Überzogene Handwerkerrechnungen – Unwissenheit oder Betrug?

  • 5 Minuten Lesezeit

Handwerkerleistungen sind oft unverzichtbar – sei es für Reparaturen, Renovierungen oder den Bau eines Hauses. Doch immer wieder kommt es vor, dass Kunden überzogene Rechnungen erhalten. Dabei stellt sich die Frage: Handelt es sich um ein Missverständnis, Unwissenheit oder gar um bewussten Betrug? 

Wann gilt eine Handwerkerrechnung als überhöht?

Eine Handwerkerrechnung ist überhöht, wenn die verlangte Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung steht. Der Handwerker schuldet eine vertragsgemäße und angemessene Leistung. Überschreitungen des vereinbarten Preises oder deutlich überhöhte Stundensätze können problematisch sein, insbesondere wenn der Kunde über die Mehrkosten nicht vorab informiert wurde.

Beispiel:
Ein Kunde beauftragt einen Handwerker mit der Installation einer neuen Heizung. Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf 5.000 Euro. Nach Abschluss der Arbeiten fordert der Handwerker jedoch 8.000 Euro. Eine solche Überschreitung ist nur zulässig, wenn der Kunde vorab ausdrücklich informiert wurde und der Preissteigerung zugestimmt hat.


Was tun, wenn keine klare Preisvereinbarung getroffen wurde?

Wurde kein fester Preis vereinbart, gilt die (orts-)übliche Vergütung. Diese richtet sich nach den Preisen, die in der Region für vergleichbare Leistungen üblich sind. Handwerker können also keine Fantasiepreise verlangen. Kunden haben das Recht, die Rechnung überprüfen zu lassen, wenn die geforderte Vergütung über dem Marktpreis liegt.

Tipp:
Vergleichen Sie die Rechnung mit Angeboten anderer Handwerker oder erfragen Sie bei der Handwerkskammer die ortsüblichen Preise.


Was tun, wenn mehrere Handwerker zum Einsatz kommen?

In den letzten Jahren wird vermehrt festgestellt, dass Handwerksbetriebe mehrere Mitarbeiter zu einem Auftrag schicken, um anschließend höhere Kosten in Rechnung zu stellen. Dies geschieht oft, ohne dass der Kunde vorher über den Einsatz von mehreren Handwerkern oder die damit verbundenen Mehrkosten informiert wurde. Solches Vorgehen kann nicht ohne Weiteres abgerechnet werden.

Es gehört zu den vertraglichen Nebenpflichten eines Handwerkers, den Kunden vorab über die Notwendigkeit und die Kosten zusätzlicher Arbeitskräfte zu informieren. Fehlt diese Information, kann der Kunde eine Korrektur derselben verlangen.

Beispiel:
Ein Kunde bestellt einen Klempner, um einen Wasserrohrbruch zu reparieren. Ohne Vorwarnung kommen drei Handwerker, die alle ihre Arbeitsstunden separat in Rechnung stellen. Der Kunde hätte die Reparatur durch einen einzelnen Handwerker beauftragt und muss die zusätzlichen Kosten für die anderen Arbeitskräfte nur zahlen, wenn er zuvor ausdrücklich zugestimmt hat.


Wie erkenne ich überzogene Stundensätze oder Materialkosten?

Überhöhte Stundensätze sind ein häufiger Streitpunkt. Den Handwerker trifft eine vertragliche Nebenpflicht zur Transparenz. Er muss nachvollziehbar darlegen, wie die Stundensätze und Materialkosten kalkuliert wurden. Insbesondere Materialaufschläge, die weit über den Einkaufspreisen liegen, können unzulässig sein.

Beispiel:
Ein Handwerker berechnet für den Austausch einer Wasserleitung 50 Arbeitsstunden, obwohl die Arbeiten tatsächlich nur drei Tage dauerten. Oder es wird eine Pauschale für Materialkosten in Rechnung gestellt, obgleich kein eigenes oder nur geringes eigenes Material verbraucht worden ist. 


Wie sollten Sie als Kunde bei überhöhten Handwerkerrechnungen vorgehen?

  1. Rechnung prüfen:
    Überprüfen Sie zunächst die Rechnung darauf, ob diese mit dem was vereinbart wurde übereinstimmt, ob zusätzliche Arbeitskräfte aufgeführt und die Arbeitsstunden, Materialkosten und sonstigen Nebenkosten plausibel dargestellt sind.

  2. Nachweise fordern:
    Bitten Sie den Handwerker ggf. um eine Begründung, warum bestimmte Rechnungspositionen abgerechnet werden, mehrere Personen notwendig waren und ob dies vorab kommuniziert wurde.

