Update: Fortbildungskosten und die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln

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Das Landesarbeitsgericht Thüringen bestätigte die Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung, die vorsieht, dass die Kosten der Weiterbildung durch die Arbeitnehmerin zurückerstattet werden müssen, falls das Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme aus Gründen, die die Arbeitnehmerin zu vertreten hat, beendet wird. Die Entscheidung betont die Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln unter der Bedingung, dass die Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zum geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer steht und die Klausel nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führt. Im konkreten Fall wurde eine zweijährige Bindungsdauer bei einer Fortbildungsdauer von ca. 3,6 Monaten als angemessen erachtet. Entscheidend ist außerdem, dass die Rückzahlungspflicht transparent geregelt ist und das Rückzahlungsrisiko für den Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss vorhersehbar ist. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung und Ausgestaltung von Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen, wobei die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen sind und eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vermieden werden muss.

Die Formulierung „aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen“ in einer Rückzahlungsklausel entspricht den Anforderungen der aktuellen Rechtsprechung.

Finanzieren Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern eine Fortbildung, besteht – insbesondere angesichts der oftmals hohen Kosten – das arbeitgeberseitige Interesse an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Um das Risiko einer Beendigung während oder im direkten Anschluss an eine Fortbildung zu minimieren und damit die vom Arbeitgeber investierten Kosten abzusichern, hat dieser die Möglichkeit, in Fortbildungsvereinbarungen sogenannte Rückzahlungsklauseln aufzunehmen. Zu beachten sind dabei die besonderen AGB-Anforderungen der Rechtsprechung an die wirksame Ausgestaltung derartiger Bestimmungen.

In einer aktuellen Entscheidung befasste sich das LAG Thüringen mit der Frage der Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung (Urteil v. 28. Juni 2023 – 1 Sa 163/22). Vorliegend sollten die Fortbildungskosten wegen einer vertragswidrig vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgezahlt werden. Fraglich war insbesondere, ob eine zweijährige Bindungsdauer bei einer Fortbildung von über insgesamt 3,6 Monaten angemessen ist.

Arbeitgeber verlangte Rückzahlung von anteiligen Weiterbildungskosten

Die Parteien schlossen eine Vereinbarung zur Teilnahme der Arbeitnehmerin an einer Weiterbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegehelferin. Für die Weiterbildung war die Arbeitnehmerin insgesamt 110 Tage unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Weiter erhielt sie nach der Weiterbildung ein höheres Gehalt. In der Vereinbarung verpflichtete sich die Arbeitgeberin, die voraussichtlichen Gesamtkosten der Weiterbildung zu tragen. Diese beliefen sich – abzüglich einer Förderungssumme durch die Agentur für Arbeit – auf knapp EUR 5.000.

Die Weiterbildungsvereinbarung sah außerdem eine Rückzahlungsklausel vor, nach der die Fortbildungskosten durch die Arbeitnehmerin zurückzuzahlen sind, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme aus „vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen“ vom Arbeitnehmer, vom Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird. Für jeden vollen Beschäftigungsmonat nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme vermindert sich nach der Klausel der Rückzahlungsbetrag um 1/24. Sieben Monate nach dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung kündigte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum Ablauf des neunten Monats nach Beendigung der Weiterbildung. Daraufhin verlangte die Arbeitgeberin unter anderem die Rückzahlung der Weiterbildungskosten in Höhe von anteilig rund EUR 3.000 (d.h. 15/24 der vom Arbeitgeber übernommenen Kosten).

Hinreichende Differenzierung 

Das LAG Thüringen hielt die Rückzahlungsklausel für wirksam. Die zweijährige Bindungsdauer stehe in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Ausbildung von ca. 3,6 Monaten. Zudem habe die Weiterbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegehelferin der Beklagten aufgrund der erlernten Fachkenntnisse und der gestiegenen Vergütung einen höheren Marktwert beschert.

Unter Verweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BAG, Urteil v. 1.3.2022 – 9 AZR 260/21) betont das LAG Thüringen außerdem, dass die Rückzahlungsklausel hinreichend danach differenziere, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis beendet werde. Die Bestimmung erfasse nur solche Fälle, in denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus einem von der Arbeitnehmerin zu vertretenden Grund erfolge. Der Fall, dass das Arbeitsverhältnis aus einem nicht von der Arbeitnehmerin zu vertretenden Grund beendet werde, werde von vornherein nicht von der Klausel erfasst.

