Stille Gesellschaft - typische & atypische

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I. Einleitung

Bei einer stillen Gesellschaft beteiligt sich der stille Gesellschafter mit einer Vermögenseinlage an einem Unternehmen. Dieses Unternehmen kann ein einzelkaufmännisches Unternehmen, eine Personenhandelsgesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft sein.

Der stille Gesellschafter leistet eine Vermögenseinlage in das Unternehmen und wird im Gegenzug an Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt. Der stille Gesellschafter ist grundsätzlich hinsichtlich des Unternehmens nicht geschäftsführungs- und vertretungsbefugt, sondern erhält lediglich bestimmte Informationsrechte in Bezug auf das Unternehmen.

Der Unternehmensinhaber bleibt alleiniger Träger des Unternehmens und Eigentümer sämtlicher Vermögensgegenstände des Unternehmens und führt das Unternehmen wie zuvor im eigenen Namen fort.

Zwischen dem Unternehmensinhaber und dem stillen Gesellschafter entsteht eine stille Gesellschaft gemäß §§ 230 ff. HGB. Die stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft, die nicht nach außen unter eigenem Namen in Erscheinung tritt und die kein eigenes Gesellschaftsvermögen bildet. Die stille Gesellschaft kann keine eigene Firma führen und sie  wird nicht im Handelsregister eingetragen (Ausnahme: Aktiengesellschaften). Die stille Gesellschaft unterliegt daher keiner Publizität und ist im Sinne ihres Namens "still".

Die stille Gesellschaft unterscheidet sich von einer Unterbeteiligung dadurch, dass die Unterbeteiligung eine GbR-Innengesellschaft an einem Gesellschaftsanteil begründet, nicht jedoch an dem Unternehmen.

II. Einsatzgebiete

Die stille Gesellschaft ist ein einfach zu gründendes und flexibles Gestaltungsinstrument. In der Praxis haben sich verschiedene Einsatzgebiete für die stille Gesellschaft entwickelt, insbesondere:

  1. als diskretes Finanzierungsinstrument zur Kapitalbeschaffung für das Unternehmen bzw. zur Kapitalanlage für den stillen Gesellschafter;
  2. zu Zwecken der Unternehmensnachfolge in Familiengesellschaften; und
  3. zur Beteiligung von Arbeitnehmern und Führungskräften an Unternehmen ohne Einräumung einer formalen Gesellschafterstellung.

1. Finanzierung / Anlage

Der Unternehmensinhaber hat die Möglichkeit, durch Aufnahme eines stillen Gesellschafters Kapital zu beschaffen, dessen Verzinsung vom Unternehmensgewinn abhängt, ohne dem Kapitalgeber größere unternehmerische Mitwirkungsrechte einzuräumen. Praktisch bedeutsam ist die stille Gesellschaft insbesondere für die Finanzierung von Kapitalgesellschaften durch ihre Gesellschafter ("GmbH & Still").

Der stille Gesellschafter erhält eine unternehmerische Kapitalanlage mit Beteiligung an Gewinn und Verlust, wobei die Verlustbeteiligung auch ausgeschlossen werden kann. Die Beteiligung kann auch nur an einem bestimmten Geschäftsbereich des Unternehmens erfolgen (Tracking Stocks). Der stille Gesellschafter haftet nicht gegenüber den Gläubigern des Unternehmens. Das Investment des stillen Gesellschafter ist diskret und muss grundsätzlich nicht offengelegt werden (Ausnahme: Aktiengesellschaften). Bei Beendigung der stillen Gesellschaft erhält der stille Gesellschaft seine Einlage zurück, vermindert um zurechenbare Verluste und vermehrt um zurechenbare Gewinne.

2. Unternehmensnachfolge

Im Rahmen der Nachfolge in mittelständischen Betrieben und Familienunternehmen bestehen für die stille Gesellschaft verschiedene Einsatzmöglichkeiten:

  1. Der Nachfolger soll als stiller Gesellschafter an die Firma herangeführt werden, jedoch noch keine entscheidenden unternehmerischen Einflussmöglichkeiten erhalten.
  2. Im Rahmen der Unternehmensübergabe an den Nachfolger wird die Altersversorgung für den Senior bzw. die Seniorin durch eine stille Beteiligung sichergestellt bzw. ein anderes Familienmitglied soll finanziell abgesichert werden.
  3. Pflichtteilsberechtigte Kinder, die nicht Nachfolger sind, werden stiller Gesellschafter, um die Entstehung von Pflichtteilsansprüchen zu vermeiden, die das Unternehmen erheblich belasten können.

