Urteile zur Mietpreisbremse, Eigenbedarf und Mieterhöhung

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Das Mietrecht ist eines der streitanfälligsten Rechtsgebiete – besonders wenn es um Mieterhöhungen, Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder die Mietpreisbremse geht. Drei aktuelle Urteile aus dem Jahr 2023 und 2024 zeigen:

Vermieter müssen die Vormiete angeben – aber nicht prüfen!
Mieter können bei fehlendem Ersatzwohnraum trotz Kündigung in der Wohnung bleiben!
Mieterhöhungen dürfen nicht durch ein teures Beweisverfahren vorbereitet werden!

Was bedeutet das für Mieter und Vermieter?


1. Mietpreisbremse: Welche Auskunftspflicht haben Vermieter?

Die Mietpreisbremse regelt, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete bei Neuvermietungen nicht mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Es gibt aber Ausnahmen – zum Beispiel, wenn der Vormieter bereits eine höhere Miete gezahlt hat (§ 556e Abs. 1 BGB).

1.1. Was muss der Vermieter vor Vertragsabschluss mitteilen?

Nach § 556g Abs. 1a BGB muss der Vermieter dem neuen Mieter die Vormiete mitteilen, wenn er sich auf eine Ausnahme von der Mietpreisbremse beruft.

Der BGH (Urteil vom 29.11.2023 – VIII ZR 75/23) entschied:
✅ Es reicht, wenn der Vermieter nur die mit dem Vormieter vereinbarte Miete nennt.
Er muss nicht prüfen, ob diese Miete nach der Mietpreisbremse überhaupt zulässig war.

Folge für Mieter: Wer eine zu hohe Miete zahlt, kann sich nicht darauf berufen, dass der Vermieter die Vormiete falsch berechnet hat – er muss selbst prüfen, ob die Mietpreisbremse greift!

Folge für Vermieter: Vermieter sind nicht verpflichtet, ihre eigene Miete zu überprüfen – aber sie müssen die Zahl der Vormiete korrekt angeben.

Praxistipp für Mieter: Vor Unterzeichnung des Mietvertrags unbedingt die ortsübliche Vergleichsmiete checkenund beim Vermieter nachhaken, falls Zweifel bestehen!


2. Eigenbedarfskündigung: Was, wenn es keine Alternative gibt?

Viele Mieter fürchten eine Eigenbedarfskündigung, weil sie oft nur schwer eine neue Wohnung finden. Doch was passiert, wenn der Wohnungsmarkt komplett überlastet ist?

Das Landgericht Berlin (Urteil vom 25.01.2024 – 67 S 264/22) entschied:
Wenn es für Mieter keinen zumutbaren Ersatzwohnraum gibt, kann das Gericht die Fortsetzung des Mietverhältnisses anordnen.
✅ Gleichzeitig kann das Gericht aber auch eine Mieterhöhung auf das marktübliche Niveau zulassen.

2.1. Was bedeutet das für Mieter?

  • Wer nachweisen kann, dass kein Ersatzwohnraum verfügbar ist, kann eine Verlängerung des Mietverhältnisses erzwingen.
  • Allerdings könnte sich die Miete dadurch erhöhen – ein Gericht kann anordnen, dass die Nettokaltmiete auf das ortsübliche Niveau angehoben wird.

2.2. Was bedeutet das für Vermieter?

  • Eine Eigenbedarfskündigung kann blockiert werden, wenn der Mieter keine Alternative hat.
  • Tipp: Vor einer Kündigung wegen Eigenbedarfs sollte geprüft werden, ob es realistische Wohnalternativen für den Mieter gibt.

Praxistipp für Mieter: Bei Eigenbedarfskündigung sofort Ersatzwohnraum suchen – wenn es nichts gibt, kann das Gericht das Mietverhältnis verlängern.

Praxistipp für Vermieter: Wenn Mieter sich auf fehlenden Ersatzwohnraum berufen, kann als Kompromiss eine Mieterhöhung durchgesetzt werden.


3. Mieterhöhung: Gericht muss nicht die Vergleichsmiete ermitteln

Eine Mieterhöhung muss sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren. Doch wer ist dafür zuständig, diese Miete zu bestimmen?

Das Amtsgericht Hamburg (Urteil vom 16.01.2024 – 49 H 3/23) entschied:
Vermieter dürfen nicht vor einer Mieterhöhung ein gerichtliches Beweisverfahren zur Feststellung der Vergleichsmiete beantragen.
Die Mieterseite darf nicht mit den Kosten für ein solches Beweisverfahren belastet werden.

3.1. Was bedeutet das für Vermieter?

  • Vermieter müssen die ortsübliche Vergleichsmiete selbst ermitteln (z. B. über Mietspiegel, Gutachten oder Vergleichswohnungen).
  • Sie dürfen nicht vorab ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung der Vergleichsmiete anstrengen, um ihre Mieterhöhung abzusichern.

3.2. Was bedeutet das für Mieter?

  • Mieter müssen nicht die Kosten für Sachverständige oder gerichtliche Verfahren tragen, wenn sie eine Mieterhöhung anfechten.
  • Tipp: Immer prüfen, ob die geforderte Mieterhöhung wirklich angemessen ist!

Praxistipp für Vermieter: Mietspiegel nutzen oder Vergleichswohnungen benennen, aber kein Beweisverfahren auf Kosten des Mieters einleiten.

Praxistipp für Mieter:Mieterhöhungen kritisch prüfen – wenn der Vermieter keine Vergleichsmieten nennt, kann sie unzulässig sein.


Fazit: Neue Urteile stärken Mieter und Vermieter gleichermaßen

Die aktuellen Entscheidungen zum Mietrecht bringen mehr Klarheit für Mieter und Vermieter:

Vermieter müssen die Vormiete mitteilen – aber nicht deren Zulässigkeit prüfen.
Mieter können trotz Eigenbedarfskündigung bleiben, wenn es keinen Ersatzwohnraum gibt – aber oft mit Mieterhöhung.
Mieterhöhungen dürfen nicht durch teure Beweisverfahren vorbereitet werden.

Für Mieter: Genau prüfen, ob die Mietpreisbremse greift und ob Mieterhöhungen gerechtfertigt sind.
Für Vermieter: Bei Eigenbedarfskündigungen den Wohnungsmarkt berücksichtigen und Mieterhöhungen rechtlich sauber begründen.

Foto(s): ©Adobe Stock/fizkes

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