Strafbarkeit von Kinderpornografie – Warum eine erneute Gesetzesänderung notwendig ist

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Erst 2021 kam es zu einer Gesetzesänderung des § 184b StGB. Nach den erschreckenden Missbrauchsfällen in Lüdge war die Forderung in der Gesellschaft nach einer härteren Bestrafung für Taten im Zusammenhang mit Kinderpornografie und Kindesmissbrauch groß. Als Reaktion wurde die Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz von kinderpornografischen Inhalten vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuft. Nun soll im Jahr 2024 das Strafmaß erneut angepasst werden.

Was versteht man unter Kinderpornografie? 

Unter Kinderpornografie i.S.d. § 184b BGB versteht man die „fotorealistische Darstellung“ von sexuellem Missbrauch von Personen unter 14 Jahren. In Abgrenzung dazu spricht man von Jugendpornografie i.S.d § 184c BGB, wenn die dargestellten Personen zwischen 14 und 18 Jahre alte sind.

Was sich 2021 geändert hat

Bis 2021 handelte es sich bei Herstellung, Erwerb, Verbreitung und Besitz von Kinderpornografie um ein Vergehen. Durch die am 1.07.2021 erfolgte Gesetzesänderung des § 184b StGB, mit der eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vorgesehen ist, wurde der Tatbestand jedoch zum Verbrechen. Das hat juristisch weiteichende Konsequenzen – nicht nur für Täter. Ein Verfahren über ein Verbrechen können im Gegensatz zu Verfahren über Vergehen nicht einfach durch die Justiz eingestellt werden. Vielmehr sind diese zur Anklage zu bringen und das Verfahren zu führen. Das heißt: Unabhängig von Alter, Motiv und weiteren Umständen des Einzelfalls sind Verfahren zu führen.

Warum die aktuelle Gesetzeslage problematisch ist 

Zunächst scheint die Verschärfung des Tatbestands als sehr positiv im durchaus wichtigen Kampf gegen Kinderpornografie. Allerdings ergeben sich aus der Fassung des § 184b StGB auch weitreichende negative Konsequenzen. So kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Verfahren gegen Personen, die keinerlei pädokriminelle Intention hatten. Hier sind viele Szenarien denkbar:

Besorgte Eltern, die andere Eltern warnen wollen und zu diesem Zwecke die Dateien weiterleiten.

Lehrer, die ihre Schulleitung und/ oder Eltern auf Missstände aufmerksam machen wollen und in diesem Zuge die Dateien verbreiten.

Es reicht ebenfalls bereits aus, dass Dateien durch automatische Downloads via WhatsApp oder andere Messanger auf das Gerät heruntergeladen werden. Wer hier unaufmerksam ist, macht sich nach § 184b StGB strafbar.

Ein auch sehr realistisches Szenario: Unter 14-Jährige die selbst Kinderpornografische Inhalte von sich oder anderen verbreiten. Versendet nun also ein Jugendlicher ein Nacktfoto von sich selbst an einen anderen so macht sich auch der Versender nach § 184b StGB strafbar.

Ebenfalls alltäglich: Eltern die von Ihren Kindern Fotos beim unbekleideten baden oder spielen erstellen und diese an Verwandte oder Bekannte versenden oder sogar auf sozialen Netzwerken teilen.

Dies sind nur einige von unzähligen denkbaren Fällen, in denen das eigentliche Ziel der Gesetzesverschärfung, die Bekämpfung von Kindermissbrauch und Kinderpornografie verfehlt. Vielmehr kommt es zu einer harten Bestrafung von Personen mit oftmals positiven Intentionen. Durch diese Fälle, die zahlreiche Verfahren ausmachen, wird die Justiz belastet.

Was sich 2024 ändern soll 

Nun soll es eine erneute Gesetzesänderung geben. Die Mindeststrafen für Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte soll auf 3 bzw. 6 Monate gesenkt werden und damit wieder zum Vergehenstatbestand werden. So ist es der Justiz möglich, die Fälle individueller zu behandeln sowie von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, ein Verfahren gegen Geldstrafe einzustellen.

Die Herstellung von kinderpornografischen Inhalten bleibt dagegen ein schweres Verbrechen mit Freiheitsstrafen von ein bis zehn Jahren.

Fazit 

Die Gesetzesänderung 2021 sollte ein Schritt in die richtige Richtung, ein klares Nein zu Kindesmissbrauch und Kinderpornografie sein. Dass sich hieraus durchaus weitreichende Konsequenzen für Personen ohne jede kriminelle Energie ergeben, wurde dabei übersehen. Die Änderung 2024 ist insofern notwendig, um der Justiz die Möglichkeit zu geben, individueller auf die jeweiligen Fälle einzugehen und sachgerechte Urteile zu finden.



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