Strafschärfungen bei Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte (§ 184b StGB)

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Eine Geldstrafe oder die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit oder gegen Auflagen beim Vorwurf der Verbreitung, des Erwerbs oder des Besitzes von Kinderpornografie ist inzwischen grundsätzlich nicht mehr möglich.

Im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern wurden die Strafhöhen für Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte (§ 184b StGB) durch eine Gesetzesänderung im Juli 2021 deutlich angehoben, sodass die Mehrheit dieser Straftaten nun als Verbrechen eingestuft wird.

Damit ist der Gesetzgeber dem Ziel näher gekommen, Kindern eine gewaltfreie Erziehung, insbesondere die Freiheit von sexueller Gewalt, zu ermöglichen.

Der Straftatbestand der Verbreitung, des Besitzes und der Besitzverschaffung kinderpornografischer Inhalte stellt eine Form sexualisierter Gewalt gegen Kinder unter Strafe.

Deshalb sieht eine Gesetzesänderung, die im Juli 2021 in Kraft getreten ist, bessere Schutzfunktionen für die Opfer durch schärfere Strafen sowie Maßnahmen, um eine effektivere Strafverfolgung zu ermöglichen, vor.

Wie verhalte ich mich beim Vorwurf der Verbreitung, des Erwerbs oder des Besitzes von Kinderpornografie?

Sofern Sie eine Vorladung wegen Verbreitung, Erwerb oder Besitz kinderpornografischer Inhalte erhalten haben, sollten Sie vor allem folgendes beachten:

  • Sie haben das Recht zu schweigen,
  • ein Recht auf einen Strafverteidiger und
  • das Recht durch einen Strafverteidiger Akteneinsicht vornehmen zu lassen.

Wie hoch ist nach der Gesetzesänderung die zu erwartende Strafe?

Seit dem 01.07.2021 ist die zu erwartende Strafe für die strafbaren Handlungen nach § 184b Abs.1 StGB, zum Beispiel das Herstellen oder das Verbreiten von Kinderpornografie, grundsätzlich eine Freiheitsstrafe zwischen einem und 10 Jahren.

Damit gilt die Straftat als Verbrechen (Delikte, deren Strafrahmen mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe beginnt).

Eine geringere Strafe – eine Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten und 5 Jahren – ist für den Fall vorgesehen, dass es sich um Kinderpornografie handelt, die kein wirkliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen darstellt (§ 184 Abs.1 Satz 2 StGB).

Daneben wird der Besitz kinderpornografischer Inhalte ebenfalls zum Verbrechen. Der neue Strafrahmen hierfür ist eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren (§ 184 Abs.3 StGB).

Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, so erhöht sich durch die Änderung des Gesetzes die Freiheitsstrafe auf mindestens zwei Jahre.

Was versteht man unter einem kinderpornografischen Inhalt?

Was ein kinderpornografischer Inhalt ist, wird in § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB legal definiert. Danach sind kinderpornografische Inhalte, solche Inhalte, die zum einen in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden und außerdem folgendes zum Gegenstand haben:

  • sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind (Person unter 14 Jahren)
  • die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
  • die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes.

Können auch Posen ein kinderpornografischer Inhalt sein?

§ 184b Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB erfasst auch das Posen, also solche Darstellungen, die keine Handlungen sind, aber einen sexuellen Bezug aufweisen.

Hierzu kann zum Beispiel eine bestimmte Schlafposition oder das Spreizen der Beine zählen.

Wird die Darstellung eines fiktiven Geschehens wie ein Comic nach der Gesetzesänderung sanktioniert?

Eine Strafbarkeit kommt auch dann in Betracht (im Falle des § 184b Abs.1 StGB), wenn es sich um Kinderpornografie handelt, die ein fiktives Geschehen wiedergibt, also beispielsweise Comics, Zeichnungen oder Filme. Die Befürchtung, dass die Konsumenten den Inhalt nachahmen ist groß.

