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Trennung: Wer behält die Ehewohnung?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Hat sich ein Ehepaar getrennt, stellt sich zunächst die Frage, wer bis zur Scheidung in der Ehewohnung bleibt. Steht die nämlich z. B. im Miteigentum der beiden, haben grundsätzlich beide Noch-Eheleute gleichermaßen einen Anspruch darauf, die Räumlichkeiten zu nutzen. Ist das Zusammenleben unter dem gleichen Dach aber nicht mehr möglich und will keiner ausziehen, müssen sich häufig Gerichte mit der sog. Wohnungszuweisung beschäftigen.

Nutzung der Ehewohnung trotz Auszug

Nach der Trennung von seiner Frau zog der Ehemann mit seiner neuen Lebensgefährtin und deren Sohn in eine ca. 100 m² große Wohnung. Dennoch suchte er regelmäßig das Einfamilienhaus auf, das bisher als Ehewohnung gedient hatte und sowohl ihm als auch seiner Ehefrau jeweils zur Hälfte gehörte. Schließlich hatte der Mann sich dort ein Arbeitszimmer eingerichtet – wofür er in der neuen Wohnung nach eigenen Angaben keinen Platz hatte. Auch lagerte er dort noch diverse Kleidungsstücke und sonstige Gegenstände.

Die Noch-Ehefrau hielt diesen Zustand für untragbar. Denn ihr Mann könne zu jeder Tag- und Nachtzeit unangekündigt im Haus auftauchen, in ihrer Abwesenheit ihre Sachen durchsuchen und gemeinsamen Hausrat mitnehmen. Auch habe er ihren ebenfalls im Arbeitszimmer stehenden Schreibtisch einfach entfernt sowie andere Räume im Haus genutzt. Diese Situation belaste sie psychisch sehr stark – was sie durch ein ärztliches Attest nachweisen könne. Sie beantragte daher für die Trennungszeit beim zuständigen Gericht unter anderem die Zuweisung der Ehewohnung an sie selbst sowie Räumung der Ehewohnung durch den Mann. Der erwiderte, seine Frau verhalte sich schikanös – im Übrigen könne sie die psychische Belastung schnell beenden, wenn sie sich endlich entscheiden könnte, ob sie Alleineigentümerin der Immobilie werden oder ihren Anteil an ihn verkaufen will.

Noch-Ehemann muss die Wohnung verlassen

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm wies die Wohnung für die Zeit der Trennung der Ehefrau zu, vgl. § 1361b I Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Allgemeines zur Wohnungszuweisung

Grundsätzlich gilt, dass die Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b BGB nur für die Trennungszeit bis zur Scheidung einer Ehe möglich ist – sie ist also keine dauerhafte Lösung.

Auch ist eine Wohnungszuweisung nicht schon möglich, wenn z. B. ein Ehegatte lediglich „seine Ruhe“ möchte. Voraussetzung ist vielmehr, dass die Zuweisung zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich ist. Das ist unter anderem der Fall bei Gewaltanwendungen oder Drohungen durch den Ehegatten, der aus der ehelichen Wohnung ziehen soll. Es genügt aber auch, dass die Spannungen zwischen den Partnern über den „normalen“ Umfang während einer Trennungsphase hinausgehen und zu einer unerträglichen Belastung bei einem der Ehegatten führen. Ferner spielt die Eigentumssituation – Wem gehört die Immobilie? – eine wichtige Rolle. Zwar kann unter Umständen auch der Eigentümer seiner eigenen Wohnung verwiesen werden – er kann dann aber eine angemessene Nutzungsentschädigung verlangen.

Einfamilienhaus als Ehewohnung?

Vorliegend war der Ehemann nicht gewalttätig geworden. Auch war er Miteigentümer des Einfamilienhauses – keinem der Ehegatten war daher, z. B. wegen Versorgung von Kindern, der „Vortritt“ vor dem anderen bei der Wohnungszuweisung zu gewähren. Ferner handelte es sich trotz Auszugs des Mannes noch immer um die Ehewohnung des Paares. Zwar hatte er seiner Noch-Ehefrau die Wohnung trennungsbedingt überlassen, sie aber noch nicht vollständig aufgeben: Denn auch wenn er vorrangig mit seiner neuen Partnerin zusammenlebte, betrat er doch regelmäßig das Haus, das dem Ehepaar bislang als „gemeinsame Unterkunft gedient“ hatte. Auch ging er davon aus, noch immer zur Umgestaltung der Räumlichkeiten befugt zu sein. So entfernte er z. B. den Schreibtisch der Frau aus dem Arbeitszimmer. Ferner nutzte er auch die anderen Zimmer, wie z. B. die Küche.

Wohnungszuweisung war dringend erforderlich

Die weitere Nutzung der Ehewohnung durch den Mann führte jedoch bei seiner Noch-Ehefrau nachweisbar zu einer psychischen Belastung, die Situation war für sie „nahezu unerträglich“. Sie musste ständig damit rechnen, dass ihr Ehemann ohne Voranmeldung im Haus aufkreuzt, nur um angeblich das Arbeitszimmer zu nutzen. Da der Mann freiwillig ausgezogen war, hätte er den Platzbedarf für ein Arbeitszimmer bereits bei der Wohnungssuche einplanen können. Unabhängig davon hielten die Richter die neue Wohnung mit 100 m² entgegen der Ansicht des Ehegatten für geräumig genug, um dort wenigstens einen Arbeitsbereich einzurichten.

Neben der Wohnungszuweisung gab das Gericht weiteren Anträgen der Frau statt, wonach der Ehemann unter anderem das Einfamilienhaus vollständig räumen und den Hausschlüssel herausgeben musste.

(OLG Hamm, Beschluss v. 23.03.2015, Az.: 4 UF 211/14)

(VOI)

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