Testament anfechten ⚠️ Gründe, Fristen, Vorgehen zur Anfechtung des Testaments

  • 8 Minuten Lesezeit

In der Praxis passiert es häufig, dass nahe Angehörige ein Testament des Erblassers anfechten. Meistens fühlt sich ein Angehöriger nicht gerecht behandelt und ist der Auffassung, dass ein Miterbe nicht berechtigt wäre. Allerdings gibt es darüber hinaus auch mehrere objektive gesetzliche Gründe, die ein Testament zur Unwirksamkeit führen.

Dazu zählen insbesondere Irrtümer, die Bedrohung von Personen oder Formfehler im Rahmen des Testaments. Wer eine Anfechtung durchsetzen möchte, sollte sich rechtlichen Beistand nehmen.

Das Wichtigste im Überblick

  • Im Gesetzt gibt es viele Regelungen, die zur Unwirksamkeit eines letzten Willens bzw. einzelner Verfügungen führen können
  • Nicht immer muss man das Testament anfechten.
  • Im Hinblick auf die Anfechtung müssen Sie bestimmte Fristen und Formen beachten
  • Eine besondere Regelung ist die sogenannte Selbstanfechtung durch den späteren Erblasser

Wann kann ich ein Testament anfechten?

Grundsätzlich hat keinesfalls jede Person das Recht, ein Testament des Erblassers anzufechten. Daher handelt es sich in der Praxis nahezu ausschließlich um nahe Angehörige. Diese fühlen sich zum Beispiel durch den letzten Willen des Verstorbenen ungerecht behandelt. Wer das Testament anfechten möchte, kann dies entweder im Ganzen oder in Teilen tun.

Einzige Voraussetzung für die Anfechtung ist lediglich, dass der Erblasser verstorben ist und somit der Erbfall eintrat. Das scheint eigentlich selbstverständlich, muss aber dennoch explizit erwähnt werden. Vor dem Ableben des Erblassers hat ein Testament nämlich keine Rechtswirkung, sodass in dem Fall auch keine Anfechtung möglich ist.

Aus welchen Gründen kann ich ein Testament anfechten?

In der Praxis gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die Sie zur Anfechtung des Testaments berechtigen. Die Anfechtung ist aber schwer durchzusetzen. Der Grund besteht im Wesentlichen darin, dass der anfechtende Angehörige die Beweislast trägt. Der Erblasser kann schließlich nicht mehr zu dem Vorwurf befragt werden.

Meistens bezieht sich die Anfechtung nicht auf das Testament in seiner Gänze, sondern lediglich auf eine einzelne Verfügung. Folgende Gründe - die allesamt auf Seiten des Erblassers liegen - berechtigen zur Anfechtung:

  • Inhaltsirrtum
  • Erklärungsirrtums
  • Motivirrtum
  • Erbunwürdigkeit
  • Rechtswidrige Drohung
  • Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten

Macht der Angehörige die Anfechtung nicht geltend, erwächst das Testament in Rechtskraft.

Inhaltsirrtum

Der sogenannte Inhaltsirrtum bezieht sich auf den Paragraphen 2078 Abs. 1 BGB. In diesem Fall hat sich der Erblasser zum Beispiel über die Bedeutung seiner Willenserklärung geirrt. Ein typischer Fall ist, dass rechtliche Begriffe genutzt werden, deren Bedeutung der Erblasser anders eingeschätzt oder nicht gekannt hat.

Erklärungsirrtum

Ein zweiter Grund ist der sogenannte Erklärungsirrtum, ebenfalls auf Grundlage des Paragraphen 2078 Abs. 1 BGB. In einem solchen Fall wollte der Erblasser eigentlich eine andere Willenserklärung äußern, als er es schließlich innerhalb des Testaments getan hat. Typisches Beispiel ist, dass der Erblasser laut Testament einem Angehörigen 5.000 Euro vermacht, es aber eigentlich nur 500 Euro sein sollten.

Motivirrtum

Der Motivirrtum bezieht sich auf den Paragraph 2078 Abs. 2, 1. Alternative BGB. Es handelt sich in der Praxis um den wichtigsten Grund, aus dem Angehörige ein Testament anfechten können. Der Motivirrtum besagt, dass eine Verfügung seitens des Erblassers aufgrund einer bestimmten Erwartung an die jeweilige Person getroffen wurde.

Diese Erwartung wird allerdings nicht erfüllt. Ein typisches Beispiel ist, dass der Erblasser davon ausgegangen ist, dass ihn der entsprechende Angehörige bis zu seinem Tod pflegt. Kommt der Begünstigte dieser Erwartung jedoch nicht nach, stellt das einen möglichen Anfechtungsgrund dar.

Rechtswidrige Drohung

Die Anfechtung aufgrund rechtswidriger Drohung ist geregelt in Paragraph 2078 Abs. 2, 2. Alternative BGB. Das wohl bekannteste Beispiel ist, dass der Begünstigte den Erblasser mit Androhung körperlicher Gewalt dazu bewegt hat, das Testament zu seinen Gunsten zu formulieren.

