschaffen hat.

Katalonien hatte zuvor einen ähnlichen Index, der eine Art „Mietpreisbremse“ festlegte. Das katalanische Gesetz, das diesen Index einführte, wurde allerdings vom spanischen Verfassungsgericht größtenteils für verfassungswidrig erklärt, da dieses Gesetz staatliche Kompetenzen überschritten hatte.


Wozu dient dieser Index?

Der Referenzindex dient dazu, Vermietern und Mietern eine Reihe an Informationen zur Verfügung zu stellen, um einen entsprechenden Mietpreis festzulegen. Je nach Lage und bestimmten Eigenschaften der Immobilie (Aufzug, Parkplätze, Gemeinschaftsräume, usw.) gibt der Index einen bestimmten Mindest- und Höchstpreis an.


Wo und wie wird dieser Index angewendet? 

Da es sich um einen staatlichen Index handelt, gilt dieser für das gesamte spanische Staatsgebiet. Dessen Anwendung hängt jedoch davon ab, ob der Mietvertrag für eine Immobilie unterzeichnet wird, die in einem sog. angespannten Wohnungsmarktgebiet (zona residencial tensionada) liegt oder nicht:

Liegt die Immobilie nicht in einem angespannten Wohnungsmarktgebiet, dient der Index nur zu Informationszwecken und die Parteien können den Mietpreis, den sie für angemessen halten, frei vereinbaren. Obwohl der Referenzindex in diesen Fällen keine Anwendung findet, begrenzt das Gesetz über Recht auf Wohnraum jedoch die maximale jährliche Aktualisierung des Mietpreises (im Jahr 2024 auf max. 3%).  

Befindet sich die Immobilie in einem angespannten Wohnungsmarktgebiet, hat der Index einen verbindlichen Charakter in Bezug auf die Mietpreisobergrenze, obwohl dessen Auswirkungen wiederrum von mehreren Faktoren abhängen:   

  • Der Vermieter ist ein sog. Großgrundbesitzer (gran tenedor): Der Mietpreis neuer Mietverträge darf die im Index festgelegte Höchstgrenze nicht überschreiten. Er darf auch nicht den Mietpreis des in den letzten fünf Jahren gültigen Mietvertrags überschreiten, unbeschadet des zulässigen jährlichen Aktualisierungsprozentsatzes. Von den beiden Beschränkungen gilt diejenige, die für den Mieter vorteilhafter ist.

Die Definition des Großgrundbesitzers kann von einer autonomen Region zur anderen variieren. In Katalonien gilt als Großgrundbesitzer eine natürliche oder juristische Person, die fünf oder mehr städtische Immobilien für Wohnzwecke in einem angespannten Wohnungsmarktgebiet besitzt.

  • Der Vermieter ist kein Großgrundbesitzer: Der Mietpreis darf unbeschadet des zulässigen, jährlichen Aktualisierungsprozentsatzes nicht über dem Mietpreis des in den letzten fünf Jahren gültigen Mietvertrags liegen. Bei diesen Mietverträgen kann der Mietpreis allerdings über dem Referenzindex liegen.  


Das Gesetz über Recht auf Wohnraum sieht auch eine Erhöhung des Höchstmietpreises um bis zu 10% bei neuen Mietverträgen vor, beispielsweise wenn die Wohnung renoviert wurde und dadurch nicht erneuerbare Energieeinsparungen von 30% oder mehr möglich sind.

  • Wohnungen, die in den letzten 5 Jahren nicht vermietet wurden: Der Mietpreis kann auf die im Referenzindex angegebene Höchstgrenze begrenzt werden, wenn dies in der Erklärung des angespannten Wohnungsmarktgebiets entsprechend gerechtfertigt wird.


  • Laufende Mietverträge: Diese sind vom Referenzindex nicht betroffen. Die maximale jährliche Aktualisierung des Mietpreises wird jedoch begrenzt (auf max. 3% im Jahr 2024).


