Strafverteidigung schon im Ermittlungsverfahren – „gleich zum Anwalt?“

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Die Situation: Beschuldigung, eine Straftat begangen zu haben

Eine Anzeige oder ein Verdacht verpflichten die Polizei und die Staatsanwaltschaft, einem Tatverdacht gegen eine Person nachzugehen. Tun sie das, entsteht formal ein Vorgang in Form eines Ermittlungsverfahrens gegen den Betroffenen, er wird zum Beschuldigten. Kenntnis hiervon erlangt der Beschuldigte hiervon z.B. durch die Kontaktaufnahme seitens der Polizei, verbunden mit dem Wunsch, eine Vernehmung durchzuführen oder durch weitergehendere Maßnahmen, wie etwa eine überraschende Hausdurchsuchung.

Abwarten?

Es stellt sich nun die Frage, ob gehofft werden darf, dass sich alles schon zum Guten wenden wird und die Konsultation eines Verteidigers nur für den „Notfall“ eines gerichtlichen Verfahrens vorzubehalten. Auch drängt sich der Gedanke auf, dass man sich ja möglicherweise nur noch verdächtiger macht, wenn sofort ein Anwalt eingeschaltet wird und man sich dadurch vermeintlich "unkooperativ" zeigt.

Recht auf Beistand eines Verteidigers von Anfang an

Letzterer Gedanke kann gleich wieder verworfen werden. Schon das Gesetz formuliert ausdrücklich das Recht des Beschuldigten, „sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers“ zu bedienen, § 137 Abs.1 StPO. Die Wahrnehmung dieses Rechtes kann, darf und wird daher unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten niemandem zum Nachteil gereichen.

Im Gegenteil: Der Beschuldigte kennt in der Regel weder seine genauen Rechte und Pflichten im Ermittlungsverfahren, noch diejenigen der Ermittlungsbehörden.

Chancen erfolgreicher Verteidigung im Ermittlungsverfahren …

Noch wesentlicher ist aber, dass die Einflussnahmemöglichkeiten der Verteidigung zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Vergleich zu den folgenden Verfahrensabschnitten am größten sind, denn das Ermittlungsergebnis „entsteht“ ja gerade erst. Hier ist also die Verteidigung in der Regel am effektivsten möglich, definiert durch das Verteidigungsziel, wie etwa eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen oder zumindest (z.B. durch ein Strafbefehlsverfahren) eine gerichtliche Hauptverhandlung zu vermeiden.

Hierzu ein wenig Statistik: 2011 z.B. wurden von insgesamt ca. 4,6 Millionen abgeschlossenen Verfahren ca. 1,2 Millionen durch Verfahrenseinstellung nach den §§ 153ff. StPO und ca. 539.000 durch Strafbefehl erledigt. Nur in ca. 508.000 Verfahren wurde hingegen Anklage erhoben (Quelle: Weigand, StraFO 2013, 45, 47 unter Berufung auf Statistisches Bundesamt, Ausgewählte Zahlen für die Rechtspflege, Fachserie 10, Reihe 2.6, 2011 -online-Version).

… versus Chancen erfolgreicher Verteidigung in einer gerichtlichen Hauptverhandlung

Ist eine Anklage erst einmal erhoben, kommt es also zu einer gerichtlichen Hauptverhandlung, dürfte sich die Zahl derjenigen Verfahren, die dann mit einem Freispruch enden, im Schnitt bei etwa 3% bewegen... In Bayern beispielsweise erfolgte im Jahr 2013 in nur 2,7% der Fälle (das waren 4.055 Personen von insgesamt 150.085) ein Freispruch (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Pressemitteilung 251/2014/45/B vom 25.8.2014).

Fazit: So früh wie möglich Handeln

Die Chance der effektiven Verteidigung so früh wie möglich durch Beistand eines Verteidigers sollte also keinesfalls vergeben werden.

Hubertus J. Krause

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

BLATT § KOLLEGEN, Schweinfurt


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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