Unfallversicherung: Rückforderung von Leistungen kann unzulässige Rechtsausübung darstellen

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Hat sich der Unfallversicherer in seiner Erklärung über die Leistungspflicht zur sog. Erstbemessung eine spätere Neubemessung nicht explizit vorbehalten, führt dies nicht zu einer Bindung an diese Erklärung in einem Rechtsstreit über die Erstbemessung.

Einer Rückforderung einer geleisteten Invaliditätsleistung kann aber der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Versicherer in seiner Erklärung den Eindruck erweckt hat, die Höhe der Leistung endgültig erklären zu wollen.

Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11.09.2019 zum Aktenzeichen IV ZR 20/18 entschieden.

Der Hintergrund war folgender:

Der Versicherer hatte nach einem Unfallereignis Invaliditätsleistungen erbracht. Mit deren Höhe war der Versicherungsnehmer nicht einverstanden und klagte. Das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten kam zu einem geringeren Invaliditätsgrad mit der Folge, dass der Versicherer Leistungen zurückforderte. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass der Rückforderungsanspruch nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil sich der Versicherer das Recht auf Neubemessung nicht vorbehalten hat, da es vorliegend nicht um eine Neubemessung, sondern eine fehlerhafte Erstbemessung ging. Bei der Erstbemessung ist die Erklärung eines Vorbehaltes nicht erforderlich.

Dem Rückforderungsanspruch stand aber der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Der Versicherer hatte durch seine Formulierungen aktiv einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Er hatte das eingeholte Gutachten als „Abschlussgutachten“, die Leistungshöhe als „abschließend“ bezeichnet und dem Versicherungsnehmer „für die Zukunft alles Gute“ gewünscht. Dadurch habe er bei dem Versicherungsnehmer ein Vertrauen in die erbrachte Leistung hervorgerufen. Der Versicherungsnehmer war schutzwürdig und der Versicherer konnte die zu viel erbrachte Leistung nicht zurückfordern.

Rechtstipp:

Hat der Versicherer im Rahmen der Erstbemessung Leistungen erbracht und fordert er diese zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder teilweise zurück, ist immer zu prüfen, ob der Rückforderung der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegensteht. 

Aufgrund meiner Erfahrung und langjährigen Tätigkeit als Fachanwältin für Versicherungsrecht auf Seiten der Versicherungsnehmer stehe ich Ihnen  bundesweit für eine fachkundige Überprüfung und Durchsetzung Ihrer Leistungsansprüche gern zur Seite.



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