Da ein Kind aber nicht beteiligt ist, wird die Tat nach dem neu eingefügten § 184b Abs. 1 S. 2 StGB mit einer etwas geringeren Strafe, nämlich einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, bestraft.

Welche Strafe droht mir, wenn eine Hausdurchsuchung und das Auffinden von Kinderpornografie erst nach Inkrafttreten der Strafschärfungen erfolgt, die Besitzverschaffung aber zuvor?

Sofern die Besitzverschaffung kinderpornografischer Bilder vor der Änderung des Gesetzes (vor dem 01.07.2021) erfolgte, eine Hausdurchsuchung aber erst danach (nach dem 01.07.2021), so gilt der Strafrahmen vor der Gesetzesänderung.

Denn es gilt im Strafrecht das Verbot der Rückwirkung. Dies betrifft die zeitliche Begründung oder Verschärfung von Strafe. War zum Zeitpunkt der Tat eine mildere Strafe normiert, so wird der Täter nach dieser bestraft. Die zu erwartende Strafe ist dann im Fall des Besitzes von ein wirkliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen darstellender Kinderpornografie, wenn dieses Delikt zwischen dem 01.01.2021 und dem 01.07.2021 begangen wurde, eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe, auch wenn die Kinderpornografie erst bei einer Hausdurchsuchung zum Beispiel am 02.07.2021 aufgefunden wurde.

Maßgeblich ist also nicht der Zeitpunkt der Hausdurchsuchung, sondern der Zeitpunkt der Tatbegehung.

Beim Besitz von Kinderpornografie handelt es sich um einen Dauerdelikt. Dabei wird ein rechtswidriger Zustand durch den Täter herbeigeführt und über einen gewissen Zeitraum aufrechterhalten.

Die Vollendung solcher Delikte erfolgt mit der Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale, die eine solche Strafbarkeit begründen.

Die Beendigung erfolgt dann hingegen durch das Aufheben des rechtswidrigen Zustandes.

Für die Strafbarkeit nach § 184b Abs. 3 StGB und die Strafhöhe ist demnach die Vollendung, also wann tatsächlich der Besitz begründet worden ist, relevant.

Welche Auswirkungen hat die Gesetzesänderung außerdem?

Die Gesetzesänderung betrifft auch die Strafprozessordnung. So kann auch bei dringendem Tatverdacht hinsichtlich der Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte, eine Untersuchungshaft drohen.

Voraussetzung einer Untersuchungshaft ist im Regelfall (unter anderem) das Vorliegen eines Haftgrundes, wie beispielsweise die Flucht- oder Verdunkelungsgefahr.

Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr ist allerdings nur für bestimmte Delikte ein tauglicher Haftgrund.  Ist eine Person dringend verdächtig eine bestimmte Tathandlung des Straftatbestandes des Verbreitens, Erwerbens und Besitzens von kinderpornografischen Inhalten gewerbsmäßig oder bandenmäßig begangen zu haben (z.B. das Herstellen) und bezieht sich die Tat auf einen solchen kinderpornografischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen darstellt, so kann auch der Haftgrund der Wiederholungsgefahr ein Grund für eine Untersuchungshaft sein (vgl.§ 112a Abs.1 StPO, § 184 Abs.2 StGB).

Dringender Tatverdacht ist gegeben, wenn aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse die Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte die Straftat begangen hat, sehr groß ist.

Überdies ist aufgrund des Verbrechenscharakters der Norm eine Einstellung wegen Geringfügigkeit gegen Auflagen nach den §§ 153 ff. StPO ausgeschlossen.

Des Weiteren wurde auch das Bundeszentralregistergesetz geändert. In der Zukunft ist bereits bei geringfügigen Verurteilungen eine Aufnahme in das erweiterte Führungszeugnis für die Dauer von zehn Jahren unweigerlich.

Was ist im Rahmen des § 184b Abs. 1 StGB strafbar?

Eine Freiheitsstrafe sieht das Gesetz für folgende Verhaltensweisen mit Bezug zu kinderpornografischen Inhalten vor.

