Überlastung der deutschen Justiz
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- In Deutschland werden zusätzliche 2000 Richter und Staatsanwälte benötigt.
- Etwa 40 % aller Richter und Staatsanwälte gehen bis 2030 in den Ruhestand.
- Gerichtsverfahren dauern länger, weil sie internationaler und komplexer geworden sind.
Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Bundesländern ergab, dass deutsche Gerichte an der Belastungsgrenze arbeiten. Zwar wurde bundesweit neues Personal im Justizdienst eingestellt. So wurden seit 2016 in Baden-Württemberg 700 Stellen in der Justiz neu besetzt. Trotzdem reicht das bei Weitem nicht aus, um die bundesweite Personalknappheit im Justizwesen zu beseitigen.
Was sind die Ursachen für die Überlastung?
Obwohl die Anzahl der Straftaten seit Jahren rückläufig ist, hat sich die Bearbeitung einiger Strafverfahren erschwert, weil sie in vielen Fällen Auslandsbezug haben und sich oft gegen international organisierte Tätergruppen richten. Als Folge davon müssen umfangreiche Ermittlungen angestellt und riesige Datenmengen ausgewertet werden, die zum Teil die Mithilfe ausländischer Behörden erfordern. Dadurch ziehen sich die Verfahren in die Länge und der Personalbedarf steigt. Bei überlangen Strafverfahren setzt bei vielen Straftaten die Verjährung ein und Verdächtige müssen aus der Untersuchungshaft entlassen werden.
Aufgrund zahlreicher Klagen abgelehnter Asylbewerber haben die meisten Verwaltungsgerichte in Deutschland ebenfalls ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Auch die Sozialgerichte sind mit den juristischen Überprüfungen von Hartz IV-Bescheiden bereits seit einigen Jahren überfordert.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Verdienstmöglichkeiten für Juristen in der freien Wirtschaft wesentlich besser sind als im öffentlichen Dienst. Daher entscheiden sich viele Berufsanfänger für einen lukrativen Job in einem Unternehmen.
Pensionierung von Richtern und Staatsanwälten verschärft die Situation
Laut Auskunft des Deutschen Richterbundes werden bis zum Jahr 2030 ca. 40 % aller Richter und Staatsanwälte pensioniert. Daher ist zu erwarten, dass sich die Situation zuspitzen wird, wenn sich die Personalsituation bis dahin nicht drastisch verändert.
Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien einen „Pakt für den Rechtsstaat“ beschlossen, der u. a. die Einstellung von 2.000 Richtern und Staatsanwälten beinhaltet. Daraufhin beschloss die Bundesregierung am 31.01.2019, den Ländern insgesamt 220 Millionen Euro für neues Justizpersonal zur Verfügung zu stellen. Sobald die Länder nachweisen, dass sie (rückwirkend ab 2017) 1.000 neue Stellen geschaffen haben, erhalten sie die Hälfte des Betrages. Den Restbetrag bekommen die Länder, wenn bis 2021 alle 2.000 Stellen geschaffen sind.
Kann man wegen eines überlangen Verfahrens klagen?
Zwar hat ein Entschädigungsanspruch nach § 198 GVG wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens vor Gericht in der Regel wenig Aussicht auf Erfolg, in einigen Fällen wurde aber einer Klage wegen überlanger Gerichtsverfahren stattgegeben:
Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 29.01.2016 – 7 EK 12/15) hat einem Kläger einen Entschädigungsanspruch zugesprochen, dessen verkehrsrechtliches Gerichtsverfahren länger als zwölf Monate andauerte.
Des Weiteren wurde das Land-Baden-Württemberg vom Oberlandesgericht Karlsruhe zur Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer verurteilt (Urteil vom 19.12.2013 – Az.: 23 SchH 2/13 EntV). In diesem Fall ging es um ein Güterrechtsverfahren, dessen angemessene Verfahrensdauer um sechs Jahre und sieben Monate überschritten wurde.
(RHE)
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