Unzulässige Abschalteinrichtungen: BMW steckt inzwischen auch mitten im Diesel-Abgasskandal

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Der Autokonzern BMW erlebt nun auch zunehmend Niederlagen vor deutschen Gerichten wegen manipulierter Dieselmotoren. Höchstwahrscheinlich sind Zwei- und Dreiliter-Modelle mit Euro 5- und Euro 6-Norm mit illegalen Abschaltvorrichtungen ausgestattet. Verbraucher sollten sich also nicht davor scheuen, rechtliche Schritte gegen den Herstellern wegen Betrugshaftung einzuleiten.

Nach Audi und Mercedes-Benz steht seit längerem auch die deutsche Premiummarke BMW im Verdacht, durch Software-Updates auf die Reduzierung von Stickoxiden bei Dieselmotoren hingewirkt zu haben. BMW hat Abgasmanipulationen bei seinen Fahrzeugen zwar stets zurückgewiesen. Aber das Kraftfahrt-Bundesamt hat bereits den Rückruf für die Modelle BMW 750 3.0 Diesel Euro 6 und BMW M550 (Limousine und Touring) 3.0 Diesel Euro 6 angeordnet, nachdem die Behörde bei den Fahrzeugtypen jeweils unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt hatte. Erhebliche Verdachtsmomente gibt es indes mittlerweile auch für weitere Motorentypen, sowohl mit Euro 5- als auch mit Euro 6-Norm. Daher beschäftigt die Rolle BMW´s im Diesel-Abgasskandal auch immer mehr die deutschen Gerichte.

Schon ein erstes Urteil des Landgerichts Düsseldorf (31.03.2020, AZ: 7 O 67/19) hat die Chancen im BMW-Diesel-Abgasskandal für betroffene Verbraucher verdeutlicht: Das Landgericht hat den Fahrzeughersteller in erster Instanz zur Zurücknahme eines BMW X1 verurteilt und dem Eigentümer rund 21.000 Euro Schadensersatz zugesprochen. Der Kläger hatte das streitgegenständliche Fahrzeug mit der Abgasnorm Euro 5 im Jahr 2017 als Gebrauchtwagen gekauft. Wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen machte er die Rückabwicklung des Kaufvertrages im Wege des großen Schadensersatzes geltend. 

„Das Besondere daran: Erstmals wurde der BMW AG die „vorsätzliche sittenwidrige Schädigung“ nicht nur vorgeworfen, sondern auch nachgewiesen“, kommentiert der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Auch beim Landgericht Duisburg (09.06.2020, AZ: 1 O 334/19) hat BMW nun auch eine weitere deutliche Niederlage erlitten. Streitgegenständlich war ein gebrauchter BMW 116d, den die geschädigte Verbraucherin 2016 als Gebrauchtwagen für etwa 16.500 Euro und einer Laufleistung von 45.500 Kilometern erworben hatte. Sie hatte auf Schadensersatz wegen Betrugshaftung geklagt und erhielt den Kaufpreis zuzüglich deliktischer Entziehungszinsen in Höhe von vier Prozent p.a. als Entschädigung abzüglich von einer Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer. 

Das Gericht geht davon aus, dass in dem Fahrzeug unzulässige Abschaltvorrichtungen eingebaut wurden. BMW konnte diesen Vorwurf auch nicht hinreichend widerlegen. Generell gelte, dass eine Konstruktion, die die Abgasrückführung von der Außentemperatur abhängig mache, unzulässig sei. Dieser Sachverhalt liege bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug vor. „Sehr wichtig für weitere Betrugshaftungsklagen gegen BMW ist die Aussage des Gerichts, dass für den Verstoß nicht geprüft werden müsse, ob die Grenzwerte tatsächlich überschritten würden. Nach dem Wortlaut der Norm des europäischen Parlaments reiche es aus, dass verbotene Abschalteinrichtungen existieren“, betont Dr. Gerrit W. Hartung und zitiert aus dem Urteil des Landgerichts Duisburg: „Vielmehr reicht es aus, dass Maßnahmen der Emissionskontrolle, die unter den Bedingungen des Prüfzyklus aktiv sind, unter anderen Bedingungen, die üblicherweise beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs hierzulande zu erwarten sind, nicht aktiv sind. […] Der Wortlaut der Verordnung stellt denn auch nur auf das Ergebnis, die Verringerung der Emissionskontrolle, ab, ohne danach zu differenzieren, ob diese gezielt herbeigeführt wird oder sich lediglich gleichsam zufällig aus der Konstruktion ergibt.“ Zudem sei nicht jede Verringerung der Emissionskontrolle allein deshalb erlaubt, um den Motor vor Beschädigung zu schützen.

„Das verbraucherfreundliche Urteil des Landgerichts Duisburg kann anderen BMW-Besitzern eindeutig Mut machen. Sie sollten sich nicht davor scheuen, rechtliche Schritte gegen den Hersteller wegen Betrugshaftung einzuleiten und eine weitreichende finanzielle Entschädigung bei der Rückgabe ihrer Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 zu erhalten. Besonders interessant an diesem Urteil ist auch die Tatsache, dass das Landgericht Duisburg keinerlei Wert auf die Zusendung eines offiziellen Rückrufschreibens gelegt hat und auch keinen Gutachter bestellt hat“, betont Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Höchstwahrscheinlich bezieht sich die Manipulation durch thermische Fenster auch auf Euro 6-Fahrzeuge mit zwei und drei Litern Hubraum. Damit sind zahlreiche Fahrzeuge aus so gut wie allen Baureihen betroffen, insbesondere sehr beliebte BMW-Modelle wie 320d Limousine, 320d Touring und 325d Touring oder auch 520d Limousine und 520d Touring.

Foto(s): © Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft


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