III. Gründung, Führung & Beendigung

Die stille Gesellschaft wird durch Abschluss des Gesellschaftsvertrags zwischen dem Unternehmensinhaber und dem stillen Gesellschafter geschlossen. Der Gesellschaftsvertrag bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form, zu Dokumentationszwecken sollte er jedoch schriftlich vereinbart werden (verpflichtend bei einer Aktiengesellschaft). Werden jedoch Grundstücke oder GmbH-Anteile eingelegt, muss der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet werden.

Bei der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters kann es sich um Geld, Sachen, Dienstleistungen oder Know-how handeln.

Der stille Gesellschafter ist an Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt. Die Beteiligung an Verlusten beschränkt sich auf die Höhe seiner Einlage. Die Verlustbeteiligung kann auch vollständig ausgeschlossen werden.

Der stille Gesellschafter hat keine Verwaltungsrechte in Bezug auf das Unternehmen, insbesondere ist er nicht geschäftsführungs- und vertretungsbefugt, sondern er erhält lediglich eine Kopie des Jahresabschlusses, um seine Beteiligung an Gewinn und Verlust prüfen zu können. Der Unternehmensinhaber darf jedoch die Grundstrukturen des Unternehmens aufgrund seiner Treuepflicht nicht ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters ändern.

Die stille Beteiligung kann nur übertragen werden, wenn dies im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist oder der Unternehmensinhaber zustimmt.

Bei Beendigung der stillen Gesellschaft erhält der stille Gesellschaft seine Einlage zurück, vermindert um zurechenbare Verluste und vermehrt um zurechenbare Gewinne.

IV. Typische & atypische stille Gesellschaft

Die gesetzlichen Regeln über die stille Gesellschaft in den §§ 230 ff. HGB sind weitgehend dispositiv, d.h. sie können gesellschaftsvertraglich modifiziert werden.

Aus Sicht des Handelsrechts handelt es sich um eine typische stille Gesellschaft, wenn für diese die §§ 230 ff. HGB ohne vertragliche Modifizierung gelten, während bei einer atypischen stillen Gesellschaft die Organisation gesellschaftsvertraglich modifiziert ist.

Aus der Warte des Steuerrechts betrachtet liegt eine typische stille Gesellschaft vor, wenn sich die Einkünfte des stillen Gesellschafters als Kapitaleinkünfte darstellen, wohingegen man von einer atypischen stillen Gesellschaft spricht, wenn der stille Gesellschafter aufgrund gesellschaftsvertraglicher Gestaltung als Mitunternehmer im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist, sodass er Einkünfte aus Gewerbebetrieb vereinnahmt.

Zur Begründung einer Mitunternehmerstellung muss der stille Gesellschafter Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten. Erstere kann dem stillen Gesellschafter durch Beteiligung an Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und dem Firmenwert vermittelt werden. Letztere kann dem stillen Gesellschafter durch Einräumung von Kontroll- und Mitbestimmungsrechte verschafft werden.

V. Fazit

Die stille Gesellschaft ist eine einfach zu gründende und flexibel einzusetzende Innengesellschaft, bei welcher der stille Gesellschaft eine Vermögenseinlage in ein Unternehmen leistet und dadurch an Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt wird, ohne formal die Stellung eines Gesellschafter dieses Unternehmens zu erhalten.

Die stille Gesellschaft wird überwiegend als Finanzierungs- bzw. Anlageinstrument, zur Regelung von Unternehmensnachfolgen sowie zur Beteiligung von Mitarbeitern eingesetzt.

Hinsichtlich der gesellschaftsvertraglichen Ausgestatlung und steuerlichen Einordnung der Einkünfte des stillen Gesellschafters wird zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften unterschieden.


Ich berate Sie gerne bei der Errichtung einer stillen Gesellschaft.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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