  3. Zahlung verweigern:
    Sollte die Rechnung nicht mit dem übereinstimmen, was vorher vereinbart war, können Sie die Zahlung der Mehrkosten zunächst verweigern und eine Korrektur verlangen. Ggf. können Sie die Zahlung auch ausdrücklich "unter Vorbehalt" leisten.

  4. Schlichtung versuchen:
    Kontaktieren Sie die Schlichtungsstelle der Handwerkskammer, wenn der Handwerker auf seine Forderung besteht.

  5. Anwalt einschalten:
    Sollte keine Einigung möglich sein, kann ein Anwalt prüfen, ob die Mehrkosten rechtlich durchsetzbar sind. In vielen Fällen lohnt es sich, die Rechnung gerichtlich überprüfen zu lassen.

Was können Sie als Handwerker tun, um Unstimmigkeiten zu vermeiden?

  1. Schriftliche Vereinbarungen treffen:
    Legen Sie vor Beginn der Arbeiten in einem schriftlichen Vertrag die wichtigsten Punkte fest. Dazu gehören u. a. Arbeitsumfang, Zeitplan, Kosten und mögliche Zusatzleistungen. Klären Sie auch, ob ein Festpreis oder eine Abrechnung nach tatsächlichem Aufwand vereinbart wird. Klären Sie im Vorfeld auch, ob Zusatzkosten durch den Einsatz weiterer Mitarbeiter entstehen können, und teilen Sie diese dem Kunden transparent mit. Beachten Sie bei privaten Kunden unbedingt, dass Sie diese vor den Arbeiten über deren Widerrufsrecht belehren müssen, wenn der Vertrag außerhalb Ihrer Geschäftsräume oder im Fernabsatz abgeschlossen wurde (z. B. im Rahmen eines Hausbesuchs oder telefonisch). Beginnen Sie die Arbeiten erst, wenn der Kunde schriftlich auf sein Widerrufsrecht verzichtet hat. Ohne diesen Verzicht riskieren Sie, dass der Kunde seine Vertragserklärung nachträglich widerruft und die Bezahlung verweigert oder zurückfordert.
  2. Ortsübliche Vergütung beachten:
    Wenn keine feste Vergütung im Vertrag vereinbart wurde, gilt die übliche Vergütung. Informieren Sie sich vorab über die regional üblichen Preise für vergleichbare Leistungen.
  3. Arbeiten sorgfältig dokumentieren:
    Erfassen Sie während der Ausführung alle Arbeiten detailliert, einschließlich der Arbeitsstunden und des verwendeten Materials. Lassen Sie sich die Dokumentation nach Abschluss der Arbeiten vom Kunden schriftlich bestätigen. 
  4. Offene und transparente Kommunikation:
    Halten Sie den Kunden stets auf dem Laufenden. Informieren Sie ihn rechtzeitig über Änderungen, unerwartete Mehraufwände oder den Einsatz zusätzlicher Handwerker. Holen Sie sich bei Änderungen des Auftrages stets die schriftliche Zustimmung des Kunden ein.
  5. Fortlaufend Schulungen besuchen:
    Bleiben Sie durch regelmäßige Schulungen der Handwerkskammer oder anderer Fachverbände über aktuelle rechtliche und technische Anforderungen informiert. 
  6. Rechtlich beraten lassen:
    Lassen Sie sich (vorab und regelmäßig) rechtlich beraten, um sicherzustellen, dass Ihr Handeln rechtlich zulässig ist sowie Ihre Verträge und Abrechnungen den geltenden Vorschriften entsprechen. Damit zusammenhängende Kosten können meist als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden.

Fazit

Überhöhte Rechnungen und der unangekündigte Einsatz mehrerer Handwerker sind häufige Probleme, die nicht nur zu Rechtsstreitigkeiten, sondern auch zu Vertrauens- und Reputationsverlust führen. Mit den richtigen rechtlichen Weichenstellungen lassen sich solche Unstimmigkeiten vermeiden. Klare Absprachen, transparente Abrechnungen und eine gute Kommunikation sind der Schlüssel zu langfristigem Erfolg und einer (dauerhaften) vertrauensvollen Beziehung zwischen Handwerker und Kunde.



Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter: https://www.redell.com/blog

Für rechtliche Anfragen melden Sie sich gerne unverbindlich bei uns über rechtsanwalt@redell.com oder nutzen Sie auch gerne unseren Online-Anfrage-Chatbot auf der Homepage.        

Foto(s): ©Adobe Stock/Syda Productions

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Patrick Redell

Beiträge zum Thema