Unfall wegen eines Nagels im Reifen in der Kaskoversicherung

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OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.12.2020 - 9 U 124/18

Wenn ein Reifen während der Fahrt durch einen eingedrungenen Fremdkörper platzt, handelt es sich um ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis, mithin um einen Unfall im Sinne der üblichen Bedingungen in der Vollkaskoversicherung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Fremdkörper auf der Fahrbahn liegt und vom Fahrzeug überfahren wird oder ob sich der Fremdkörper schon vorher im Reifen befand und erst später durch Einwirkungen während der Fahrt das Platzen des Reifens verursacht.

Ein Unfall im Sinne der üblichen Bedingungen in der Vollkaskoversicherung liegt hingegen nicht vor, wenn ein schon vorher bestehender Reifenschaden, eine fehlerhafte Montage oder fehlerhafter Luftdruck alleinige Ursache für das Platzen des Reifens während der Fahrt war.

Macht der VN nach dem Platzen des Reifens Leistungen aus der Vollkaskoversicherung geltend, muss er die Voraussetzungen eines Unfalls beweisen. Dazu gehört der Nachweis, dass ein eingedrungener Fremdkörper für das Platzen des Reifens ursächlich war.

Formulierungen in den Versicherungsbedingungen, wie: „Nicht als Unfall gelten Schäden aufgrund eines Brems- und Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden…“ sind keine Ausschlussklauseln, sondern stellen nur den Versuch einer Erläuterung des Begriffs „Unfall“ dar. Diese Formulierungen ändern nichts daran, dass der Rechtsprechung des BGH geklärte Unfallbegriff entscheidend bleibt.

So sehr klar das hier zitierte Urteil ist und so sehr es den Eindruck hinterlässt, dass es dem geschädigten VN nützlich ist, so sehr hat es auch seine Tücken. Denn letztlich muss der VN beweisen, dass es sich um einen Unfall wegen eines Fremdkörpers, der von außen in den Reifen gelangte, handelte. Wer denkt schon unmittelbar nach dem Unfallereignis daran, die Reste des zerstörten Reifens zusammenzusammeln, hat man doch in der Regel doch damit zu tun, sich und die Fahrzeuginsassen zu retten? In einem Gerichtsprozess kann dann nur noch ein Sachverständigengutachten anhand der Unfallfotos helfen.


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