THC unter 1,0 ng/ml: Keine MPU ohne zusätzliche Hinweise für einen Mehrfachkonsum!

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Der VGH Baden-Württemberg urteilte im Oktober 2014, dass eine MPU nach Führen eines Fahrzeuges unter dem Grenzwert von 1,0 ng/ml THC nur dann erfolgen kann, wenn zusätzliche Hinweise für eine Drogenbeeinflussung vorliegen.

Hier geriet ein Beschuldigter am 29.12.2013 um 21.00 Uhr in eine „allgemeine Verkehrskontrolle“. Dabei soll der Betroffene äußerlich eine Drogenbeeinflussung gezeigt haben, welche sich durch fehlende Pupillenreaktion beim Lichtreiztest und deutliches Lidflackern ergab. Die anschließenden „Leibesübungen“ ergaben keine Ausfallerscheinungen. Die Blutprobe ergab später eine Unterschreitung des Grenzwertes von 1,0 ng/ml THC. Zum Konsumverhalten befragt, gab der Betroffene an, „2 Tage vorher einen Joint geraucht“ zu haben.

Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete nach Kenntnis hiervon eine MPU (medizinisch-psychologische Untersuchung) für den Betroffenen an, was dieser ignorierte bzw. vergaß. Jedenfalls legte er das MPU-Gutachten der Führerscheinbehörde nicht innerhalb der gesetzten Frist vor und der Führerschein wurde ihm entzogen.

Der daraufhin durch den Betroffenen gegen die Entziehungsverfügung gestellte Eilantrag wurde durch das Verwaltungsgericht Freiburg abgewiesen. Schließlich erachtete der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die eingelegte Beschwerde des Betroffenen gegen dieses Urteil als zulässig, aber unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg teilte dann insoweit die Auffassung des VG Freiburg, dass im vorliegenden Fall zum einen nicht nur von jedenfalls gelegentlichem Konsum des Antragsstellers ausgegangen werden könne und zum anderen Tatsachen hinzukämen, die weitere Eignungszweifel begründen.

Insbesondere lägen Anhaltspunkte vor, die an einem Trennungsvermögen von Fahren und Konsum zweifeln ließen. Zwar sei ein Verstoß gegen dieses Trennungsverbot nach ständiger Rechtsprechung erst bei der Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss einer THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml gegeben. Jedoch könne ein unter diesem Grenzwert liegendes Ergebnis nicht allein die Feststellung begründen, dass ein Trennungsvermögen gegeben ist. Es bedürfe vielmehr einer weiteren Prüfung, ob zusätzlich Anhaltspunkte für ein Fehlen des Trennungsvermögens vorliegen. Und dies bejahte dann der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Einschätzung des Wirkungsverlaufs des eingenommenen Cannabis durch den Betroffenen und stützte sich nun auf die gegenüber den Polizeibeamten getätigte eigene Aussage „2 Tage vorher einen Joint geraucht“ zu haben.

Diese Angaben des Betroffenen seine glaubhaft. Und dies sei nach wissenschaftlichen Erkenntnissen entweder auf eine erhöhte Konsumfrequenz zurückzuführen oder mit einem Konsum in zeitlicher Nähe zum Fahrtantritt zu begründen. Jedenfalls sei dadurch die Fahreignung ausgeschlossen – auch wenn der Grenzwert 1 ng/ml THC nicht erreicht worden ist.

Im Widerspruchsverfahren sollte hier also genau überlegt werden, welche Angaben man zum Konsumverhalten macht...

VGH Baden-Württemberg Oktober 2014

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana und Partner in Berlin.


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