Was ist ein angespanntes Wohnungsmarktgebiet?

Als angespannte Wohnungsmarktgebiete gelten diejenigen, in denen ein besonderes Risiko besteht, dass das Angebot an Mietwohnungen für Wohnungszwecke für die Bevölkerung unzureichend ist, sodass der Zugang zu diesen Mietwohnungen unter freien Marktbedingungen nicht realisierbar ist.

Für die Ausweisung eines angespannten Wohnungsmarktgebiets ist jede autonome Region selbst zuständig, sofern bestimmte, im Gesetz über Recht auf Wohnraum festgelegte Voraussetzungen erfüllt werden.

Sobald ein Gebiet zu einem angespannten Wohnungsmarktgebiet erklärt wurde, bleibt diese Erklärung für drei Jahre in Kraft und kann sogar verlängert werden, wenn die festgelegten Voraussetzungen, die zu seiner Erklärung geführt haben, weiterhin bestehen.  

In Katalonien wurden bereits 140 Gemeinden zu Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt, wobei die Möglichkeit besteht, die Zahl der betroffenen Gemeinden noch zu erweitern.


Zusammengefasst

Der neue Referenzindex betrifft alle Immobilien, unabhängig davon, ob sie sich in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt befinden, allerdings mit unterschiedlichen Auswirkungen. Darüber hinaus betrifft es nicht nur neue Mietverträge, sondern auch bereits bestehende Mietverträge.  

Voraussetzung für die Anwendung des Referenzindexes ist, dass die jeweilige autonome Region bestimmte Gebiete ihres Territoriums zu Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt. Derzeit hat nur die autonome Region von Katalonien von dieser Befugnis Gebrauch gemacht und bereits 140 ihrer Gemeinden zu einem solchen Gebiet erklärt.

Es bleibt abzuwarten, ob sich auch andere autonome Regionen dazu entschließen, Teile ihres Territoriums zu angespannten Wohnungsmarktgebieten zu erklären, um die durch den Referenzindex festgelegten Beschränkungen anwenden zu können. Bislang plant keine weitere autonome Region, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.


Fazit 

Der Referenzindex befasst sich nur mit den Mietpreisen, allerdings ist das derzeitige Problem nicht so sehr der Mietpreis, sondern das Angebot an Mietwohnraum im Allgemeinen. Wir befinden uns vor einem wirtschaftlichen Grundprinzip: Angebot und Nachfrage. Die Knappheit des Mietwohnraums hat zu einem progressiven Anstieg der Mietpreise geführt, insbesondere in den spanischen Großstädten. Daher greift die Mietpreisbremse nicht die Wurzel des Problems an, sondern könnte die Situation sogar noch verschlimmern.  

Es ist höchstwahrscheinlich, dass die Mietpreisbremse dazu führen wird, dass Immobilieneigentümer bevorzugt ihre Immobilien verkaufen werden, anstatt diese zu vermieten, was das Angebot des Mietwohnraums noch mehr verringern würde. Das wurde bereits in der Vergangenheit in anderen europäischen Ländern beobachtet, die mit vergleichbaren Maßnahmen der Preisregulierung, ohne Anreize für mehr Angebot zu schaffen, in kurzer Zeit zu einer drastischen Verringerung der Quantität und Qualität des verfügbaren Mietwohnraums geführt haben.  

Unserer Meinung nach ist es vielmehr notwendig, nachhaltige Anreize für den Bau neuer Wohnungen und die Sanierung bestehender Wohnungen zu schaffen, insbesondere in Gebieten, die bisher nicht im Fokus des Immobilienmarktes standen. Das würde das Angebot an Mietwohnraum erhöhen, um der aktuellen Nachfrage eher gerecht zu werden, was wiederum zu einer Senkung der Preise führen würde.




Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Nathalie Kühlmann

Beiträge zum Thema