Erbunwürdigkeit

Die Erbunwürdigkeit als Anfechtungsgrund basiert auf dem Paragraph 2339 BGB. Sie beinhaltet, dass der Begünstigte sich gegenüber dem Erblasser eines schweren Vergehens schuldig gemacht hat. Dazu zählen insbesondere:

  • Tötung des Erblassers
  • Tötungsversuch
  • Hinderung am Verfassen des Testaments
  • Täuschung
  • Bedrohung
  • Urkundendelikt (Fälschung des Testaments)

Neben diesen aufgeführten Gründen gibt es noch weitere Ursachen für eine mögliche Unwirksamkeit des Testaments bzw. einer einzelnen Verfügung. Dort ist allerdings keine förmliche Anfechtung notwendig. Stattdessen kann sich jede Person auf diese Gründe berufen, insbesondere:

  • Formfehler im Testament
  • Gefälschtes Testament
  • Erblasser war testierunfähig
  • Sittenwidrige Verfügung
  • Testament verstößt gegen frühere Verfügungen, beispielsweise aus Erbverträgen

Ein Formfehler wäre zum Beispiel, wenn das Testament mittels einer Schreibmaschine und ohne Unterschrift verfasst ist. Neben der Fälschung kann ein letzter Wille auch dann angefochten werden, wenn sich die Echtheit des Testaments nicht nachweisen lässt.

Wann wird ein Testament nicht unwirksam?

Sollte der Angehörige mit seiner Anfechtung nicht durchdringen, wird das Testament bzw. die einzelne Verfügung wirksam.

Wenn es auch für den Angehörigen nicht schön sein mag, so ändern auch folgende Gründe / Umstände nichts daran, dass das Testament in seiner Wirksamkeit bestehen bleibt.

Dazu gehört zum Beispiel, dass der Erblasser sein Testament sehr kurz vor seinem Tod verfasst hat. Ebenfalls nicht ungültig wird der letzte Wille, falls ein bestimmter Familienangehöriger nicht bedacht wurde. Ein sogenannter Erbschleicher führt in der Regel auch nicht dazu, dass der letzte Wille deshalb unwirksam wird. Dies würde nur auf relativ schwere Fälle zutreffen.

Ebenfalls führt nicht zur Unwirksamkeit, wenn sich ein Angehöriger in den letzten Jahren besonders sorgsam um den Erblasser gekümmert hat mit dem Hintergedanken, beim Erbe besonders bedacht zu werden.

Ein aus Sicht eines Angehörten ungerechtes Testament führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit. Gleiches gilt unter der Voraussetzung, dass sich der Erblasser innerhalb seines letzten Willens gegenüber früheren Äußerungen widerspricht.

Wer darf ein Testament anfechten?

Grundsätzlich ist nicht jede Person berechtigt, ein Testament anzufechten. Auf Grundlage des Paragraph 2080 BGB dürfen ausschließlich Erben den letzten Willen anfechten, die durch die Unwirksamkeit einer Verfügung einen Vorteil erlangen. Aus dem Grund werden Testamente in der Praxis nahezu ausschließlich von Erb- und Pflichtteilsberechtigten angefochten.

Wie muss ich ein Testament konkret anfechten?

Falls eine formale Anfechtung des Testaments aufgrund eines der zuvor genannten Gründe notwendig ist, muss dies beim zuständigen Nachlassgericht erfolgen. Zuständig wiederum ist normalerweise das Nachlassgericht, welches sich am Wohnort des Erblassers befindet. Sie können einen letzten Willen entweder mündlich vor Ort beim Nachlassgericht anfechten oder eine schriftliche Erklärung abgeben.

In diesem Stadium müssen Sie übrigens noch keine Begründung für das Anfechten des Testaments abgeben. Erst bei einer eventuellen Verhandlung vor dem Gericht müssen Sie darlegen, aus welchem Grund Sie den letzten Willen bzw. eine einzelne Verfügung für nicht rechtswirksam halten. Dann greift die Beweislast, die Sie als Anfechtender stets haben.

Welche Fristen gelten für die Anfechtung eines Testaments?

Sie haben nicht unbegrenzt Zeit, wenn Sie einen letzten Willen des Erblassers anfechten möchten. Stattdessen müssen Sie sich an die Anfechtungsfrist halten, die ein Jahr beträgt. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, an dem Sie Kenntnis von dem Anfechtungsgrund erlangt haben. Frühestens kann die Anfechtungsfrist jedoch zum Todeszeitpunkt beginnen, also mit dem Erbfall. Die maximale Anfechtungsfrist beläuft sich auf 30 Jahre nach dem Erbfall.

Welche Formvorschriften muss ich bei der Anfechtung beachten?

Wie bei nahezu allen juristischen Angelegenheiten, müssen Sie auch bei der Anfechtung eines Testaments gewisse Formvorschriften beachten. Dazu gehört in erster Linie, dass Sie die Anfechtung gegenüber dem Nachlassgericht erklären müssen.

