Strafverfolgung von Cannabis-Delikten trotz Entkriminalisierungsplänen

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Die Bundesregierung hat die Entkriminalisierung (und spätere Legalisierung) von Cannabis beschlossen und bereits mit dem Gesetzgebungsverfahren begonnen. Man sollte daher meinen, dass die Verfolgung von Cannabis-bezogenen Straftaten dadurch abnimmt. Schließlich ist es schwer vermittelbar, dass Judikative und Exekutive weiterhin mit dem Strafrecht das "stärkste Schwert des Rechtsstaates" gegen Bürger führen wegen Handlungen, die nach dem Willen der Legislative nicht mehr strafbar sein sollen. Lediglich die vielen Formalitäten des Gesetzgebungsverfahrens und die damit verbundene Dauer des Entkriminalisierungsprozesses führen dazu, dass die Gesetzeslage den Besitz geringerer Mengen von Cannabis aktuell noch verbietet. 

Trotzdem ist (leider) erkennbar, dass der gesetzgeberische Wille der Bundesregierung auf der Ebene der Strafverfolgungsbehörden offenbar nicht geteilt wird. Trotz des Wissens, dass bereits in wenigen Monaten der Besitz von bis zu 25g Marihuana legal sein wird, werden nach wie vor Ermittlungsverfahren wegen geringer und geringster Mengen Cannabis eingeleitet und Verurteilungen ausgesprochen. Es kommt sogar dazu, dass kurz vor eintretender Verjährung (in der Regel 5 Jahre beim Erwerb und Besitz) Ermittlungsverfahren aufgenommen werden, um Cannabiskonsumenten noch verfolgen zu können. 

Das ist nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht insbesondere für Gesundheits- oder Jugendschutz sowie Suchtprävention völlig sinnfrei, sondern auch aus rechtsstaatlicher Sicht äußerst zweifelhaft. In der seriösen Wissenschaft ist seit vielen Jahren unumstritten, dass mit der Kriminalisierung von (weichen) Drogen weder der Konsum unterbunden oder verringert, noch in sonstiger Weise für die Konsumenten oder die Allgemeinheit ein Vorteil geschaffen wird. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden nun nach langer Zeit von einer Bundesregierung eingesehen und ihren logischen Schlüssen wird gefolgt, was aus gesellschaftlicher und politischer Sicht zu begrüßen ist. Dennoch scheint ein gewisser Trotz bei manchen Strafverfolgungsbehörden vorzuherrschen. Ausgerechnet bei Polizei und Staatsanwaltschaft, die ständig über Überlastungen und Personalmangel klagen, führen derartige unsinnige Strafverfolgungen zu unnötigen, durch die Steuerzahler finanzierten weiteren Belastungen. Für wichtige Fälle bleibt dadurch oft keine Zeit.

Es bleibt daher nur zu hoffen, dass das Gesetzgebungsverfahren über die Entkriminalisierung von Cannabis so bald wie möglich abgeschlossen wird und nicht nur die Strafverfolgungsbehörden (zwangs-) entlastet werden, sondern auch den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern endlich ihre im Grundgesetz verankerte Freiheit gewährt wird. Bis dahin muss jedoch leider damit gerechnet werden, dass die Strafverfolgung (mindestens) so sehr weiter betrieben wird, wie vor den Legalisierungs-/Enkriminalisierungsplänen der Bundesregierung. Im Falle einer Vorladung, Anklage oder eines Strafbefehls wegen Marihuana ist daher nach wie vor volle Sorgfalt bei der Verteidigung geboten.


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