Urteil des BGH vom 06.10.2021 zu dem Musterfeststellungsverfahren zu den Prämiensparverträgen

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Zur aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofe vom 06.10.2021, Aktenzeichen XI ZR 234/20 zu den Prämiensparveträgen:

In der Hochzinsphase der 1990er und 2000er Jahre vertrieben die Raiffeisenbanken und Sparkassen gerne sogenannte Prämiensparverträge unter Bezeichnungen wie Scala S, Vorsorgeplan VR Zukunft, Vermögensplan, Bonusplan, Vorsorgesparen oder Prämiensparen flexibel. 

Einige der am häufigsten verwendeten Zinsanpassungsklauseln wurde vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.04.2010 - XI ZR 197/09 für unwirksam erachtet. 

Die in den Verträgen entstandene Lücke ist grundsätzlich durch Anwendung eines vergleichbaren Referenzzinses zu schließen. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Entscheidungen vom 13.10.2010 ( XI ZR 197/09 ) und 31.12.2010 ( XI ZR 52/08 ) festgehalten, dass der für die Verzinsung anzuwendende Referenzzins für die Sparverträge grundsätzlich an Zinsen vergleichbarer langfristiger Spareinlagen zu orientieren ist ( BGH, Urteil vom 13.04.2010 – XI ZR 197/09 a.a.O, juris Rdnr. 22 ).

Die Ansprüche auf Nachzahlung der zu Unrecht nicht gezahlten Zinsen beginnen erst mit Fälligkeit des Anspruche auf Auszahlung des Hauptkapitals, also meist 3 Monate nach Kündigung des Sparvertrages. 

Die Vertragszinsen werden zunächst jeweils nur rechnerisch ermittelt und dem Konto zugeschlagen und wiederum neu verzinst. Bis zur Kündigung des Vertrages ist sind die Forderung auf Zahlung der Zinsen nicht klagbar. Damit verjähren die Ansprüche auf Auszahlung des Zinsguthabens erst mit der Hauptforderung zu dem Kontoguthaben.

Man braucht sich nicht auf bescheidene Vergleichsangebote der Sparkassen und Raiffeisenbanken einlassen, da der Bundesgerichtshof die wesentlichen Fragen in der Entscheidung vom 06.10.2021 - XI ZR 234/20. als Ergebnis der Musterfeststellungsklagen des Verbraucherzentrale Sachsen e.V. gegen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig, Anstalt des öffentlichen Rechts (Musterfeststellungsklage Aktenzeichen 5 MK 1/19 ) geklärt hat. Insbesondere entschied der Bundesgerichtshof die Frage der Verjährung und der Anwendung des relativen Zinsabstandes zu Gunsten der Anleger. 

Dies Entscheidung betrifft einen Sparvertrag S-Prämiensparen flexibel. Allerdings sind die Verträge der Sparkasse zu den Sparverträgen alle gleichartig formuliert, so dass die Entscheidung im Regelfall auch auf allen anderen Sparverträge anwendbar ist. 

Daher bestehen nach den Erfahrungen des Unterzeichners regelmäßig Nachzahlungsansprüche von mehreren hundert Euro bis zu 10.000 €,

Sofern man den gleichen Vertrag mit der Stadt – und Kreissparkasse Leipzig hatte, hemmte die Teilnahme am Musterfeststellungsverfahren die Verjährung. 

Wird ein solcher Sparvertrag beispielsweise am 20.11.2017 mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten gekündigt, ist die Forderung wegen der Zinsen erst am 21.02.2018 klagbar und es beginnt die Verjährung von 3 Jahren erst am 31.12.2018 und läuft erst am 31.12.2021 ab. Dies verschiebt sich im Falle der Teilnahme am Musterfeststellungsverfahren auf einen entsprechend späteren Zeitpunkt.



Lengnick

Rechtsanwalt


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