Strafbarkeit der Polizeiflucht, § 315d StGB

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In letzter Zeit verteidige ich vermehrt mit Fällen der sog. Polizeiflucht und deren Folgen, da dieses durch Polizei und Staatsanwaltschaft frühzeitig und oft unzutreffend angenommen wird.

Bei der Verteidigung ist eine genaue Kenntnis von den Voraussetzungen, aber auch von den möglichen Folgen von überragender Bedeutung. Ich stelle Ihnen in diesem Text übersichtlich die Fälle der Polizeiflucht vor und deren Folgen. Selbstverständlich ist jeder Fall besonders und bedarf einer konkreten und maßgeschneiderten Aufarbeitung, um das Verfahren von Ihnen abzuwenden oder zu einem für Sie günstigen Ergebnis zuzuführen.

Die Fälle der Polizeiflucht werden als sog. Kraftfahrzeugrennen unter den § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB gefasst und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe belegt. 

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 09. Februar 2022 die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift in einem konkreten Fall der Polizeiflucht bestätigt. Dort war ein PKW-Fahrer mit Geschwindigkeiten von 80 bis 100 Km/h in einem Bereich der Innenstadt vor der Polizei geflohen und hat hierbei vier rote Ampeln überfahren und tatsächlich ein Schild umgefahren, um der Polizei zu entkommen. Ein drastischer Fall, welcher zur Verurteilung führte. 

Häufig liegen die Fälle jedoch nicht so extrem und führen dann zu interessanten Verteidigungsmöglichkeiten. 

Es ist bei der Verteidigung dem Sachverhalt höchste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Diese Einschätzung sollten Sie nur erfahrenen Strafverteidigern überlassen. Bei der Flucht vor der Polizei kommt es häufig zu gefährlichen Situationen, welche konkret eingeschätzt werden wollen. Allein die Nähe zu einem anderen Fahrzeug oder einer Person reicht eben nicht, um den Tatbestand zu erfüllen. Es muss jedoch auch nicht zu einem Unfall gekommen sein. Sie merken, dass der Bereich sehr genau betrachtet werden will, um den Tatbestand sicher feststellen zu können. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in einer Entscheidung ausgeführt: Eine konkrete Gefahr liegt nur dann vor, wenn die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt wurde, dass es nur vom Zufall abhing, ob ein Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (BGH 4 StR 155/21). Um dieses zutreffend zu bewerten muss zum Beispiel auf die gefahrenen Geschwindigkeiten der Fahrzeuge und das gesamte Fahrverhalten abgestellt werden. Diese Einschätzung des Bundesgerichtshofs überrascht nicht.

Das OLG Zweibrücken hat zuletzt nochmals auf die Bedeutung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hingewiesen und festgestellt: 

Allein der Umstand, dass der Angeklagte unter Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und von Vorfahrtsregelungen vor der Polizei flüchtete, genügt nicht zur Annahme der nach § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderlichen Absicht, auf einer nicht unerheblichen Wegstrecke die unter den konkret situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen (1 OLG 2 Ss 27/22).

Zuletzt habe ich diese Kriterien bei einem Verfahren am Niederrhein erfolgreich dargestellt. Was war passiert? 

Der Mandant befuhr mit mittlerer Geschwindigkeit die Autobahn aus den Niederlanden kommend. Ein ziviles Polizeifahrzeug setzte sich hinter den Mandanten und betätigte zunächst die Lichthupe. Der Mandant fuhr auf den rechten Fahrstreifen, um das Fahrzeug passieren zu lassen. Hierbei folgte ihm der BMW ebenfalls, wobei sich der Mandant bedrängt fühlte. Es konnte nicht mehr aufgeklärt werden, ob die Beamten nunmehr ein Anhaltezeichen hinter den PKW des Mandanten gegeben haben oder ob der Mandant mit seinem über 600 PS starken Fahrzeug zunächst Gas gab. Das Anhaltezeichen übersah der Beschuldigte und beschleunigte sein Fahrzeug. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung existiert auf diesem Autobahnabschnitt nicht. Die Autobahn war nur wenig befahren. Die Beamten konnten dem enorm schnellen Fahrzeug des Mandanten nicht annähernd folgen, aber verständigen ein Großaufgebot der Polizei, welche im Ergebnis unsanft die Fahrt des Mandanten stoppten. Vorwurf war auch hier die Polizeiflucht und damit das illegale Kraftfahrzeugrennen. 

IM Ergebnis stand der Freispruch des Mandanten! Nicht nur das die Beamten den Sachverhalt abweichend darstellten, es ist rechtlich bereits falsch hier ein illegales Kraftfahrzeugrennen anzunehmen. Sehr zur Freude des Mandanten, da nicht nur die Fahrerlaubnis des Mandanten dauerhaft gefährdet war, sondern auch noch der 180.000 Euro teure Sportwagen. 

Bei dem Vorwurf  der Polizeiflucht und des illegalen Rennens steht häufig der Entzug der Fahrerlaubnis und die Einziehung des Fahrzeugs als Tatmittel im Raum. Um beide Sachen gilt es intensiv als Verteidiger zu kämpfen, da es weitreichende Auswirkungen auf Ihre Zukunft haben kann.  

Rufen Sie mich an und lassen sich zu dem Kosten einer Verteidigung zunächst beraten. Wir bieten Ihnen maßgeschneiderte Verteidigungen auf Ihren Einzelfall zu einer zuvor festgelegten Vergütungsvereinbarung an. Die Kosten bleiben dadurch für Sie immer überschaubar. 

Sie erreichen mich unter 0201/310 460 0 oder direkt per Email unter mail@rechtsanwalt-scharrmann.de. Wir sind eine bundesweit hochspezialisierte Kanzlei für Strafrecht und Strafverteidigung.

Timo Scharrmann

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht und Verkehrsrecht  

Foto(s): mail@rechtsanwalt-scharrmann.de

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