Umfang der Rechtskraft einer Klagestattgabe bei Grundstückskauf

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Die rechtskräftige Verurteilung zur Zahlung restlichen Kaufpreises stellt nicht das Bestehen des Kaufvertrags mit Bindungswirkung für den Folgeprozess fest. Insoweit handelt es sich nur um die Feststellung einer Vorfrage, die jedoch nicht in Rechtskraft erwächst.


Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin zum Betrieb eines Hotels eine noch zu vermessende Grundstücksfläche erworben und sich zur Errichtung des Bauwerks auf Grundlage der dem Notarvertrag beigefügten Vorentwürfe verpflichtet. Kurz vor dem Notartermin tauschte die Beklagtenseite diese Anlagen aus, woraufhin ein optionaler Baukörper entfiel. Nachdem die Klägerin von einer Mittelspannungsleitung auf dem Grundstück erfuhr, erklärte sie den Teilrücktritt vom Kaufvertrag und verlangte weiteren Schadensersatz. Das Landgericht wies diese Klage ab und gab der Widerklage der Beklagten auf Zahlung restlichen Kaufpreises und Erstattung von Vermessungskosten rechtskräftig statt. Parallel hierzu begehrte die Klägerin u.a. die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für die ihr durch den Austausch der Anlagen des Kaufvertrages entstandenen Schäden und wurde auch insoweit rechtskräftig abgewiesen. Gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Zahlungsurteil sowie einer Vertragsstrafenregelung aus dem notariellen Kaufvertrag erhob die Klägerin Vollstreckungsgegenklage, da durch den Teilrücktritt auch die Vertragsstrafe entfallen sei. Sie blieb unter Hinweis auf die rechtskräftigen Entscheidungen gleichfalls erfolglos.


Gem. BGH-Urteil vom 17.02.2023 – V ZR 212/21 – beruhte dies auf einer Verkennung deren Rechtskraft. Zwar besteht nach § 322 Abs. 1 ZPO eine Bindung des Gerichts an die Vorentscheidung, wenn die rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge im nachfolgenden Rechtsstreit eine Vorfrage darstellt. Dies bezieht sich indes lediglich auf die in dem Urteil ausgesprochene Rechtsfolge, d.h. den vom Gericht gezogene Schluss hierauf. Ebenso wenig, wie etwa das eine Räumungsklage bescheidende Urteil eine Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen des Miet- oder Pachtverhältnisses enthält, gilt dies auch für die im Vorprozess getroffenen Feststellungen zur Wirksamkeit des Kaufvertrages und Unwirksamkeit des erklärten Teilrücktritts. Diese stellten lediglich nicht in Rechtskraft erwachsende Vorfragen dar, sodass die Wirksamkeit des Kaufvertrages einer eigenen Sachprüfung durch das Berufungsgericht oblag.


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