Urheberrechte bei der Erstellung von Verträgen mit Theatern (Teil 1/2)

  • 6 Minuten Lesezeit

Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen sind die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte, die bei einem Vertrag zwischen Spielstätte und Künstler*innen häufig eine Rolle spielen. Vom Urheberrechtsgesetz werden Urheberrechte (z. B. von Autor*innen, Komponist*innen, Bühnenbildner*innen) und Leistungsschutzrechte (sog. verwandte Schutzrechte; z. B. von werkvermittelnden Personen wie Darsteller*innen, Musiker*innen) umfasst. In den Verträgen zwischen Spielstätte und Künstler*in müssen die Parteien sich über den Umfang der Einräumung dieser Rechte einigen, wie z. B., ob eine Aufführung auch aufgenommen werden kann, ob ein Trailer der Aufführung online gestellt werden darf etc.

I. Grundsätzliches

1. Urheber- und Leistungsschutzrechte

Urheberrechte sind die Rechte der Urheber*innen an einem urheberrechtlich geschützten Werk der Literatur, des Films, der Choreographie, der Musik etc. Es muss sich bei dem Werk um eine persönliche geistige Schöpfung handeln, damit es diesem Schutz unterliegt.

Leistungsschutzrechte sind Rechte von natürlichen und juristischen Personen, die kreative, technisch-wirtschaftliche sowie organisatorische Leistung schützen.

  • Beispielsweise gehören ausübende Künstler*innen zu den Leistungsschutzberechtigten (Schutz der kreativen Leistung). Darunter fallen üblicherweise darstellende Künstler*innen.
  • Wegen der technisch-wirtschaftlichen sowie organisatorischen Leistungen werden z. B. Tonträgerherstellern, Filmherstellern sowie Veranstaltern Leistungsschutzrechte zuerkannt.

Die Rechte von Urheber*innen und Leistungsschutzberechtigten ähneln sich in vielen Fällen. Urheber*innen verfügen jedoch häufig über mehr Rechte als Leistungsschutzberechtigte.

2. Keine Übertragbarkeit von Urheberrechten:

Urheberrechte können nicht auf jemand anderen übertragen werden. Urheber*innen können jedoch Dritten ein Nutzungsrecht an ihrem urheberrechtlich geschützten Werk einräumen.

3. Einräumung von einfachen und ausschließlichen Rechten:

Grundsätzlich ist zwischen der Einräumung einfacher und ausschließlicher Nutzungsrechte zu unterscheiden.

  • Ein einfaches Nutzungsrecht berechtigt denjenigen, dem das Nutzungsrecht eingeräumt wurde, das Werk neben den Urheber*innen oder anderen Berechtigten zu nutzen. Wenn beispielsweise Autor*innen einem Theater ein einfaches Nutzungsrecht zur Aufführung ihrer Stücke einräumen, können die Autor*innen weiterhin eine eigene Aufführung des eigenen Stückes veranstalten oder auch einem weiteren Theater gestatten, das Stück aufzuführen.
  • Ein ausschließliches Nutzungsrecht schließt – sofern nicht explizit etwas anderes vereinbart wurde – hingegen die Nutzung des Stückes sowohl durch den Urheber*in selber als auch durch weitere Personen aus. Wenn Autor*innen einem Theater ein ausschließliches Recht einräumen, dürfen nicht einmal mehr die Autor*innen ohne Rücksprache ihr eigenes Stück im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung vorlesen.

4. Einräumung von zeitlich und räumlich beschränkten Nutzungsrechten:

Nutzungsrechte können beschränkt oder unbeschränkt eingeräumt werden:

  • Zeitliche Beschränkung: Ein Recht wird lediglich für einen bestimmten Zeitraum von x Jahren/Monaten eingeräumt.
  • Räumliche Beschränkung: Ein Recht wird lediglich für einen bestimmten Ort eingeräumt: z. B. nur für den Spielort der vertragsschließenden Spielstätte oder nur für eine Stadt, oder nur für Deutschland, nur für Europa oder beispielsweise weltweit außer China.

Nutzungsrechte können auch in zeitlicher und räumlicher Hinsicht unbeschränkt – also für immer und überall für die Dauer des Urheberrechtsschutzes eingeräumt werden.

5. Einräumung von inhaltlich beschränkten Nutzungsrechten.

Es wird zwischen verschiedenen Nutzungsrechten unterschieden, z. B. dem Aufführungsrecht (u. a. das Recht, ein Werk auf der Bühne aufzuführen), dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (das Recht, ein Werk im Internet zur Abrufung bereitzuhalten), dem Vervielfältigungsrecht (u. a. das Recht, z. B. eine Inszenierung aufzunehmen) oder dem sog. Filmherstellungsrecht (das Recht, z. B. ein Musikstück für einen Film zu benutzen).

Wenn Vertragsparteien vereinbaren, inhaltlich unbeschränkte Nutzungsrechte einzuräumen, ist damit gemeint, dass alle denkbaren Nutzungsrechte eingeräumt werden. Solche Vereinbarungen sind jedoch aufgrund ihrer pauschalen Formulierung häufig unzulässig, was dazu führt, dass im Ergebnis nur die nach dem Zweck des Vertrages erforderlichen Nutzungsrechte eingeräumt werden (vgl. nächster Punkt: Zweckübertragungslehre).