Die Anfechtungserklärung kann allerdings formlos in dem Sinne erfolgen, als dass kein bestimmter Wortlaut enthalten sein muss. Sie müssen lediglich deutlich machen, dass Sie den letzten Willen anfechten wollen. Empfehlenswert sind dennoch folgende Inhalte der Erklärung:

  • Name des Erblassers
  • Name und Anschrift des Anfechtenden
  • Aktenzeichen des Nachlassgerichts (falls vorhanden)
  • Exakte Bezeichnung des letzten Willens nebst anzufechtender Verfügung
  • Anfechtungsgrund (nicht obligatorisch)

Grundsätzlich sind Nachlassgerichte ohnehin dazu verpflichtet, jede Anfechtungserklärung erst einmal entgegen zu nehmen. Die Erklärung wird dann an den entsprechenden Gegner der Anfechtung weitergeleitet. Ob das Testament tatsächlich durch die Anfechtung unwirksam wird oder nicht, entscheidet später einzig und allein das Gericht.

Was kostet eine Anfechtung des Testaments?

Bevor Sie sich für die Anfechtung eines Testaments entscheiden, sollten Sie zumindest kurz einen Blick auf mögliche Kosten werfen. Diese richten sich vor allem danach, gegenüber wem die Anfechtungserklärung geltend gemacht werden soll. Zu unterscheiden ist hier zwischen dem Nachlassgericht, dem Vermächtnisnehmer oder dem Prozessgericht im Rahmen einer Erbunwürdigkeitsklage.

Die Gebühr für die Entgegennahme seitens des Nachlassgerichts ist relativ moderat, denn sie beläuft sich auf pauschal 15 Euro. Geben Sie die Anfechtungserklärung gegenüber dem Vermächtnisnehmer ab, müssen Sie keine Gerichtskosten zahlen.

Zu weiteren Kosten kann es im Anschluss kommen, wenn Sie sich für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts entscheiden. Dies ist zwar nicht obligatorisch vorgeschrieben, allerdings in vielen Fällen definitiv eine empfehlenswerte Maßnahme.

Geht die Anfechtung vor Gericht, müssen Sie zunächst sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten bezahlen. Eventuell besteht jedoch eine Rechtsschutzversicherung. Diese würde dann die entsprechenden Kosten - bei Deckungszusage - übernehmen. Bei einer Anfechtung im Rahmen der Erbunwürdigkeitsklage muss nach dem Gerichtsurteil die unterlegene Partei die Kosten tragen.

Anfechtung wegen nicht mehr aktuellem Willen des Erblassers

Eine Sonderform der Anfechtung eines Testaments ist die sogenannte Selbstanfechtung, die sich zum Beispiel auf ein Ehegattentestament oder einen Erbvertrag beziehen kann. Normalerweise muss der Erblasser sein eigenes Testament naturgemäß nicht anfechten, da er es zu Lebzeiten jederzeit wieder ändern bzw. widerrufen kann. Diese Nicht-Anfechtung des Erblassers basiert auf dem Paragraph 2253 BGB.

Eine Ausnahme gibt es allerdings, sofern die Änderung des Testaments bzw. ein Widerruf nicht möglich und ausgeschlossen ist. Hier gibt es zwei Gründe.

Erstens, es besteht ein notarieller Erbvertrag und der Erblasser hat sich darin gebunden. Ein zweiter Grund ist eine wechselbezüglich Verfügung, die im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testaments (z.B. Berliner Testament) getroffen wurde.

Sollte eine der zwei genannten Gründe vorliegen, darf der Erblasser seine eigene Verfügung anfechten. Man nennt dies in der Fachsprache Selbstanfechtung.

So kann CDR Legal Ihnen helfen

Falls aus ihrer Sicht ein Anfechtungsgrund vorliegt und Sie eine letzte Verfügung anfechten möchten, sollten Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die Anfechtungsgründe sind vielseitig und es ist immer mit Widerstand der Erben zu rechnen.

Im Erstgespräch zum Erbrecht können Sie Ihr Anliegen umfassend mit CDR Legal erörtern. Sie erhalten eine kompetente Rechtsberatung zu Ihrem individuellen Fall sowie eine anwaltliche Einschätzung zu Ihren Möglichkeiten. Falls Sie in Ihrer Sache weitere Hilfe in Anspruch nehmen möchten, klären wir Sie über etwaige Anwalts- und Verfahrenskosten frühzeitig auf.

Für das Erstgespräch im Erbrecht erheben wir eine Gebühr von 150 Euro (inkl. MwSt.) Diese Vergütung dient zur Qualitätssicherung in unserer Rechtsanwaltskanzlei und gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihr Anliegen mit einem im Spezialgebiet fachkundigen Anwalt zu erörtern.

Foto(s): 118805096 © Butch, https://stock.adobe.com/

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Corinna Ruppel LL.M.

Beiträge zum Thema