Wichtig ist dabei, dass das Gesetz hinsichtlich der Strafhöhe danach differenziert, ob es sich um Kinderpornografie handelt, die ein wirkliches oder ein wirklichkeitsnahes Geschehen darstellt oder nicht.

Verbreiten

Das Gesetz stellt zunächst das Verbreiten unter Strafe. Verbreiten setzt voraus, dass ein kinderpornografischer Inhalt an eine vom Täter nicht mehr personalisierbare  Vielzahl anderer Personen wiedergegeben wird. Dabei ist für die Strafbarkeit bereits das „Auf den Weg bringen“ ausreichend.

Der Öffentlichkeit zugänglich machen

Weitere strafbare Handlung ist das Zugänglichmachen für die Öffentlichkeit, also für einen grundsätzlich unbeschränkten, im einzelnen nicht überschaubaren Personenkreis.

Als Beispiel sei hier etwa das Einstellen eines Links auf einer Webseite, die zu kinderpornografischen Inhalten führt, genannt.

Besitzverschaffung

Des Weiteren wird bestraft wer es unternimmt einer anderen Person hinsichtlich eines kinderpornografischen Inhalts, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, den Besitz daran zu verschaffen. Voraussetzung ist es, mindestens einen Inhalt (eine Schrift oder Bild) an eine andere Person, die der Täter nicht zu kennen braucht, zu verschaffen.

Herstellen, Beziehen, Liefern, Vorrätig halten, Anbieten, Bewerben, Ein- und Durchfuhr

Schließlich macht sich strafbar, wer einen kinderpornografischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet oder bewirbt

Aber auch wer es unternimmt solche Inhalte ein- und auszuführen, kann sich strafbar machen.

Wann gibt es für diese Handlungen höhere Strafen?

Mit einer höheren Strafe bestraft (mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren), wer die im folgenden genannten Tathandlungen, gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht (§ 184b Abs. 2 StGB).

Dabei handelt gewerbsmäßig, wer sich durch die Tat für längere Zeit und nicht nur vorübergehend eine Einkommensquelle erschließen will.

Von einer Bande spricht man, wenn mindestens drei Personen sich zusammenschließen, um künftig mehrere selbständige Straftaten zu begehen.

Der Besitz und die Verschaffung von Besitz

Unter § 184b Abs. 3 StGB fallen das Abrufen, die Besitzverschaffung und der Besitz selbst. Wobei der Besitz von kinderpornografischen Inhalten in der Praxis eine große Bedeutung hat.

Unter Besitz ist das tatsächliche Herrschaftsverhältnis zu verstehen. Folglich ist die Besitzverschaffung dann gegeben, wenn einen tatsächliche Übergabe mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme stattgefunden hat.

Warum wird das bloße Betrachten kinderpornografischer Bilder im Internet nach § 184b StGB bestraft?

Das bloße Betrachten kinderpornografischer Bilder im Internet stellt ebenfalls eine strafbare Handlung dar.

Denn die Bilder werden in der Regel automatisch im Cache-Speicher des Computers gespeichert. Das führt zum Besitz im Sinne der Vorschrift, auch wenn die Speicherung nicht bewusst manuell erfolgte.

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein durchschnittlich erfahrener Internetnutzer über die Funktionsweise informiert ist. Darüber hinaus soll die Strafbarkeit dieses Verhalten die Nachfrage nach neuen Bildern oder anderen Produkten senken.

Ein Strafverfahren ist belastend. Gerade bei Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte wird das Leben eines Verdächtigen auf den Kopf gestellt. Das soziale Umfeld, nicht selten auch Familienmitglieder, wenden sich oftmals von der betroffenen Person ab.

Daher ist die Hinzuziehung eines erfahrenen Strafverteidigers von enormer Bedeutung. Dieser unterstützt Sie in allen Verfahrensstadien und kann die bestmöglichen Verteidigungsperspektiven aufzeigen.

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