Transparenzgebot

Schließlich genüge die Rückzahlungsklausel auch im Hinblick auf die Höhe der entstandenen Fortbildungskosten den Anforderungen des Transparenzgebots, nach dem das Rückzahlungsrisiko für den Arbeitnehmer bereits bei Vertragsabschluss abschätzbar sein müsse. Es reiche aus, wenn – wie vorliegend – die Art und die Berechnungsgrundlagen der ggf. zu erstattenden Kosten sowie die einzelnen Positionen konkret und abschließend bezeichnet seien.

Durch die Angabe „voraussichtliche Gesamtkosten“ sei klargestellt, dass es sich um eine Prognose der Kosten handle. Durch die angegebenen Berechnungsparameter werde die Beklagte vor einer willkürlichen nachträglichen Veränderung der Kosten hinreichend geschützt.

Das LAG Thüringen bestätigt in seiner Entscheidung die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der Rückzahlungsklauseln in Fortbildungs- bzw. Weiterbildungsvereinbarungen grundsätzlich zulässig sind. Voraussetzung für ihre Wirksamkeit ist aber insbesondere, dass sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten und nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führen.

Nach Ansicht des BAG sind Rückzahlungsklauseln nur wirksam, wenn der Bindungsdauer ein angemessener, geldwerter Ausgleich gegenübersteht, z.B. verbesserte Arbeitsmarktchancen oder eine höhere Vergütung. Des Weiteren müssen diese Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen. Hierbei stellt die Dauer der Fortbildung ein Indiz für den Wert der erworbenen Qualifikation dar. Das BAG hat in einer Vielzahl von Entscheidungen bestimmte Richtwerte aufgestellt, wann grundsätzlich von einem angemessenen Verhältnis zwischen den Vorteilen der Fortbildung und der Bindungsdauer auszugehen ist. Danach soll für Fortbildungen mit einer Dauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung grundsätzlich angemessen sein (BAG, Urteil v. 19. Januar 2011 – 3 AZR 621/08). Unter Anwendung dieser „Faustformel“ stellt das LAG im Ergebnis zu Recht fest, dass die zweijährige Bindungsdauer der streitgegenständlichen Rückzahlungsklausel in einem angemessenen Verhältnis zu der insgesamt ca. 3,6 Monate dauernden Weiterbildung steht.

Auch hinsichtlich der die Rückzahlungspflicht auslösenden Beendigungstatbestände liegt die Entscheidung des LAG auf der Linie der Rechtsprechung des BAG. Danach benachteiligt eine Rückzahlungsklausel, die schlechthin an das Ausscheiden des Arbeitnehmers innerhalb der vorgesehenen Bindungsfrist anknüpft, den Arbeitnehmer unangemessen und ist damit unwirksam. Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch die eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Bereits älteren Entscheidungen des BAG war zu entnehmen, dass die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers keinen Bestand hat, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Verantwortungs- und Risikosphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind. Das BAG verschärfte die Anforderungen weiter und entschied, dass eine Rückzahlungsklausel auch dann unwirksam sein kann, wenn sie zwar eine Erstattungspflicht nur für den Fall der Eigenkündigung vorsieht, der Arbeitnehmer aber ohne sein Verschulden dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. zuletzt BAG, Urteil v. 25. April 2023 – 9 AZR 187/22). Diesen Anforderungen wird die der Entscheidung des LAG Thüringen zugrunde liegende Regelung gerecht, da diese eine Rückzahlungsverpflichtung der Arbeitnehmerin nur vorsah, wenn das Arbeitsverhältnis aus Gründen endet, die die Arbeitnehmerin zu vertreten hat.

Fazit

Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen bleiben ein effektives und praxistaugliches Instrument, um die künftige Betriebstreue von Arbeitnehmern im Anschluss an die Weiterbildung und damit die vom Arbeitgeber investierten Kosten abzusichern. Gleichwohl bedarf die Ausgestaltung solcher Bestimmungen besonderer Sorgfalt. Allgemein gilt, dass entsprechende Regelungen immer unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu formulieren sind, wobei die von der Rechtsprechung in der Vergangenheit für wirksam befundenen Klauseln als Orientierungshilfe herangezogen werden sollten. Für die Praxis empfiehlt es sich, die Rückzahlungspflicht in Fortbildungsvereinbarungen positiv zu regeln, indem die Erstattung der Kosten nur in den abschließend aufgezählten Fällen geleistet werden muss, die allesamt eindeutig der Verantwortungs- und Risikosphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen sind.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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