6. Zweckübertragungslehre

Wenn bei der Einräumung von Nutzungsrechten die Nutzungsart nicht einzeln bezeichnet ist, bestimmt sich der Umfang des jeweiligen Nutzungsrechts nach dem Zweck des Vertrages. Wird also ein Vertrag über ein Gastspiel geschlossen, werden damit nicht automatisch die Nutzungsrechte für die Aufzeichnung des Gastspiels eingeräumt. Beabsichtigt eine Spielstätte, das Gastspiel aufzuzeichnen und beispielsweise Ausschnitte hiervon zu Dokumentationszwecken auf die eigene Internetseite zu stellen, ist hierfür eine ausdrückliche Einräumung dieser Rechte erforderlich.

II. Vertragsklauseln

1. Erforderliche Rechteeinräumung für die Aufführung

Im Rahmen einer Aufführung können unterschiedliche vom Urheberrechtsgesetz geschützte Rechte betroffen sein; z. B. hinsichtlich der verwendeten Musik, dem verwendeten Text, der Choreographie, der Wiedergabe von Bild- und Tonträgern etc.

Zu beachten ist dabei, dass nicht nur die vertragsbeteiligten Künstler*innen Rechteinhaber*innen sind, sondern auch nicht am Vertragsschluss zwischen Spielstätte und Künstler*in beteiligte Dritte. Wie beispielsweise bei einem Gastspiel einer Theatergruppe die Autor*in oder die Komponist*in, deren Arbeiten in die Inszenierung eingeflossen sind oder z. B. die Fotograf*in, deren Fotos an die Presseabteilung der Spielstätte weitergereicht werden.

Die nachfolgenden Musterklauseln regeln sowohl die Einräumung der Rechte der vertragsschließenden Künstler*in als auch die Einräumung der Rechte Dritter durch die Künstler*in. Es muss natürlich entsprechende Verträge zwischen den Dritten und der Künstler*in geben, die diese zur Einräumung der Nutzung befugen.

Wenn eine Gruppe im Rahmen der Aufführung eine Musikaufnahme abspielt, sind die Nutzungsrechte vieler unterschiedlicher Rechteinhaber*innen betroffen. Die Rechte des Tonträgerherstellers für die Tonaufnahme (Leistungsschutzrechte), die Rechte des Urhebers für die Komposition (Urheberrechte), die Rechte der Musiker für ihre musikalische Leistung (Leistungsschutzrechte) etc. Häufig werden diese Rechte nicht direkt von den Urheber*innen und Leistungsschutzberechtigten, sondern von den entsprechenden Verwertungsgesellschaften wahrgenommen. Die GEMA nimmt die Lizensierung von Urheberwerken sowie musikalischen Darbietungen wahr. Die GVL nimmt die Rechte der Leistungsschutzberechtigten Künstler*innen sowie auch der Tonträgerhersteller wahr.

Achtung:

Bei musikalischen Tonaufnahmen, die im Rahmen einer Aufführung abgespielt werden, lizenziert die GEMA auch die Rechte der Leistungsschutzberechtigten, sofern diese bei der GVL (Gesellschaft für Leistungsschutzberechtigte) sind. Anderenfalls sind die Rechte bei den Leistungsschutzberechtigten einzuholen. In einigen Fällen kann es demnach dazu kommen, dass die Urheberrechte bei der GEMA zu lizensieren sind und die Leistungsschutzrechte bei den Leistungsschutzberechtigten, z. B. dem Plattenlabel, eingeholt werden müssen.

Formulierungsbeispiel:

„Die/der Künstler*in räumt der Spielstätte die für die mit diesem Vertrag vereinbarte öffentliche Darbietung in der Spielstätte erforderlichen einfachen Nutzungsrechte ein. Die Einräumung der Rechte ist auf die mit diesem Vertrag vereinbarten Ort und Zeit beschränkt. 

Die Rechtseinräumung umfasst auch die Rechte Dritter, sofern diese von der mit diesem Vertrag vereinbarten öffentlichen Darbietung betroffen sind und sofern in diesem Vertrag nichts anderes geregelt wird. Die/der Künstler*in garantiert, dass die vertragsgegenständlichen Nutzungsrechte frei übertragbar sind, und dass, sofern die/der Künstler*in nicht selbst Urheber*in oder Leistungsschutzberechtigte dieser Rechte ist, die Urheber*innen bzw. Leistungsschutzberechtigte der Einräumung dieser Nutzungsrechte zugestimmt haben.

Für die Einholung der Nutzungsrechte für Urheberwerke und musikalische Darbietungen (Musik sowie auch Sounddesign etc.), die bei der GEMA lizensiert werden können, ist die Spielstätte verantwortlich. Die/der Künstler*in verpflichtet sich, der Spielstätte bis zu fünf Tage vor der Aufführung eine vollständige Aufstellung aller Musikwerke zu übergeben, die ihm Rahmen der oben näher bezeichneten Aufführung dargeboten werden (GEMA-Liste). Für die Einholung der Nutzungsrechte für Urheberwerke, musikalische Darbietungen und Leistungsschutzrechte, die nicht von der GEMA lizensiert werden, ist die/der Künstler*in verantwortlich.“

Tipp:

Die Spielstätten können mit der GEMA vereinbaren, dass die Nutzung der Musik vor der tatsächlichen Aufführung bei der GEMA angezeigt wird und die vollständige Liste der in der Aufführung aufgeführten Werke nach der Premiere nachgereicht wird.

Sollten die Parteien vereinbaren, dass die Spielstätte für die Einholung der Nutzungsrechte beispielsweise für das Stück, einen Film, Tonaufnahmen oder Musikwerke (deren Nutzungsrechte nicht von der GEMA lizensiert werden) verantwortlich ist, ist dies gesondert zu vereinbaren.

„Für die Einholung der Nutzungsrechte für das Stück/für die Musik/für den Film […] ist die Spielstätte verantwortlich.“



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Sonja Laaser

Beiträge zum Thema