Urteil des BGH zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters nach Rückgabe der Mietsache

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Mietshaus

Ziehen Mieter aus der gemieteten Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses - egal ob durch Kündigung des Mieters selbst oder des Vermieters zum Beispiel wegen Eigenbedarfs - aus, ist der Mieter verpflichtet, die Mietsache an den Vermieter ordnungsgemäß zurückzugeben. Manchmal stellt sich dann für den Vermieter nach der Rückgabe der Mietsache heraus, dass sich die Mietsache zwischenzeitlich verschlechtert hat. Ein Schaden kann sich aber auch bereits während der Mietdauer zeigen. Ist diese Verschlechterung auf ein Verschulden des Mieters zurückzuführen, kommen Schadensersatzansprüche gegen den Mieter in Betracht. Stellt sich der Schaden erst lange Zeit nach Rückgabe des Mietobjekts heraus, stellt sich regelmäßig die Frage, ob ein Schadensersatzanspruch bereits verjährt sein könnte. Der Bundesgerichtshof hat zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters am 31. August 2022 ein wichtiges Urteil gefällt (Az. VIII ZR 132/20). Worum es in dem Fall ging und was der BGH entschieden hat, erfahren Sie in diesem Rechtstipp.

Darum ging es in dem Fall vor dem BGH

Geklagte hatten zwei Wohnungseigentümer und Vermieter gegen ihre beiden früheren Mieter. Streitursächlich war eine Badrenovierung, die die Mieter bereits in den 80er Jahren vorgenommen hatten. In der Mietsache waren im Bad mit Holzdielen ohne eine Fußbodenentwässerung verlegt. Die Mieter verlegten einen Fliesenfußboden und Bodenabfluss, vergaßen dabei aber die erforderliche Dichtung unterhalb der Fliesen. Mehr als 30 Jahre später zeigte sich in der Wohnung unterhalb der streitgegenständlichen Mietwohnung ein erheblicher Wasserschaden, bei dem schwallartig Wasser durch die Decke drückte.

Daraufhin erstellte Sachverständigengutachten kamen zu dem eindeutigen Ergebnis, dass mehrere Deckenbalken durch über Jahre eingedrungene Feuchtigkeit stark beschädigt worden waren. Ursächlich war der unzureichend abgedichtete Fliesenfußboden. Noch während des bestehenden Mietverhältnisses nahmen die Vermieter die Mieter wegen des massiven Schadens an ihrem Eigentum auf Schadensersatz in Höhe von mehreren zehntausend Euro in Anspruch. Der Fall ging schließlich bis vor den Bundesgerichtshof, da besonders um die Frage der Anspruchsverjährung gestritten wurde, denn die Pflichtverletzung der Mieter, die den Schaden verursacht hatte - nämlich der Einbau der unzureichend abgedichteten Fliesenfußboden im Badezimmer - habe sich bereits über 30 Jahre vor der Erhebung der Schadensersatzklage ereignet. Die Mieter vertraten die Ansicht, dass damit ein Schadensersatzanspruch verjährt sei.

BGH: Keine Höchstfrist von 30 Jahren für Schadensersatzansprüche des Vermieters 

Der Bundesgerichtshof entschied die Verjährungsfrage am Ende zugunsten der Vermieter und stellte in seinem Urteil vom 31.08.2022 (Az. VIII ZR 132/20) klar, dass die gesetzliche Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren hier nicht gelte. Der BGH stellte auf die Sonderregelung in § 548 Abs. 1 BGB ab, die besagt:

"Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche."

Diese Regelung geht der allgemeinen Regelung zur Höchstverjährungsfrist von 30 Jahren immer vor, so der BGH. Das heißt im Klartext: Eine Verjährung von Ansprüchen vor Rückgabe der Mietsache an den Vermieter kann gar nicht eintreten. Das gilt demzufolge auch, wenn die schadensursächliche Pflichtverletzung des Mieters bereits mehr als 30 Jahre zurückliegt bzw. sich der Schaden erst nach Ablauf von 30 Jahren zeigt. Wurde die Mietsache noch gar nicht an den Vermieter zurückgegeben - so war es auch hier -, dann fängt überhaupt keine Verjährungsfrist an zu laufen.

Was die Entscheidung für Mieter und Vermieter bedeutet

Vermieter können unbesorgt sein, solange das Mietverhältnis noch besteht und das Mietobjekt nicht vom Mieter zurückgegeben wurde. Der Bundesgerichtshof hat hier die Rechte der Vermieter ganz klar gestärkt, indem er in seiner Entscheidung vom 31. August 2022 (Az. VIII ZR 132/20) erläutert hat, dass der Vermieter zunächst in die Lage versetzt werden muss, "sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft über die Mietsache ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen zu machen". Bevor der Vermieter dazu keine Gelegenheit hatte, kann eine Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnen. An die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB nach Zurückerhalt der Mietsache, die lediglich sechs Monate beträgt, sollten Vermieter aber immer denken. Stellen sie erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache fest, dürften darauf gerichtete Schadensersatzansprüche in aller Regel verjährt sein.

Mieter wiederum müssen während der Mietdauer stets damit rechnen, dass sie unverjährten Schadensersatzansprüchen seitens des Vermieters ausgesetzt sein können. Maßgeblich dürfte meist die Frage des Verschuldens sein. Mieter haften für Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache natürlich nur, wenn sie diese schuldhaft verursacht haben. Ist der Mieter ausgezogen und hat die Mietsache an den Vermieter zurückgegeben, tickt die Uhr. Sind seit dem Zeitpunkt, in dem der die Mietsache zurückerhalten hat, mehr als sechs Monate vergangen, und macht der Vermieter dann Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend, sind etwaige Schadensersatzansprüche meist verjährt. Betroffene Mieter können sich dann meist auf Verjährung berufen.

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Foto(s): WERNER Rechtsanwälte, Konstanz


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