Streit um Nachbarfenster: Gericht weist Anspruch auf blickdichte Gestaltung zurück
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Im "Fensterstreit" entschied das Oberlandesgericht Nürnberg (18.06.2024, Az. 6 U 2481/22), dass Eigentümer kein Recht haben, Nachbarfenster blickdicht und verschlossen zu halten, wenn dadurch unzumutbare Beeinträchtigungen entstehen.
In einer Welt, in der Privatsphäre im eigenen Zuhause von größter Bedeutung ist, sorgt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg für Aufsehen. Der sogenannte „Fensterstreit“ dreht sich um die Frage, ob ein Grundstückseigentümer das Recht hat, von seinem Nachbarn zu verlangen, Fenster, die weniger als 60 Zentimeter von der Grundstücksgrenze entfernt sind, blickdicht zu machen und geschlossen zu halten. Der Kläger im vorliegenden Fall forderte genau dies – und scheiterte in der Berufungsinstanz.
Ihr Recht auf Privatsphäre und das Nachbarrecht: Was Sie wissen sollten
Jeder Mensch möchte in seinem Zuhause Privatsphäre genießen. Doch wenn Fenster eines benachbarten Hauses nah an der Grundstücksgrenze liegen, fühlen sich viele Hausbesitzer unwohl und sehen ihre Privatsphäre bedroht. In Bayern gibt es dafür eine spezielle Regelung, das sogenannte „Fensterrecht“ (Art. 43 AGBGB). Diese Vorschrift besagt, dass Fenster, die weniger als 60 Zentimeter von der Grundstücksgrenze entfernt sind, auf Verlangen des Nachbarn so eingerichtet werden müssen, dass weder das Öffnen noch das Durchblicken bis zu einer Höhe von 1,80 Metern möglich ist.
Doch wie das aktuelle Urteil zeigt, gibt es auch hier Grenzen. Das Oberlandesgericht Nürnberg musste über einen Fall entscheiden, bei dem ein solcher Anspruch geltend gemacht wurde. Die Eigentümer zweier angrenzender Grundstücke standen im Konflikt: Der Kläger, Eigentümer eines im Jahr 2017 errichteten Einfamilienhauses, verlangte von seinen Nachbarn, ihre Fenster blickdicht zu machen und dauerhaft geschlossen zu halten. Diese Fenster befanden sich in einem Grenzbau, der nach einer Grundstücksteilung im Jahr 2000 entstanden war, und lagen weniger als 60 Zentimeter von der Grenze entfernt.
Warum das Gericht den Anspruch abgewiesen hat
Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied gegen den Kläger, obwohl die Voraussetzungen des „Fensterrechts“ grundsätzlich gegeben waren. Doch was hat das Gericht zu dieser Entscheidung bewogen?
Der 6. Zivilsenat führte einen Ortstermin durch, um die Situation vor Ort genau zu beurteilen. Dabei stellte sich heraus, dass die verlangte blickdichte Gestaltung und das dauerhafte Verschließen der Fenster massive Nachteile für die Beklagten mit sich bringen würden. Zwei wesentliche Punkte spielten dabei eine Rolle:
Licht und Luft: Wären die Fenster und die Balkontür blickdicht gemacht und verschlossen worden, hätte dies zu einer erheblichen Einschränkung der Licht- und Luftzufuhr in den betroffenen Räumen geführt. Bis zu 80 % der Fensterfläche wären betroffen gewesen, was zu einer unerträglichen Wohnsituation für die Nachbarn geführt hätte.
Fluchtweg: Besonders schwer wog, dass durch das Verschließen der Balkontür der notwendige zweite Fluchtweg der Wohnung verloren gegangen wäre. In Notfällen wie einem Brand könnte dies lebensgefährliche Folgen haben.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Durchsetzung des Anspruchs im konkreten Fall eine unzumutbare Härte für die Nachbarn darstellen würde. Daher wurde der Kläger in die Schranken gewiesen: Sein Anspruch auf blickdichte und verschlossene Fenster wurde abgelehnt.
Was bedeutet dieses Urteil für Sie?
Dieses Urteil zeigt deutlich, dass das Nachbarrecht und der Schutz der Privatsphäre nicht immer über den Interessen der Nachbarn stehen. Auch wenn das „Fensterrecht“ auf den ersten Blick klare Regeln setzt, kann die konkrete Umsetzung im Einzelfall unzumutbar sein – wie in diesem Fall, wo die Lebensqualität der Nachbarn erheblich beeinträchtigt worden wäre.
Fühlen Sie sich durch nah gelegene Fenster auf Ihrem Grundstück gestört? Oder sind Sie selbst von solchen Forderungen betroffen? Zögern Sie nicht, sich rechtlichen Rat einzuholen. Es gibt oft Wege, Ihre Rechte durchzusetzen oder sich gegen unangemessene Ansprüche zu wehren, ohne dass es zu einem Gerichtsprozess kommen muss.
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