Testament und Formerfordernisse: Eine Mittelschrift oder Nebenschrift ist keine Unterschrift
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Zusammenfassung
Welchen formalen Anforderungen ein Testament Genüge tun muss, ist klar und eindeutig im Gesetz geregelt. Dennoch wird – aus Unwissenheit, wegen Eile oder aus anderen Gründen – immer wieder gegen diese Formerfordernisse verstoßen. Daher sind schon unzählige Gerichte mit der Frage befasst worden, ob und wie sich ein Verstoß gegen die gesetzlich vorgeschriebene Form auf die Gültigkeit des Testaments auswirkt. Vorliegend geht es darum, dass die zwingende Unterschrift in dem einen Fall nicht unter den Texten stand, sondern in der Textmitte, misslicherweise oberhalb der Erbeinsetzung, und in dem anderen Fall neben dem Text.
Die gesetzlich vorgeschriebene Form
Ein Muss: Das Testament muss zwingend von Anfang bis Ende handgeschrieben und mit der Unterschrift des Testators unterschrieben worden sein. Unterschrift heißt: Der Namenszug des Testators muss unter den testamentarischen Verfügungen stehen.
Die Unterschrift soll den Vor- und Nachnamen des Testators enthalten. Unterschreibt der Testator in anderer Weise, z.B. mit einem Kürzel, dann ist diese Unterschrift nur gültig, wenn sie eine positive Feststellung über die Urheberschaft des Testators und über seinen Testierwillen zulässt. Es muss also ausgeschlossen werden können, dass das Testament von einer anderen Person als dem Testator geschrieben wurde und dass es sich nur um einen Testamentsentwurf handelt.
Soll-Erfordernisse hingegen sind die Angaben über Zeit und Ort der Niederschrift. Den Ort und vor allem das Datum anzugeben, ist allerdings dringend zu empfehlen, um späteren Streitigkeiten über die Gültigkeit des Testaments vorzubeugen:
Enthält das Testament keine Zeitangabe, dann wird es nur als gültig angesehen, wenn sich das Datum der Niederschrift anderweitig feststellen lässt.
Und ist keine Ortsangabe enthalten, das Testament aber z.B. mit Sicherheit im Ausland verfasst worden, dann muss geprüft werden, ob es innerhalb Deutschlands gültig ist.
Wenn die „Unter“schrift nicht unter den Verfügungen steht:
Der Fall der Tante, die alles ihrem Neffen vererben wollte
Nach dem Tod seiner Tante fand der Neffe deren Testament im Nachlass. Das Testament hatte allerdings eine ungewöhnliche Form, weshalb es zwischen dem Neffen und seinen Tanten (den Schwestern der Erblasserin) vor dem Nachlassgericht des Amtsgerichts (AG) Rosenheim zu einem Streit um die Erteilung eines Erbscheins kam.
Folgendes Testament hatte die Tante errichtet:
„10.3.2022
Testament!
Ich, …. (Name der Erblasserin),
Vermache alles was ich habe:
- …………. (Sparkonto bei ………),
- …………. (Versicherung bei ………),
- ………….
- ………….
Unterschrift der Erblasserin
An Herrn …… (Name des Neffen)
……………….(Anschrift des Neffen)“
Das AG Rosenheim wies den Erbscheinsantrag des Neffen ab mit der Begründung, das Testament sei formungültig. Hiergegen erhob der Neffe Beschwerde vor dem Oberlandesgericht (OLG) München.
OLG München: Das Testament ist formungültig und damit nichtig
Die Beschwerde des Neffen wurde zurückgewiesen:
Obwohl die Tante das Testament in einen Umschlag mit der Aufschrift „Testament“ gut sichtbar in einer Vitrine platziert und in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis geäußert hatte, dass ihr Neffe ihr alleiniger Erbe werden solle, genügte das Testament nicht der gesetzlich zwingenden Form der Unterschrift:
Eine Mittelschrift ist keine Unterschrift, befand das OLG. Zwar sei es denkbar, dass ein Testament auch gültig sein könne, wenn sich unter der Unterschrift noch weiterer, nebensächlicher Text befinde. Im vorliegenden Fall allerdings befand sich die „Unter“schrift oberhalb der alleinigen testamentarischen Verfügung, nämlich der Einsetzung des Neffen als alleinigen Erben. Und dies, obwohl im Nachlass der Tante ein Ratgeber Testamentserrichtungen gefunden worden war.
Das OLG München sah die Ratio, also den Sinn und Zweck der Formvorschrift als nicht erfüllt an: Die Unterschrift solle denjenigen, der ein Testament verfasst, dazu veranlassen, sich selbst darüber klar zu werden, welchen Inhalt sein Testament haben soll. Es sei nicht ersichtlich, dass die Erblasserin über die Person, die alles bekommen sollte, ausreichende Klarheit verschafft habe. Das „Testament“ sei daher nur als Entwurf anzusehen.
(OLG München, Beschluss v. 25.08.2023, Az. 33 Wx 119/23, NJW 2023, 3801f).
Der Fall des Vaters, der verschiedene Angehörige als Erben einsetzen wollte
In einem anderen Fall hatte der Testator, ein britischer Staatsangehöriger, wie folgt testiert:
Maschinenschriftlich: "My last will"
Darunter handschriftlich: "A 40%, B 20%, C 20%, D 5% .......... "
Der Text befand sich in der oberen Hälfte eines DIN A4-Bogens, dessen untere Hälfte leer war. Die Unterschrift befand sich in der Mitte neben dem Text.
Der Sohn des Erblassers machte geltend, das Testament sei ungültig.
Wiederum das OLG München: Auch dieses Testament war ungültig
Eine Unterschrift habe , so das OLG, die Funktiobn eines räumlichen Abschlusses des Textes (Anmerkung: Damit nicht eine andere Person heimlich weitere Verfügungen über die Unterschrift einfügen kann).
Notfalls, etwa bei Platzmangel, könne eine Unterschrift auch neben den Text gesetzt werden, müsse diesen "nach der Verkehrsanschuung" aber abschließen.
Eine "Unter"schrift auf halber Höhe neben dem Text ohne ersichtlichen Grund stelle aber einen Formmangel dar mit der Folge der Ungültigkeit des Testaments (OLG München, Beschluss v. 09.08.2024, Az. 33 Wx 115/24 e, BeckRS 2024, 20202).
Was gilt, wenn ein Testament ungültig ist
Wenn es kein gültiges Testament gibt, gilt die gesetzliche Erbfolge:
In erster Linie erben die Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel) und der Ehegatte des Erblassers. War der Erblasser alleinstehend und ohne eigene Kinder, dann erben die Eltern, oder, wenn diese verstorben sind, deren Abkömmlinge, nämlich die Geschwister des Erblassers, und erst nach denen die Neffen und Nichten des Erblassers.
In dem ersteren Fall gingen die Tanten dem Neffen als gesetzliche Erbinnen also vor. Daher wurde der Erbschein den Schwestern der Erblasserin erteilt und nicht dem Neffen. Die Tante mag sich im Grabe umgedreht haben…. .
In dem letzteren Fall ging der Sohn des Erblassers allen anderen Bedachten vor. Auch denen mag es nicht gefallen haben.
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