Strafbarkeit von Cybergrooming – was tun bei Vorladung, Hausdurchsuchung, Anklage

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Unter Cybergrooming ist die Anbahnung von sexuellem Kontakt mit Minderjährigen über das Internet zu verstehen. Der englische Begriff „Cyber“ steht für das Internet, „Grooming“ wird mit „striegeln“ oder „pflegen“ übersetzt. Gemeint ist damit, dass die Täter sich langsam und subtil den Kindern und Jugendlichen annähern – im digitalen Raum. 

Insbesondere beliebte soziale Medien wie TikTok oder Snapchat sowie Videospiele werden dafür genutzt. Der ungehinderte und überwiegend unkontrollierte Internetzugang der Kinder sowie die Anonymität im Internet bieten den Tätern geeignete Bedingungen. 

Es handelt sich um eine Straftat, die als Vorbereitung der sexuellen Belästigung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen dient. 


Bis zu welchem Alter gilt eine Person als Kind?

Cybergrooming ist nur strafbar, wenn es sich bei dem Tatopfer um ein Kind handelt. Darunter fallen Personen im Alter von unter 14 Jahren. 


Welche Strafe ist für Cybergrooming zu erwarten? 

Als Form des sexuellen Missbrauchs von Kindern ergibt sich die Strafbarkeit für solche Taten aus den §§ 176a und 176b StGB. 

Die zu erwartende Strafe liegt dafür bei einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren im Falle der Strafbarkeit wegen Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176b Abs. 1 StGB). 

Im Falle des sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind (§ 176a Abs. 1 Nr. 3 StGB) ist eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorgesehen.

Eine Geldstrafe kommt für diese Straftat demnach grundsätzlich nicht in Betracht. Es besteht aber unter Umständen die Möglichkeit, dass die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, soweit eine geringere Freiheitsstrafe als zwei Jahre verhängt wird.

Ein Eintrag in das Führungszeugnis droht aber in jedem Fall. 

Beide Straftatbestände sehen zudem eine Strafbarkeit des bloßen Versuchs der Straftat für bestimmte Fälle vor, die geringer bestraft werden können.


Was ist strafbares Cybergrooming?

Beim Cybergrooming wird meistens mit Hilfe von Fake-Profilen unter falschem Namen und Foto, wird Kontakt zu den Kindern aufgenommen. Dabei geben sich die Täter zumeist als gleichaltrig aus. 

Der Erstkontakt kommt häufig durch Likes oder Kommentare unter veröffentlichten Beiträgen zustande oder aber direkt über private Chatnachrichten. Im Rahmen von Online-Spielen werden eher virtuelle Geschenke (z.B. Items) gemacht. Die Kommunikation wird schnellstmöglich in einen privaten Rahmen verlagert, sodass die Handynummer erfragt wird oder ein privater Social-Media-Account. Damit geht meistens die Bitte einher, die Kommunikation geheim zu halten, besonders gegenüber den Eltern der Minderjährigen.

In den Nachrichten werden den Kindern Komplimente gemacht, manche Täter geben sich dabei auch als „Model-Scouts“ aus und erfragen für diesen Zweck Bilder in Unterwäsche. Einige fungieren als „Kummerkasten“ für die Opfer und bieten ein offenes Ohr bei Problemen wie Mobbing oder Schulstress an.  

Der Austausch von Nachrichten erstreckt sich nicht selten über einen längeren Zeitraum, der mehrere Wochen andauern kann. Mit der Zeit beginnen die Täter intime Fragen zu stellen oder intime Informationen mitzuteilen. 

Zu irgendeinem Zeitpunkt fordern die Täter die Kinder auf, ihnen beispielsweise freizügige Selbstaufnahmen zu senden oder sich in Videochats zu entblößen. Einige schlagen auch persönliche Treffen vor. Teilweise werden diese Forderungen auch an Gegenleistungen geknüpft. In Online-Spielen beispielsweise bietet der Täter dem Kind an, es in seine Gruppe mit aufzunehmen oder ihm ein Item zukommen zu lassen, wenn dafür ein Bild versendet wird. 

Später werden gesendete Aufnahmen häufig auch als Druckmittel gegen die Opfer eingesetzt, um weitere Handlungen zu erzwingen. 


Welche Handlungen sind als „Cybergrooming“ strafbar?

Die gezielten Annäherungsversuche bei Kindern können insbesondere als sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind oder als Vorbereitung des sexuellen Kindesmissbrauchs strafbar sein. 


Strafe wegen sexuellen Kindesmissbrauchs durch Cybergrooming?

Sexueller Missbrauch von Kindern setzt nicht immer den Körperkontakt zu einem Kind voraus. Auch ohne jegliche Berührung des Beschuldigten an dem Kind, kann eine Strafbarkeit wegen sexuellen Kindesmissbrauchs im Raum stehen.

In § 176a StGB ist der sexuelle Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind bestraft. 

Im Zusammenhang mit „Cybergrooming“ kann dieser Vorwurf durch das Versenden pornographischer Inhalte, wie Fotos oder Videos, welche daraufhin von dem Kind angeschaut werden, entstehen.

Zudem wurde eine Strafbarkeit wegen versuchten sexuellen Kindesmissbrauchs ohne Körperkontakt für den Fall eingeführt, dass der Täter diese Inhalte nur einem Scheinkind zukommen lässt (§ 176a Abs. 3 S. 2 StGB).

