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Treppenlift eingebaut – als außergewöhnliche Belastung absetzbar?

  • 4 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Die Menschen in Deutschland werden immer älter, das ist eine Tatsache. Aus diesem Grund ändern sich auch die Streitpunkte, die schlimmstenfalls gerichtlich geklärt werden müssen. Eines dieser Themen ist die Frage, ob der Einbau eines Treppenlifts steuerlich zu berücksichtigen ist oder nicht. Diese Frage hat das Finanzgericht (FG) Münster nach zehnjähriger Dauer und im dritten Rechtsgang endlich endgültig entschieden.

Einbau eines Treppenlifts

Ende des Jahres 2005 veranlasste ein älteres Ehepaar den Einbau eines Treppenlifts in ihrem selbst genutzten Einfamilienhaus, da der Mann die Treppen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr steigen konnte. In ihrer Einkommensteuererklärung 2005 machten sie die Kosten i. H. v. 18.664 Euro als außergewöhnliche Belastungen i. S. d. § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend. Zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit des Treppenlifts reichten sie ein Attest des behandelnden Hausarztes und Internisten ein. In diesem Attest führte der Arzt aus, dass es dem über 90-jährigen Mann aufgrund seiner Krankheiten nicht mehr möglich sei, Treppen zu steigen. Aus medizinischer Sicht sind die Voraussetzungen für eine Schwerbehinderung mit außergewöhnlicher Gehbehinderung gegeben.

Attest vom Finanzamt nicht anerkannt

Die Aufwendungen für den Einbau des Treppenlifts erkannte das zuständige Finanzamt (FA) aber nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Gegen diesen Bescheid legte das Ehepaar zunächst Einspruch ein. Und obwohl ein weiteres ärztliches Attest der internistischen Gemeinschaftspraxis beigefügt war, wurde der Einspruch abgelehnt. Das FA begründete dies damit, dass ein Treppenlift als ein medizinisches Hilfsmittel im weiteren Sinne anzusehen ist. Ein solcher Lift wird zwar hauptsächlich von Personen angeschafft, die keine Treppen mehr steigen können, aber eben auch von gesunden Menschen, die lediglich ihre Lebensqualität steigern möchten. Aus diesem Grund ist für die steuerliche Absetzbarkeit von medizinischen Hilfsmitteln der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit zwingend nötig und muss bereits vor der Anschaffung durch ein amts- oder vertrauensärztliches Gutachten erbracht werden – das vorgelegte Attest des behandelnden Hausarztes reicht dafür bei Weitem nicht aus.

Erstes Urteil im November 2010

Mit dem ablehnenden Bescheid des FA war die Witwe ihres im Jahr 2007 verstorbenen Mannes nicht einverstanden und erhob gegen das FA vor dem zuständigen FG Münster Klage. Die zuständigen Richter wiesen die Klage aber mit dem Hinweis ab, dass kein ausreichender Nachweis für den medizinischen notwendigen Einbau eines Treppenlifts vorläge. Gegen dieses Urteil reichte die Frau Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) ein – mit Erfolg. Das Urteil wurde aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Die Richter des BFH begründeten ihre Entscheidung damit, dass das FG genauer prüfen müsse, ob der Einbau des Treppenlifts im vorliegenden Fall medizinisch notwendig war oder nicht.

Zweites Urteil im September 2012

In dem zweiten Verfahren vor dem FG Münster wurde die Klage erneut abgewiesen. Die Richter begründeten dies damit, dass nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ein Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall zwingend notwendig gewesen ist, da es sich bei einem Treppenlift um ein medizinisches Hilfsmittel gem. § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) handelt, das als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen ist. Ob im Einzelfall eine Zwangsläufigkeit vorliegt, kann nur durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK) erfolgen. Die Klage wurde abgewiesen, da dies hier nicht geschehen war. Auch gegen dieses Urteil reichte die Witwe Revision zum BFH ein – wieder mit Erfolg. Das FG musste nach Aufhebung des Urteils erneut über den Fall entscheiden.

Drittes und letztes Urteil im Februar 2016

Nachdem die Mutter im Jahr 2015 verstarb, führte der Sohn die Klage fort und hatte schließlich Erfolg. Entgegen ihrer bisherigen Auffassung entschieden die Richter des FG, dass die eingereichten medizinischen Gutachten und Bescheinigungen ausreichen, um die medizinische Indikation des Treppenlifts nachzuweisen. Die Kosten für den Einbau eines Treppenlifts bei einem gehbehinderten Steuerpflichtigen sind in diesem Fall ohne einen besonderen formalisierten Nachweis als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, da der Einbau zur Linderung der Krankheiten des Steuerpflichtigen beigetragen hat. Bei einem Treppenlift handelt es sich also nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens i. S. d. § 33 Abs. 1 SGB V. Folglich mussten die Kosten des Einbaus als außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt werden.

Fazit: Nachdem die Gesundheitsbehörden gem. § 64 Abs. 1 S. 2 EStDV verpflichtet sind, einen Versicherten gesundheitlich zu begutachten, sollte man vor dem Einbau eines Treppenlifts zwingend ein amtsärztliches Attest bzw. eine Bescheinigung des MDK einholen – damit die Kosten im Rahmen der Steuererklärung auch sicher berücksichtigt werden.

(FG Münster, Urteil v. 11.02.2016, Az.: 3 K 1097/14 E)

(WEI)

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