Das betrifft vor allem die Situation, dass der Täter pornographisches Material in dem Glauben versendet, dass die empfangende Person ein Kind sei. Tatsächlich erhält jedoch beispielsweise an einen verdeckt ermittelnden Polizeibeamten die Inhalte, der sich als Kind ausgegeben hat, um Täter zu überführen.

Eine (Versuchs-)Strafbarkeit scheidet in solchen Fällen eigentlich aus dem Grund aus, dass es in diesem Fall dem Beschuldigten nie möglich war, die Straftat tatsächlich zu begehen (weil kein Kontakt zu einem Kind bestand).

Eigentlich. Für solche Fälle hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Bestrafung eingeführt, sofern der Täter wirklich davon ausging, dass er auf ein Kind einwirkt.


Strafe wegen Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Cybergrooming?

In § 176b Abs. 1 StGB werden zwei verschiedene Varianten voneinander unterschieden, die Ziel der Annäherungsversuche sind.

Dies ist zum einen, das Kind zu einer sexuellen Handlung zu motivieren (Nr. 1). Dabei ist beabsichtigt, dass das Opfer eine solche Handlung an dem Täter oder einer dritten Person vornimmt oder duldet, dass der Täter oder ein Dritter dies am Kind tut.

Das andere Ziel ist die Herstellung von kinderpornographischen Inhalten oder diese in den Besitz zu bringen.

Bezweckt der Täter, sich solche Inhalte anzuschauen oder sogar dauerhaft auf dem Laptop oder Handy speichern zu können oder aber selbst Fotos, Videos oder ähnliches anzufertigen, ist diese Tatvariante erfüllt. 

Beide Alternativen haben gemeinsam, dass dem Kind irgendein Inhalt (z.B. Schriften, Fotos) übermittelt wird, welcher von diesem zur Kenntnis genommen wird. Der Täter versendet beispielsweise Nachrichten in einem Chat, die das Kind liest. 

Die Absicht dahinter ist, eine der zuvor beschriebenen Taten begehen zu können. Es ist aber nicht erforderlich, dass es tatsächlich zu einem sexuellen Kindesmissbrauch kommt.

In § 176b Abs. 3 StGB ist gleichermaßen die Versuchsstrafbarkeit im Falle des Kontakts zu Scheinkindern festgelegt. 


Was ist unter einer „sexuellen Handlung“ zu verstehen? Was meint „kinderpornographischer Inhalt“?

Eine sexuelle Handlung lässt objektiv einen Sexualbezug erkennen und setzt subjektiv eine sexuelle Erregung oder Motivation voraus. Allerdings muss die Handlung sich durch eine gewisse Intensität, Dauer oder Bedeutung auszeichnen, die nicht mehr hinnehmbar ist für das Opfer.

Berührungen der Geschlechtsteile sowie von Brust oder Po oder das Entblößen dieser Körperteile sind Beispiele für sexuelle Handlungen. 

Um Kinderpornographie, d.h. pornographische Inhalte von Kindern handelt es sich, wenn darin sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern vorgenommen werden, diese zumindest teilweise nackt dargestellt werden und dabei das Geschlecht sexualisiert im Fokus steht oder bestimmte Körperteile (z.B. Genitalien, Gesäß) entblößt abgebildet werden.


Strafbarkeit wegen Kinderpornographie durch Cybergrooming?

Kommt es tatsächlich dazu, dass das Kind dem Beschuldigten z.B. intime Bilder von sich schickt, so steht außerdem eine Strafbarkeit wegen Kinderpornographie im Raum.

Verbreitung, Erwerb und Besitz von Kinderpornographie ist grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren bzw. zwischen einem Jahr und fünf Jahren bedroht.


Vorladung, Anklage Hausdurchsuchung wegen Vorbereitung sexueller Kindesmissbrauch, Cybergrooming – was tun?

Sollten Sie eine Vorladung mit dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern, der Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern oder mit dem Vorwurf Kinderpornographie erhalten haben oder wegen dieser Vorwürfe mit einer Hausdurchsuchung / Wohnungsdurchsuchung konfrontiert sein, gilt es einiges zu beachten. 


Insbesondere …

  • Schweigen Sie zum Tatvorwurf. Lassen Sie sich auch bei einer Wohnungsdurchsuchung nicht auf Gespräche mit den Ermittlungsbeamten ein, egal wie unverfänglich diese wirken. Ohne vorherige Einsicht in die Ermittlungsakten durch einen Rechtsanwalt für Strafrecht, ist jedes Wort ein Spiel mit dem Feuer. Sie müssen bestimmte Angaben zu Ihrer Person machen, zur Sache, also zum Vorwurf, müssen Sie aber nichts sagen. Nutzen Sie Ihr Schweigerecht als Beschuldigter.
  • Bleiben Sie ruhig. Die Situation ist purer Stress. Dennoch sollten Sie nun nicht die Nerven verlieren und sich z.B. um Kopf und Kragen reden oder sogar die Ermittlungsbeamten angreifen. Schlimmstenfalls verbauen Sie sich damit nicht nur Verteidigungsmöglichkeiten, sondern machen sich wegen weiterer Delikte strafbar.
  • Rufen Sie so schnell wie möglich einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Strafrecht an. Dieser weiß, was nun auf Sie zukommen wird und kann eine passende Verteidigungsstrategie für Sie erarbeiten.

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